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Kostenlos, aber nicht verfügbar: Wo sind die Impfstoffe hin?

22.11.2025 • 12:12 Uhr
Kostenlos, aber nicht verfügbar: Wo sind die Impfstoffe hin?
Die Nachfrage nach bestimmten Impfstoffen ist derzeit deutlich höher als das verfügbare Kontingent. hartinger

Vor den Impfstellen bilden sich Schlangen, Arztpraxen müssen Menschen wegschicken. Ein Blick hinter die Kulissen einer Versorgung am Limit.

Stellen Sie sich vor, ihr Wecker klingelt um kurz vor zwölf in der Nacht. Noch halb im Schlaf schalten Sie ihren Computer ein. Während der PC langsam startet schauen Sie immer wieder auf ihre Armbanduhr. Es ist 11.57 Uhr, in drei Minuten geht es los. Dann sollte das Programm offen sein und Sie können ihre Bestellungen tätigen. Die Finger sind gekreuzt aber Sie wollen sich nicht zu viel Hoffnung machen, denn vielleicht ist schon gar nichts mehr vorhanden, bis die den Kauf tätigen können.

Schlacht um den Impfstoff

In diesem Szenario geht es nicht um irgendein Riesenfan der irgendwelche Konzertkarten in der ersten Reihe sich sichern will. Es geht um eine Person aus Österreich im medizinischen Bereich die Impfchargen bestellen möchte. Solche Situationen, beziehungsweise zumindest so ähnliche waren leider die Realität in letzten paar Monaten hier im Land. „Wir haben von Kollegen mitbekommen, die um zwölf in der Nacht aufgestanden sind, um sich Impfchargen zu bestellen.“, erzählt Reyhan-Tschiderer, Impfreferentin Vorarlbergs. Sie besetzt diese Stelle gerade nicht einmal seit einem halben Jahr und musste sich bereits sehr intensiv mit der Knappheit gewisser Impfchargen beschäftigen. Derzeit gelten die Impfungen gegen Influenza, Pneumokokken und Gürtelrose entweder als vollständig ausverkauft oder beziehungsweise können sie erste wieder in paar Wochen wieder geliefert werden. Dabei stellt sich die Frage, wie es zu solch einem plötzlichen Mangel kommen kannte, schließlich existieren diese Immunisierungen nicht gerade erst seit gestern.

Die Ursprünge des Problem schienen sich bereits seit Sommer dieses Jahre anzubahnen. Damals wurde in einer sogenannten Bundes-Zielsteuerungskommission, bestehend aus Bund, Ländern und Sozialversicherung in einer Sitzung beschlossen, dass Impfungen gegen Gürtelrose und Pneumokokken ab November für alle Personen über 60 und sonstigen gesundheitlich Gefährdeten gratis sein soll. Eine Entscheidung, die gerade einmal Jahr nachdem die Grippeimpfung für kostenlos erklärt wurde, getroffen wurde.

Finanzielle Entlastung

Die nun kostenlose Verfügbarkeit dieser Impfungen stellt an sich eine große finanzielle Erleichterung für einige Patienten dar. Schließlich lagen die Kosen für die Grippeimpfung bisher bei ungefähr 30 Euro, während der Impfstoff „Shingrix“ gegen Gürtelrosen gerne einmal gesamt 500 bis 600 Euro für die Zweifachimpfung kosten konnte.
Eine groß angelegte Marketingkampagne wurde mit Flyern und Plakaten über die neuen Gratisimpfungen und ihrem gesundheitlichen Potenzial geworben. Ärzte wurde dazu angehalten, ihre Patienten über die neuen Angebote aufklären. Innerhalb ein paar Monaten erreichte die Kampagne unzählige Menschen. Menschen die sich daraufhin impfen lassen wollten und Termine bei Ärzten und Impfzentren ausmachten.
Das medizinische Fachpersonal bestellt die Impfstoffe über den „e-Impfshop“, welcher auf Bundesebene verwaltet wird. Ein Onlineportal, welches laut der Vorarlberger Ärztekammer äußerst „mühsam“ zu bedienen ist. Damit geht es zurück an den Anfang dieses Artikels, also zur Erzählung über das medizinische Fachpersonal, welches mitten in der Nacht aufsteht, um Impfungen zu bestellen.

Der Ansturm

Als im Herbst aufgrund des neuen kostenlosem Angebot und der Bewerbung dessen die Nachfrage nach den Impfstoffen anstieg, brach eine Kaufschlacht um Impfungen im Gesundheitswesen aus, von welchen derzeit kaum noch etwas vorhanden ist„Derzeit ist es keine Seltenheit, dass ein Arzt mehrere Patienten am Tag wegschicken muss, weil er keine Impfung für sie hat. Es wurden Impfungen versprochen, die wir nun nicht einhalten können. Bis wann hierfür Nachschub kommt ist es auch unsicher.“ erzählt Reyhan Tschiderer.

Impfordination

Der enorme Ansturm sei laut einem Leserbrief an die NEUE, darin ist zu lesen: „In der Impfstation des Landes, die in Dornbirn in der Lusternauerstraße 66 eingerichtet ist, herrscht vollkommenes Chaos. 60 Leute haben mit mir gewartet, Wartezeit trotz Termin bis zu drei Stunden, alte und gebrechliche Leute konnten sich nicht niedersetzen. Zudem gibt es in der Umgebung keinen einzigen Parkplatz…“
Auf diese Worte hin, verschaffte sich die NEUE am Donnerstag selbst ein Bild zur Situation. Und tatsächlich, staute sich dort die Schlange bis vor die Tür der Station. Doch der Eindruck täuscht, keiner der Patienten schien an diesem Tag länger als 20 Minuten warten. Die Station an sich ist räumlich begrenzt und bietet kaum Sitzmöglichkeiten. Trotzdem wurden beim Augenschein einige gebrechlichere Personen vorgezogen während sich die allgemeine Wartezeit meist um ungefähr zehn Minuten betrug.Die Stimmung schien positiv zu sein. Wer sich derzeit im Moment auf die mangelnden Impfstoffe wie Influenza, Pneumokokken oder Gürtelrose impfen lassen möchte und keine Möglichkeit bei seinem Hausarzt hat, findet noch Termine für Anfang Dezember auf der Anmeldeplattform der Impfordination.

Kostenlos, aber nicht verfügbar: Wo sind die Impfstoffe hin?
Die Schlange täuscht. Die Wartezeit in der Impfordination betrug maximal 20 Minuten vergangen Donnerstag. Schäfer

Bei den niedergelassenen Ärzte ist es noch unsicher wann welcher Impfstoff wann wieder verfügbar sein wird. Für Reyhan-Tschiderer ist klar, dass der Bedarf an Impfungen für nächstes Jahr besser kalkuliert werden muss.