Besser leben

Trotz Corona hoch hinaus

24.06.2020 • 09:00 Uhr
Bouldern liegt derzeit voll im Trend. <span class="copyright">Julia Putzger</span>
Bouldern liegt derzeit voll im Trend. Julia Putzger

Vier Boulderhallen gibt es im Ländle, im August soll in Dornbirn eine fünfte eröffnen.

“Damals wurde meine Leidenschaft von so manchem belächelt – als jugendliche Spielerei abgetan – mittlerweile sind das unsere bes­ten Kunden“, schmunzelt Guntram Mattle, wenn er gut zehn Jahre zurückdenkt. Die Rede ist vom Bouldern, einer Sportart, die sich auch im Ländle zunehmender Beliebtheit erfreut. Vier Hallen – in Bürs, Rankweil, Feldkirch und Bregenz – haben in den vergangenen fünf Jahren in Vorarlberg eröffnet. Und Mattle, der bereits die Boulderhalle Steinblock in Rankweil betreibt, arbeitet mit seinem Team gerade auf Hochtouren daran, dass demnächst auch alle Boulderfans in Dornbirn auf ihre Kosten kommen.

Die Steinblock-Halle in Dornbirn soll im August eröffnet werden. <span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Die Steinblock-Halle in Dornbirn soll im August eröffnet werden. Klaus Hartinger

Definition Bouldern

Bouldern bezeichnet das Klettern ohne Seil auf Absprunghöhe. Man benö­tigt dafür keinen Klettergurt oder anderes Equipment, sondern lediglich passende Kletterschuhe. Im Freien sind Boulderer häufig rund um freistehende Felsblöcke, im Englischen sogenannten Boulders, zu finden.

In Hallen hingegen wird versucht, die natürlichen Strukturen nachzubauen und die Sportler vor Bewegungsprobleme zu stellen – diese können für Anfänger lösbar sein oder sogar Profis vor eine echte Herausforderung stellen. Die Wände können dabei leicht geneigt, senkrecht oder gar überhängend sein, Griffe und Tritte gibt es in vielen Farben und von zahlreichen Herstellern, so wie auch in Kletterhallen.

Die Arbeiten in Dornbirn laufen auf Hochtouren. <span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Die Arbeiten in Dornbirn laufen auf Hochtouren. Klaus Hartinger

Größte Boulderhalle Vorarlbergs

In der neun Meter hohen Halle, dem ehemaligen Hochregallager von FM Hämmerle in Dornbirn, direkt neben dem Indoorspielplatz Spielfabrik, sollen nach Mattles Plan ab August 2020 Boulderer die Wände empor kraxeln.
Anhand von 3-D-Modellen zeigt Mattle, was hier entsteht: 1200 Quadratmeter Boulderfläche auf zwei Ebenen sind geplant – damit wird die neue Steinblock-Halle in Dornbirn Vorarlbergs größte Boulderhalle sein. „Das sind ganz andere Dimensionen, so groß könnte man auch in einer Stadt wie München bauen“, sagt Mattle über sein Projekt. Die Klimmerei in Bürs und die Block Monkey-Halle in Feldkirch sind jeweils nur etwa halb so groß, mit 900 Quadratmetern Grundfläche lag die Greifbar-Halle in Bregenz bisher vorn.

<span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Klaus Hartinger

Große Projekte

Doch nicht nur Mattle stand am Anfang seines Projekts vor einer riesigen Baustelle, auch die anderen Hallenbetreiber haben den zuerst vorhandenen Bestand völlig umgekrempelt. Patrick Persdorf hat gemeinsam mit seinem Kollegen Demian Geyer die alte Hajek-Werkshalle in Bregenz in die Greifbar-Boulderhalle verwandelt, aus einer alten Orgelbauhalle in Feldkirch machte Markus Gringl die Block-Monkey-Boulderhalle. Walter Gunz und Patrick Glogg, Geschäftsführer der Bürser Klimmerei, fanden zwar eine neu errichtete Halle, standen mit ihrem Team aber ebenso vor einer Menge Arbeit. Für sie alle war es jeweils das erste Projekt dieser Art – und die Verwirklichung eines lang gehegten Traums. Sie alle sind selbst leidenschaftliche Kletterer und wollen ihre Begeisterung für diese Sportart weitergeben.

