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Scholz: „An Lächerlichkeit nicht zu überbieten“

19.03.2024 • 14:26 Uhr
GERMANY-ESTONIA/
Deutscher Bundeskanzler Olaf Scholz. REUTERS/ LIESA JOHANNSSEN

Die Diskussion, in der es vor allem um die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern geht, werde außerhalb von Deutschland nicht verstanden.

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Debatte über die deutsche Unterstützung für die Ukraine scharf kritisiert. „Die Debatte in Deutschland ist an Lächerlichkeit nicht zu überbieten“, sagte der Kanzler am Dienstag in Berlin. „Das ist peinlich für uns als Land.“ Die Diskussion, in der es vor allem um die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern geht, werde außerhalb von Deutschland nicht verstanden. Außerdem betonte Scholz, dass Deutschland keine Atomwaffen brauche.

Zweitgrößter Waffenlieferant der Ukraine

Scholz verwies auf einer Europakonferenz darauf, dass Deutschland der zweitgrößte Waffenlieferant der Ukraine ist. Das müsse erst einmal anerkannt werden, forderte er. Er wünsche sich eine Debatte in Deutschland, die Besonnenheit nicht als Zögerlichkeit diskreditiere. „Wir haben ja als Deutsche, wenn ich das über Zögern nochmal sagen darf, fast alle gefährlichen Waffen als allererste geliefert“, sagte er. Er nannte weitreichende Artillerie und Kampfpanzer als Beispiele. „Ich könnte diese Liste unendlich verlängern.“

Der Kanzler hatte einer Lieferung von Taurus-Raketen mit einer Reichweite von 500 Kilometern Ende Februar eine klare Absage erteilt. Er begründete das damit, dass Deutschland in den Krieg hineingezogen werden könnte. Die Union CDU/CSU, aber auch die Koalitionspartner Grüne und FDP kritisieren ihn dafür scharf. Die Debatte läuft nun schon mehrere Wochen.

Keine Notwendigkeit für Atomwaffen

Bei der Konferenz sagte Scholz außerdem, keine Notwendigkeit für die Anschaffung deutscher Atomwaffen zu sehen, wohl aber mehr konventioneller, sehr weitreichender Waffen. „Deutschland braucht keine eigenen Atomwaffen“, sagte Scholz. Er verwies auf die Mitgliedschaft in der NATO und eine sehr enge Zusammenarbeit mit den USA. Die transatlantische Zusammenarbeit habe in den vergangenen Jahren „Sprünge nach vorn gemacht und funktioniert wieder“.

Trotz einiger Meinungsverschiedenheiten sei man sich bei Werten wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einig. „Es gibt gar keinen Anlass, jetzt gewissermaßen aus Angst vor dem Scheitern das, was so wertvoll ist, infrage zu stellen“, fügte der Kanzler in Anspielung auf eine mögliche Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten im November hinzu.

Luftabwehrsystem

Er habe entschieden, F-35-Kampfflugzeuge im Rahmen der sogenannten nuklearen Teilhabe anzuschaffen, um im Kriegsfall in Deutschland stationierte US-Atomwaffen zu ihren Zielen fliegen zu können. Briten und Franzosen würden ihre nuklearen Fähigkeiten im Rahmen der NATO auch bereitstellen. „Das ist ein Gesamtkonstrukt für Deutschland und für uns in Europa“, sagte Scholz. Man benötige aber schon konventionelle Langstreckenwaffen, deren Entwicklung ein gemeinsames europäisches Projekt sein müsse. Erneut sprach sich Scholz für eine engere rüstungspolitische Zusammenarbeit in der EU aus. Ein Beispiel sei dafür das von Deutschland initiierte Luftabwehrsystem, an dem sich mittlerweile 20 Nationen beteiligten, unter anderen Österreich.