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„Weihnachten ist das Fest der Hoffnung“ – Bischof Elbs über Advent, Frieden und Verantwortung

29.11.2025 • 17:00 Uhr
„Weihnachten ist das Fest der Hoffnung“ – Bischof Elbs über Advent, Frieden und Verantwortung
Heute wird die erste Kerze am Adventkranz entzündet: Bischof Benno Elbs spricht über Hoffnung und Verantwortung. Hartinger

Die vier Adventssonntage drehen sich bei der NEUE auch um die Gedanken und Erfahrungen von katholischen Geistlichen. Zum Auftakt spricht Bischof Benno Elbs über Hoffnung und Menschlichkeit – und bringt eine positive Grundstimmung mit.

Was ist der Advent für Sie persönlich für eine Zeit?
Benno Elbs: Eine sehr intensive, spirituelle Zeit. Ein Hinbewegen auf die Quelle unseres Glaubens: dass Gott Mensch wird, damit auch Menschen Menschen werden und bleiben. Deshalb ist die Adventszeit für mich eine der wertvollsten Zeiten.

Was meinen Sie mit „dass Menschen Menschen werden“?
Elbs: Die Botschaft Jesu ist ja die der Liebe, Solidarität, Menschlichkeit. Die Quelle der Menschlichkeit ist, dass Gott die Liebe ist und dass die Liebe Mensch wird. Deshalb ist die Erfahrung von Zärtlichkeit und Zuwendung eine weihnachtliche Erfahrung. Wenn Menschen so sind, wie Gott uns entgegentritt, dann wird der Mensch zum Menschen, voll von Empathie, Wertschätzung und Liebe.

Inwiefern spielt an Weihnachten die Hoffnung eine Rolle?
Elbs: Aus meiner Sicht ist sie die größte christliche Kraft. Wir sind im Jahr der Hoffnung, Papst Franziskus hat es ausgerufen. Ich glaube, dass kein Mensch ohne Hoffnung leben kann. Weihnachten ist das Hoffnungsfest schlechthin. Christlich gesehen, gibt es zwei wichtige Feste: Weihnachten, wo Gott Mensch wird, und Ostern mit der Botschaft, dass Liebe stärker ist als Hass und Zerstörung. Theologisch würde ich auch Pfingsten hinzunehmen, diese Geisteskraft, die die Welt verändert – letztlich sind es diese Grundpfeiler der Hoffnung. Wenn ich ins Gefängnis gehe, auf Intensivstationen, im Altenheim, bei Jugendgottesdiensten, immer geht es um die Kraft der Hoffnung.

„Weihnachten ist das Fest der Hoffnung“ – Bischof Elbs über Advent, Frieden und Verantwortung
Hartinger

“Krieg ist Gotteslästerung, weil er die Seele des Menschen zerstört.”

Bischof Benno Elbs

Glauben Sie, dass uns die Hoffnung retten kann?
Elbs: Ja, denn Hoffnung ist die Kraft, die den Menschen zum Handeln motiviert. Zum Beispiel in der Umweltfrage: Wenn ich nicht die Hoffnung habe, dass man etwas tun kann, dann würde ich nichts tun. Das gilt auch für menschliche Situationen: Wenn ich in einer Krise bin und nicht die Hoffnung habe, dass ich aus dieser Krise vielleicht sogar gestärkt hervorgehen kann, dann werde ich in Wehmut, Erschöpfung oder Müdigkeit versinken, und darum ist die Hoffnung die Kraft, die das Rettende in uns aktiviert.

Wo wäre dieses Ins Tun Kommen denn dringend nötig?
Elbs: In der Frage des Friedens. Krieg zerstört so viele Menschenleben, das Erste, was Papst Leo als neuer Papst gesagt hat, war: „Der Friede Gottes sei alle Zeit mit euch.“ Ein zweiter, wichtiger Punkt ist die Verantwortung für die Schöpfung. Wenn die Welt atmet, können auch wir Menschen atmen, wenn sie aufhört, hört auch der Mensch auf. Da müssen wir als Menschengemeinschaft ins Tun kommen. Ein weiterer Punkt ist, dass wir das Miteinander suchen müssen statt der Spaltung. Derzeit kann man weltweit leider durch Polarisierung, durch Spaltung Zustimmung gewinnen. Spaltung ist eine zerstörerische Kraft, weil es darum geht, dass der Stärkere sich auf Kosten des Schwächeren durchsetzt. Ein Punkt, der mir auch noch sehr wichtig ist, ist die Solidarität mit den Armen. Es gibt auch bei uns Menschen, die sehr krank sind, einsam. Auch sie gehören zu den Armen, aber auch im materiellen Sinn gibt es Arme hier bei uns. In vielen Teilen der Welt haben Menschen nicht genug zu essen, zu trinken, und können kein menschenwürdiges Leben führen.

