International

Wahlkampf in North Carolina

05.03.2024 • 08:04 Uhr
Ist der Super Tuesday Endstation für Donald Trumps Kontrahentin Nikki Haley? <span class="copyright">AFP/ Joseph Prezioso</span>
Ist der Super Tuesday Endstation für Donald Trumps Kontrahentin Nikki Haley? AFP/ Joseph Prezioso

Am heutigen Super Tuesday halten Republikaner und Demokraten in mehr als einem Dutzend Bundesstaaten parteiinterne Vorwahlen ab.

In North Carolina, südlich von Washington, DC, an der Ostküste gelegen, liegt der Gebirgszug der Appalachen; hier gab es den ersten Flug der Gebrüder Wright und vielleicht bald die erste schwarze Generalstaatsanwältin und den ersten schwarzen Gouverneur, der Donald Trump gut findet und der auf Facebook Adolf Hitler zitiert.

Super Tuesday

Am heutigen Super Tuesday, an dem 36 Prozent aller Delegierten der Primaries, der Vorwahlen zur Debatte stehen, stimmt auch North Carolina ab. Trump, der hier bereits 2020 gewonnen hatte, liegt einige Prozentpunkte vor dem Amtsinhaber Joe Biden (wie im ganzen Land). Und zeitgleich mit der eigentlichen Wahl zum Präsidenten am 5. November stehen in North Carolina auch die Wahlen zum Gouverneur an. Das lokale Fernsehen besteht praktisch nur noch aus Wahlwerbung.

“Purple State”

„North Carolina ist ein „Purple State“ ohne klare politische Mehrheiten“, sagt Karen Brinson Bell, die Wahlleiterin, in der Hauptstadt Raleigh. Sie hat die Wahl im Griff, glaubt sie. Ausschreitungen oder Wahlbehinderung? „Bei den letzten Wahlen gab es einige wenige Einzelfälle, mit denen wir rasch fertig wurden.“ Wahlbetrug? „Gibt es praktisch nicht“. Umstritten sei allenfalls ein neues Gesetz, wonach sich Wähler im Wahllokal ausweisen müssen, ein Problem in einem Land, wo der Führerschein als Ausweis gilt und viele keinen Pass haben. „Das Gesetz ist ein Balance, sichere Wahlen zu garantieren, aber auch niemanden vom Wählen abzuhalten“, meint Bell. Das größere Problem aber sei Desinformation durch Social Media.

„In dieser Stadt bin ich aufgewachsen, hier waren meine Vorfahren versklavt“, sagt Satana DeBerry. Wir sind nun bei Dame’s Chicken & Waffles, eine Hähnchenbraterei mit einem schwarzen Inhaber, und zwar in Durham, die ärmere, schwärzere Schwesterstadt von Raleigh. DeBerry will Generalstaatsanwältin von North Carolina werden; sie wäre damit die erste schwarze Frau in diesem Amt, in einem Staat, dessen Bevölkerung zu mehr als 20 Prozent afro-amerikanisch ist.

Satana DeBerry

DeBerry will das Recht auf Abtreibung und In-Vitro-Schwangerschaften verteidigen und dafür sorgen, dass Frauen nicht für eine Fehlgeburt vor Gericht gestellt werden. „Das legale System in den USA funktioniert auf zwei Ebenen“, sagt sie. „Eine für die Reichen, eine zum Nachteil der Armen, der Schwarzen, der braunen Immigranten“.

Beim Gouverneursrennen führen der Demokrat Josh Stein und der Republikaner Mark Robinson. Robinson twitterte, dass Christen die Schulen übernehmen sollten, damit Kinder nichts über „Homosexualität und ähnlichen Dreck“ lernten. Er nannte Michelle Obama einen Mann und schimpfte über den Film Wakanda. Der sei von einem säkularen Juden — wie Stein — und einem satanischen Marxisten erfunden worden, um Shekels aus den Taschen von „euch Schvartzen“ zu ziehen. Schwarze müssten aufhören, Demokraten zu wählen, um sich dann mit Pfennigen abspeisen zu lassen. Er zitierte sogar Hitler: Jeder habe das Recht, auf seine Rasse stolz zu sein.

“Volle und totale Unterstützung”

Während Trump erklärte, Robinson habe seine „volle und totale Unterstützung“ und ihn mit dem schwarzen Führer Martin Luther King verglich, rollt DeBerry nur die Augen. In einem allerdings teilt sie seine Ansicht. „Schwarze Frauen stimmen immer für die Demokraten, und danach ändert sich für sie nichts.“ Und Trump? „Den Typ kennen schwarze Wähler gut. Aber sie sind zu gewitzt, auf ihn reinzufallen.“

Duke University

Nun geht es zur Duke University, wo Studenten und Dozenten — alle felsenfest im Lager der Demokraten — die Lage einschätzen. „Heute gibt es viel weniger Moderate im Kongress als früher“, beklagt Noah Vaughn aus Texas, der sich auf eine Karriere in Washington vorbereitet. Trump habe ein Land von Nachbarn gegeneinander aufgehetzt. Vaughn sieht aber auch Biden kritisch. Der habe sich nicht um die Grenze gekümmert und seine außenpolitischen Fehler überschatteten seine erfolgreiche Innenpolitik. „Jeder von uns denkt ständig an Gaza“, sagt eine Mitstudentin.

Gouverneursrennen

Ähnlich sieht das die Politologieprofessorin Sunshine Hillygus. Der Israel-Gaza-Konflikt könne junge Menschen vom Wählen abhalten, sorgt sie sich. Klar ist: Keiner hier an der Universität will Trump. Demokratie basiere auf gemeinsamen Normen, etwa die Akzeptanz einer Wahlniederlage. Wenn die einmal verletzt werden, könne es damit vorbei sein. „Trump könnte sich zum Diktator entwickeln, indem er Gesetze verändert, etwa, wie Social Media reguliert wird“, sagt Hillygus. Ungefilterte Desinformation durch Social Media ist auch hier eine große Sorge.

Trump gibt sich derweil siegessicher. Der Supreme Court — das höchste Gericht — hat ihn für die Nominierung in Colorado zugelassen. Einstimmig. Colorado hatte Trump vom Wahlzettel gestrichen, weil er sich am 6. Januar 2020 am Aufstand gegen die neue Regierung beteiligt habe. Und Nikky Haley? Sie hat ihren ersten Staat gewonnen, den District of Columbia mit Washington. 2000 Republikaner haben ihre Stimme abgegeben, das reicht gerade mal für einen ehrenvollen Abgang.