Stiftung Maria Ebene und Chefärzte kontern nach schweren Vorwürfen: “Es geht hier nur um persönliche Interessen”

Die Stiftung Maria Ebene, Trägerin des Krankenhauses Maria Ebene, der Therapiestation Carina, der Beratungsstellen Clean sowie der Präventionseinrichtung Supro, kommt seit Jahren nicht zur Ruhe. Nach der Ära Haller, die mehr als drei Jahrzehnte andauerte, endeten die Primariate von Michael Willis und Philipp Kloimstein nach relativ kurzer Zeit im Streit und vor Gericht. Dazu kamen Abgänge verdienter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie viel Kritik an der Schließung der Therapiestation Lukasfeld.
Seit ein paar Wochen beschäftigt die Einrichtung die nächste Auseinandersetzung. Wie berichtet wurde der therapeutische Leiter der Therapiestation Carina gekündigt. Nach Darstellung der Stiftung erfolgte die Kündigung wegen einer Beziehung zu seiner Stellvertreterin, die mittlerweile suspendiert wurde. Er selbst behauptet jedoch, man habe sich von ihm getrennt, weil er wiederholt auf Missstände hingewiesen habe – unter anderem auf unzureichende Entgiftung der Patientinnen und Patienten, räumliche Probleme und organisatorische Versäumnisse.

Hartinger
Schwerwiegende Vorwürfe
Nach der Kündigung sprangen mehrere Mitarbeitende für ihn in die Bresche. Sechs traten mit ihrem Namen auf, weitere wollten offenbar „aus Angst vor Konsequenzen durch den Vorstand“ anonym bleiben. Ihr Schreiben ging unter anderem an die Gesundheitsministerin, an die Spitzen der Landespolitik und an Behörden. Darin werden schwerwiegende Vorwürfe erhoben: Patientinnen und Patienten würden mit Medikamenten ruhig gestellt, Abläufe hätten sich verändert, und das über Jahre entwickelte Therapiekonzept könne unter den aktuellen Bedingungen „nicht mehr funktionieren“. Die Stiftung und die ärztliche Leitung weisen diese Darstellungen vehement zurück. Im Gespräch mit der NEUE am Sonntag nehmen sie nun erstmals direkt und ausführlich Stellung zu den Vorwürfen.
„Kurze, krisenhafte Zuspitzung“
An der medikamentösen Praxis habe sich „im Verlauf der letzten Jahre nichts verändert“, sagt Hubert Schneider, interimistischer stellvertretender Chefarzt des Suchtkrankenhauses Maria Ebene und ärztlicher Leiter der Therapiestation Carina. Es habe lediglich eine „kurze, krisenhafte Zuspitzung“ gegeben, weil es im Krankenhaus Maria Ebene eine Überbuchung gegeben habe und die Carina Betten frei hatte. Die Medikation diene der Stabilisierung bei Entzugssymptomen, Angstzuständen, Depressionen oder traumatischen Überflutungen. Müdigkeit könne auftreten, sei aber „nicht der gewünschte Effekt“. Ziel sei es, die Patientinnen und Patienten „psychotherapiefähig“ zu machen.

Auch den Einwand, es würden Personen in der Carina aufgenommen, deren körperlicher Entzug noch nicht abgeschlossen sei, weist er zurück. Wenn jemand „noch zwei Beruhigungstabletten absetzen“ müsse, sei das „in wenigen Tagen erledigt“ und habe „keine klinische Relevanz“. Schneider war früher leitender Oberarzt am LKH Rankweil und kümmerte sich als Gefängnispsychiater jahrzehntelang um jene, die aus allen Bezugssystemen herausgefallen sind. Der Facharzt ist mittlerweile 73 Jahre alt und hat – wie der interimistische Chefarzt des Krankenhauses Maria Ebene, Stefan Koppi (71) – das Beschäftigungsverhältnis trotz Pensionsalters erhöht, weil Psychiater Mangelware sind. „Im Entzug kommen oft Erkrankungen zum Vorschein, die zuvor durch Suchtmittel überdeckt waren“, ergänzt Koppi. Viele Patientinnen und Patienten hätten Schmerzzustände, starke Ängste, Psychosen oder ausgeprägte emotionale Instabilität. In solchen Situationen brauche es vorübergehend medikamentöse Unterstützung, erklärt der frühere Primararzt der Neurologie am LKH Rankweil.
Zur Frage, wie sich die Schließung der Therapiestation Lukasfeld auf die Arbeit in der Carina ausgewirkt habe, sagt Schneider: „Seit der Integration sind vier Betten hinzugekommen, und es ist natürlich etwas enger im Haus. Das hat manchmal Auswirkungen auf die Dynamik unter den Patientinnen und Patienten“.