„Weihnachten ist das Fest der Hoffnung“ – Bischof Elbs über Advent, Frieden und Verantwortung
Wie viele gläubige Christen bereitet sich Bischof Benno Elbs mit einem Adventkranz auf die besinnliche Zeit des Jahres vor. Hartinger

Wo sehen Sie speziell Ihre Aufgabe?
Elbs: Meine Aufgabe als Bischof ist, in diesen Fragen zu tun, was ich kann. Ein Bischof sollte Zeuge der Hoffnung, ein Bote der Hoffnung sein. Jemand, der darauf hinweist und versucht, vorzuleben, dass es Hoffnung gibt und dass Menschen wieder in diese Erfahrung der Hoffnung hineinfinden. Eine weitere Aufgabe ist es, Zeuge der Auferstehung zu sein. Das heißt ja im christlichen Sinne, dass es Neuanfänge gibt, das Leben weitergeht, es eine neue Chance gibt.

Sie haben vom Frieden gesprochen als einer Herausforderung, der wir schwer gerecht werden. Denken Sie, Gebete und Gespräche helfen gegen Waffen?
Elbs: Ja, und zwar, weil jeder Krieg im Herzen von Menschen beginnt. Genau wie der Frieden im Herzen der Menschen beginnt. Was kann unsere Herzen bewegen? Im Wesentlichen das Gespräch und das Gebet. Wenn ich für jemanden bete, dann verändert das meine Beziehung zu ihm oder ihr, und es verändert auch diesen Menschen. Das Gebet ist letztendlich das Vertrauen, dass Gott mit uns ist, und auch, dass Gott das Entscheidende tut. Als der Krieg in der Ukraine ausgebrochen ist, haben wir in Dornbirn auf dem Marktplatz ein Friedensgebet abgehalten. Ich habe mitbekommen, dass das vielen Menschen in der Ukraine Hoffnung und Zuversicht gegeben hat, weil sie gesehen haben: Es gibt Menschen, die sind solidarisch und beten, sie sind mit uns verbunden, und unser Schicksal ist ihnen nicht egal.

Auch die Menschen in der Gesellschaft können Verantwortung übernehmen. Was heißt das denn aus Ihrer Sicht?
Elbs: Ich glaube, dass das letztendlich zum menschlichen Leben gehört. Wir haben Verantwortung im Einzelnen, das ist meine persönliche Verantwortung. Wenn wir uns dann zusammentun, bekommt es eine viel größere Dynamik. Das ist das Geheimnis aller, die sich für den Frieden engagiert haben, von Gandhi ebenso wie von Martin Luther King oder vor allem auch, wenn ich an Jesus Christus denke. Das sind zwar einzelne, überzeugte Menschen, die sich für etwas eingesetzt haben, aber Kraft hat das Ganze bekommen, indem sich andere angeschlossen haben, indem es eine Bewegung aus der gesellschaftlichen Verantwortung heraus geworden ist. Es gibt einen Spruch: „Wenn einer träumt, ist es ein Traum. Wenn viele träumen, ist das der Beginn einer neuen Wirklichkeit.“ Damit etwas eine Kraft entwickelt, braucht es mehrere, darum braucht es auch die Verantwortung der Gesellschaft als Ganzes.

„Weihnachten ist das Fest der Hoffnung“ – Bischof Elbs über Advent, Frieden und Verantwortung
Die NEUE traf Bischof Benno Elbs zum Advent-Interview. Hartinger

Was hat das mit Weihnachten zu tun?
Elbs: Wenn ich es biblisch sehe oder menschlich, dann muss ich alles tun, was ich tun kann, das ist meine Verantwortung. Krieg ist Gotteslästerung, weil er die Seele des Menschen zerstört, Leid zufügt, Nächstenliebe und Zukunft diametral entgegensteht. Das heißt nicht, dass der Einsatz für das Gute nicht sinnvoll und notwenig ist. Jeder Tag gibt so viele Gelegenheiten, Spielräume zum Guten zu nutzen. Die weihnachtliche Botschaft ist: Friede den Menschen auf Erden. Den Frieden suchen, auch im Kleinen, ist das Geheimnis der Welt: Wenn viele sich dem Guten zuwenden, ändert das die Atmosphäre. Überall, wo wir uns für das Liebe, Wertschätzung, das Miteinander einsetzen, ist Weihnachten.