Russland als Schauplatz des Krieges

Russische Putin-Gegner besetzten vor seiner neuerlichen Wiederwahl Dörfer in mehreren Oblasten, die Nervosität wächst.
„Wir nehmen auf diese Weise an Wladimir Putins Wahlen teil“, sagt Alexej Baranowski, der politische Führer der „Legion Freiheit Russlands“. Sein Freiwilligenverband hat am Vortag nach eigenen Angaben das russische Grenzstädtchen Tetkino in der Oblast Kursk erobert. Videoaufnahmen zeigen über verschneite Felder rennende Kämpfer und gar Panzer der Legion, die sich mit Unterstützung des ukrainischen Heeres aus Gegnern Putins und des russischen Krieges gegen die Ukraine rekrutiert. Am Mittwoch sandte ein Partisan mit dem Kampfnamen „Apostel“ auf der sozialen Plattform X (ehemals: Twitter) eine „Grußbotschaft aus dem befreiten Teil von Tetkino“.
Legion Freiheit Russlands
Im Mai 2023 hatte die „Legion Freiheit Russlands“ bereits für viel Aufsehen gesorgt, als sie zwischen Charkiw und der russischen Stadt Belgorod mehrere Dörfer auf der russischen Seite erobert und kurzzeitig besetzt hatte. Damals wurde vermutet, Kiew wolle damit von der Niederlage bei Bachmut ablenken. Heuer aber geht es klar um die Präsidentschaftswahlen in Russland, die dem Kriegsherrn Putin von Freitag bis Sonntag eine überragende Wiederwahl sichern sollen.
Die Schmach, dass das große, bei der Anzahl von Waffen und Munition der Ukraine noch rund achtmal überlegene Russland erneut seine eigenen Grenzen nicht schützen konnte, geht deshalb tief. „Es wurde ein Durchbruch versucht, aber er wurde abgewehrt“, beteuerte Roman Starowoit, Gouverneur der russischen Oblast Kursk, deshalb am Dienstag. Die Videoaufnahmen der „Legion Freiheit Russlands“, die zusammen mit dem „Sibirischen Bataillon“ und dem „Russischen Freiwilligenkorps“ nach Russland einmarschiert sein will, legten allerdings anderes nahe. Wobei jedoch eine unabhängige Prüfung unmöglich ist.
Forderung zur Evakuierung
Am Mittwoch jedenfalls forderten die drei Freiwilligenverbände die Bevölkerung der beiden Oblasten Kursk und Belgorod – auch dort will man Dörfer im Grenzgebiet erobert haben – zur Evakuierung ins Innere von Putins Reich auf. „Putins Mörder greifen massenweise friedliche ukrainische Städte an, die Waffen dafür verstecken sie zwischen euren Häusern und den Schulen eurer Kinder“, ist zu lesen. „Jeden Tag sterben Dutzende unschuldige Leute (vor allem Frauen und Kinder) durch den Beschuss aus Belgorod und Kursk; dies muss ein Ende haben“, heißt es zusammen mit der Drohung, den Krieg auch nach Russland zu tragen, um diese Waffen auszuschalten.
Luftalarm in der Oblast Kursk
Am Mittwoch war Gouverneur Starowoit seiner Sache offenbar nicht mehr so sicher und löste in seiner Oblast Kursk einen Luftalarm aus. Die Bevölkerung wurde aufgerufen, sich in die Luftschutzkeller zu begeben. Das Grenzstädtchen Tetkino hat rund 3000 Einwohner, etwas Industrie und eine wichtige Eisenbahnbrücke über den Fluss Sejm. Es liegt knapp 200 Kilometer von der 400.000-Einwohner-Stadt Kursk, einem wichtigen regionalen Zentrum auf dem Weg nach Moskau, entfernt. Die ukrainische Stadt Sumy liegt etwa 40 Kilometer südlich. Bisher galt die Region um Sumy im Krieg als eher ruhig, wenngleich auch sie seit fast zwei Jahren von Russland aus immer wieder mit Artillerie beschossen wird.
Der russische Gouverneur der schon lange unruhigen russischen Oblast Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, die im Südosten von Sumy gegenüber der einstigen ukrainischen Millionenstadt Charkiw liegt, berichtete am Dienstag, bei der Partisanen-Abwehr in seinem Gebiet sei ein russischer Grenzsoldat erschossen sowie zehn Zivilisten verletzt worden. Auch Gladkow behauptete, die Gefahr sei bereits gebannt.