Greifbar-Betreiber Patrick Persdorf. <span class="copyright">Julia Putzger</span>
Greifbar-Betreiber Patrick Persdorf. Julia Putzger

Verbundticket geplant

Die erste Boulderhalle in Vorarlberg war die Klimmerei in Bürs – Gunz, Glogg und ihr Team eröffneten im November 2015. Ein Jahr später folgte Steinblock in Rankweil, seit 2018 kann man auch in Feldkirch bouldern.
Die jüngste Boulderhalle ist derzeit die Greifbar in Bregenz, die seit rund einem dreiviertel Jahr geöffnet ist. „Vorarlberg hat inzwischen eine sehr hohe Dichte an Boulderhallen“, sagt Glogg. Im Oberland sei die Konkurrenz weniger stark zu spüren.

Doch auch die Boulderhallen-Betreiber im Unterland betonen, dass es eigentlich kein ausgeprägtes Konkurrenzdenken gebe, da jede Halle ihr eigenes Zielpublikum habe. Vielmehr würden derzeit Gespräche laufen mit dem Ziel, eine Art Verbundticket zu entwickeln, das dann in allen Vorarlberger Boulderhallen gültig wäre. Die Idee kommt bei allen Betreibern gut an, das konkrete Ergebnis ist aber noch ungewiss. Bisher gibt es bereits eine Kooperation zwischen der Bürser Klimmerei und der K1, der Seilkletterhalle in Dornbirn.

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Julia Putzger

Ampel auf der Homepage

Eine neue und unerwartete Schwierigkeit stellt nun die Corona-Krise dar. Nachdem die Hallen ab Mitte März den Betrieb vorübergehend einstellen mussten, ist das Bouldern mittlerweile wieder überall möglich. Allerdings gelten strenge Regeln: Beim Betreten und Verlassen der jeweiligen Halle muss ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden, beim Klettern muss ein Mindestabstand von zwei Metern eingehalten werden, ansonsten ein Meter.

Diskutiert worden war auch, ob eine maximale Personenzahl in Abhängigkeit von der Hallengröße eingeführt wird. Obwohl es eine solche derzeit nicht gibt, signalisieren die Hallenbetreiber auf ihren Homepages zum Beispiel mit einer Ampel, wie viel derzeit in der Halle los ist, um so einen Ansturm zu vermeiden. Persdorf aus der Bregenzer Greifbar berichtet, dass derzeit noch nicht übermäßig viel los sei und die Einhaltung der Regeln gut funktioniere.

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Julia Putzger

500 Euro aus Härtefallfonds

Weniger glücklich ist Persdorf indes über die wirtschaftliche Lage: „Die ersten Monate sind gut gelaufen, aber mittlerweile ist unser kleines Polster, das eigentlich für die Sommermonate gedacht war, aufgebraucht.“ Bis auf eine einmalige Förderung in Höhe von 500 Euro aus dem Härtefallfonds habe es für die Greifbar und ihr Team keine Unterstützung gegeben.

Die Zeit während der Schließung wurde für Pläne für den Bau eines Außenbereichs verwendet, außerdem wurde der erste Indoor-Calisthenics-Park im Ländle eröffnet. „Wir hoffen, dass der Außenbereich im Sommer mehr Kunden anzieht“, erklärt der Boulderhallen-Betreiber. Außerdem soll es durch eine Kooperation mit einer Physiotherapiepraxis in der Halle demnächst verlängerte Öffnungszeiten geben.

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Julia Putzger

Abseits von Corona sei die größte Herausforderung jedenfalls, und da sind sich alle Betreiber einig, den Kunden stets ein attraktives Angebot zu bieten. Dazu zählten Events – zum Beispiel gibt es eine Veranstaltung, bei der im Dunkeln mit Neongriffen und Schwarzlicht geklettert wird – Wettkämpfe, Gastronomie und natürlich die Kletterwände selbst. Alle zwei bis drei Wochen gibt es neue Routen, die Griffe werden umgeschraubt.

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Julia Putzger

Breitensportler und Profis

Trotzdem gilt: „Wir wollen keine reine Sporthalle, sondern einen Ort, an dem man sich gerne aufhält“, sagt Patrick Persdorf über das Konzept der Greifbar. Auch Glogg von der Klimmerei weiß: „Die Boulderhallen sind inzwischen Treffpunkte der Kletterszene, die sich vorwiegend nach der Arbeit dort die notwendige Technik, Fingerkraft und Kraftausdauer für das Klettern in der Natur holt.“ Oft würden die Boulderer dann in kleineren Gruppen zusammensitzen und gemeinsam versuchen, knifflige Boulderprobleme zu lösen. Besonders wichtig für die Boulderhallen sind aber nicht die Profis, sondern die Breitensportler, ist sich Block-Monkey-Betreiber Gringl sicher.

Von Julia Putzger