Therapiekonzept
In besagtem Schreiben heißt es außerdem, das existenzanalytische Therapiekonzept könne unter den aktuellen Bedingungen nicht mehr umgesetzt werden. Die suspendierte stellvertretende therapeutische Leiterin kritisiert in diesem Zusammenhang unter anderem auch, dass der neue therapeutische Leiter ein Verhaltenstherapeut sei. Die Vorstandvorsitzende der Stiftung, Greti Schmid, sagt nun, das im Schreiben erwähnte Konzept sei nie genehmigt worden. Es handle sich sozusagen um ein Privatkonzept. Koppi und Schneider halten ihrerseits fest, Psychotherapie sei heute methodenübergreifend und eine einzige Richtung „nicht allseligmachend”.
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Von Schreiben distanziert
Wie sich jetzt zeigt, tragen offenbar nicht alle Mitarbeitenden, die das Schreiben unterzeichnet haben, die darin erhobenen Vorwürfe mit. Die Stiftung legte im Gespräch mehrere Mails von Beschäftigten der Carina vor, in denen sie sich ausdrücklich von den Formulierungen distanzieren. Manfred Brunner, seit Februar 2024 Präsident der Stiftung, spricht von insgesamt 18 Rückmeldungen, schriftlich wie mündlich. Mehrere Unterzeichnerinnen und Unterzeichner hätten nach seinen Angaben „nicht einmal den Wortlaut des Schreibens gekannt“.
Vorstandsvorsitzende Greti Schmid ordnet das Schreiben als Teil einer eskalierenden Konfliktlage ein, die sich aus der Paarbeziehung zwischen dem ehemaligen therapeutischen Leiter und seiner Stellvertreterin ergeben habe. Schon zuvor habe man „immer wieder versucht zu reden“, die Konstellation sei aber „aus medizinischer Sicht ein No-Go“ gewesen. Letzteres wird durch die Ärzte Koppi und Schneider bestätigt.

Persönliche Interessen und Misskredit
Schmid geht davon aus, „dass einzelne Unterzeichnerinnen und Unterzeichner vereinnahmt“ worden seien. Manfred Brunner findet diesbezüglich deutliche Worte. „Dem früheren Stellenleiter und seiner Stellvertreterin geht es nur um ihre persönlichen Interessen. Es ist ihnen egal, wenn dabei die ganze Institution und auch die Mitarbeitenden in Misskredit gebracht werden.“ Die Auseinandersetzung um die Paarbeziehung habe das Haus über mehr als ein Jahr beschäftigt, sagt Brunner. Es habe mehrere Gespräche und verschiedene Vorschläge gegeben, wie man die Situation entschärfen könnte, doch „beide waren zu keiner Zeit konsensbereit“. Man habe über Monate versucht, eine Lösung zu finden: „Wir haben eine Versetzung angeboten, ohne Einkommensverlust. Alles wurde abgelehnt“, berichtet Schmid. Stattdessen sei die Situation weiter eskaliert, auch in Form „emotionaler Mails“, in denen Vorwürfe erhoben worden seien, die weit über das ursprüngliche Problem hinausgingen – bis hin zur Behauptung, Mitarbeitende seien gehaltlich falsch eingestuft. Allerdings, sagt Brunner, existiere die im Schreiben erwähnte Berufsgruppe der Soziotherapeuten im Kollektivvertrag nicht. „Also können wir sie auch nicht falsch einstufen.“

Spitalsreform
Jenseits der aktuellen Vorwürfe bleibt die Frage, wie sich die Maria Ebene strukturell weiterentwickelt – Stichwort Spitalsreform. Brunner erklärt, man führe einen extern begleiteten Dialog mit dem Land, in dem zunächst alle Abläufe und Schnittstellen gemeinsam geprüft würden. Erst danach sollen Entscheidungen fallen. Entgegen anders lautenden Medienberichten sei eine Verlagerung von rund 40 Betten nach Rankweil nicht vorgesehen, denkbar seien lediglich Anpassungen an einzelnen Schnittstellen, etwa im Akutbereich