„Es braucht ein zweites Standbein“

Damit Albert Bösch von der Fischerei leben kann, bedarf es Umdenkens und Innovationen.
Albert Böschs Tage sind lang. Gut eine Stunde vor Sonnenaufgang verlässt der 40-Jährige das Haus und fährt gemeinsam mit seiner Mutter Regula auf den See, um die Netze einzuholen. Gegen Viertel vor acht ist er zurück, frühstückt rasch und wechselt die Fischerschürze und Gummistiefel gegen Bürokleidung. Um fünf ist Feierabend in seinem Bürojob, danach kann es sein, dass er nochmals mit raus fährt, um Netze zu setzen. „Samstags fahren wir etwas später raus, und sonntags ist nur das Auslegen am Nachmittag erlaubt. Da werden dann Netze gerichtet oder das Boot repariert“, erzählt der Familienvater. Es sei schwer, sich rauszunehmen, wenn man da wohnt wo man arbeitet. In dem Fall der Fischereihof in Gaißau.

Patent der Mutter
Bei den Böschs hat Mutter Regula das Patent inne, der Rest der Familie geht einem „gewöhnlichen“ Job nach. Wenn Not am Mann ist, hilft die Familie mit. Albert Bösch ist Fischereigehilfe mit dem Ziel, den Hof und das Fischerpatent seiner Mutter zu übernehmen und zu erhalten. Doch das Bewirtschaften des Bodensees verspricht nicht gerade eine unbeschwerte Zukunft. Vor allem der Bestand der Blaufelchen – dem „Brotfisch“ der Berufsfänger – ist in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen.
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung war für den studierten Systemtechniker von jeher klar, dass es Innovationen braucht, um in Zukunft von der Fischerei als Haupteinnahmequelle leben zu können. Gerade auch was die Vielfalt der Fischarten betrifft. Genießbar sind circa 15 Arten aus dem See.

Andere Fischarten vermarkten
Der Betrieb hat sich daher längst darauf konzentriert, auch andere Fischarten zu vermarkten. Vor allem Brachse, Rotauge und Karpfen. „Wenn wir fischen wollen, müssen wir alles bewirtschaften, um den Betrieb erhalten zu können. Und das schaffen wir“, ist Bösch überzeugt. Doch damit nicht genug. Die Familie hat sich entschlossen, das Gebäude, in dem auch die Fischerei in Gaißau untergebracht ist, umzubauen und Ferienzimmer anzubieten. Für Bösch ist klar, es braucht ein Zweiteinkommen, ein zweites Standbein, um den Lebensstandard halten zu können.

Viele Generationen
Gegründet wurde der Fischereibetrieb vor mehreren Generationen und trotz Schicksalsschlägen aufrechterhalten. Einst brannte der komplette Hof nieder. Nach dem Wiederaufbau sollte eigentlich Böschs Onkel übernehmen, er verstarb jedoch unerwartet. Und so fiel die Verantwortung der Schwester, Regula Bösch, zu. Sie nutzte als Quereinsteigerin die Möglichkeit, das Patent weiterzuführen.
Bösch selbst ist mit der Fischerei aufgewachsen. Schließlich absolvierten seine Mutter, sein Bruder und er gemeinsam die notwendige Facharbeiterausbildung. „Wir haben gemeinsam die Schulbank gedrückt“, erzählt er. Und jetzt ist es bald soweit. Trotz aller Herausforderungen ist die Familie dabei, die Hofübergabe an Albert vorzubereiten. Bei Regula Bösch (61) steht die Pension an..

Erhalt der Berufsfischerein erschwert
„Es gibt kaum noch Berufsfischer am See, die das ausschließlich tun. Die Direktvermarktung ist für viele ein Thema, und natürlich haben die meisten Nebenberufe“, weiß Bösch. Neun Berufsfischer gibt es in Vorarlberg, nicht alle haben einen Nachfolger. Die Zahl wird sich also die nächsten Jahre reduzieren. Ein Bodensee-Fischereipatent setzt eine Pachtfläche voraus. In der jetzigen Situation bezeichnen viele dieses Unterfangen für jeden Neuling als „ins offene Messer rennen.“ Bösch sieht das anders. Mit solchen Argumenten werde die Verjüngung und der Erhalt der Berufsfischerei erschwert.