Kultur

Sprachkurs im Steinwildgehege

03.05.2021 • 20:05 Uhr
Erster Eindruck vom Bühnenbild von Romy Rexheuser im Steinwildgehege. <span class="copyright">Heidi Salmhofer</span>
Erster Eindruck vom Bühnenbild von Romy Rexheuser im Steinwildgehege. Heidi Salmhofer

Andreas Jähnert inszeniert Handkes „Kaspar“ im Wildpark.

Zuletzt war das Stück „Kaspar“ von Peter Handke 2018 am Vorarlberger Landestheater zu sehen, nun kehrt das bekannte Theaterwerk aus dem Jahr 1968 in einer ganz besonderen Form wieder: Andreas Jähnert, bekannt als Regisseur und Gründer des „theater der sprachfehler“, sowie als Mitglied des aktionstheater ensembles, inszeniert „Kaspar“ im Wildpark Feldkirch. Das Steinwildgehege steht derzeit leer – jedenfalls befinden sich keine Tiere darin, und so werden dort ab kommendem Freitag die Zuschauer keine Steinböcke beobachten, sondern Kaspar, wie er mittels der Sprache zu einem Teil der Gesellschaft gemacht wird. Mit einer Bestuhlung und zur Verfügung stehenden Decken sei für eine gemütliche Atmosphäre gesorgt, wie Jähnert im Gespräch anmerkt.

Zum Stück

„Kaspar“ von Peter Handke. Premiere am Freitag, 7. Mai, 18 Uhr im Wildpark. Weitere Vorstellungen: 8., 9., 14., 15., 16. Mai, jeweils 18 Uhr. Eintritt: freie Spende, eine Reservierung ist erforderlich: kaspar.wildpark@gmail.com.

Die Idee, „Kaspar“ als Freilichttheater zu zeigen, war der Pandemie geschuldet, Jähnert nennt dies nun eine „gute Fügung“. Das Setting des Wildparks würde sehr gut zum Stück passen, sei ja auch der Protagonist zuerst tief mit der Natur verbunden, so der Regisseur. Handke habe seinem Text jedoch detaillierte Regieanweisungen für das Spiel in einem Innenraum angefügt, und so war das Team gezwungen umzudenken. Der Regisseur beschreibt die Probenarbeit als eine fruchtbare Suche nach theatralen Mitteln, wie „Kaspar“ in diesem besonderen Rahmen erzählt werden kann. Manche kleinen Bewegungen zum Beispiel würden „läppisch“ wirken, wenn der Schauspieler neben einem riesigen Baum stehe. Mit Stimme, Musik und der Sprache müssten hier neue Wege beschritten werden. Kaspar würde dabei auch auf Natur-Geräusche aus der Umgebung reagieren: „Kaspar lebt im Wildpark, im Jetzt“, sagt Jähnert.

“Einsagerin”

Der Protagonist, den Handke nach dem realen Vorbild des Kaspar Hauser entwarf, wird gespielt von Sascha Jähnert, dem Bruder des Regisseurs. Der Mann kann zuerst nur einen einzigen Satz sprechen: „Ich möcht ein solcher werden wie einmal ein anderer gewesen ist“. In dieser Inszenierung ist es eine „Einsagerin“, dargestellt von Virginia V. Hartmann, die Kaspar immer mehr Wörter einflößt und damit in das Gesellschaftssystem eingefügt, also gefügig macht. Denn die Sprache stellt uns nicht nur eine Struktur zur Verfügung, die uns die Dinge in der Welt benennen und uns darüber kommunizieren lässt, sonders sie ist auch ein Instrument der Macht. „Sprache wird dazu benutzt, um Ideologien zu verbreiten, um seine Idee der Welt zu manifestieren“, sagt Jähnert. Und sie werde dazu genutzt, den Menschen quasi zu domestizieren und zu unterdrücken. Hinzu kommt, dass es Gefühle gibt, die schwer mit Worten auszudrücken sind, und so durch den Rost fallen.

Kampfsport

Die Gefahr bestehe, sich durch die auferlegte Sprache von sich und der Welt zu entfremden, seine Identität zu verlieren, meint Jähnert. Vor zwei Jahren reiste er nach Kambodscha – auch dort sei ihm bewusst geworden, wie sehr die westliche Welt versuche, ihre Denkweise anderen aufzuzwingen. Im Falle von Kaspar wäre dieser in seiner Einsamkeit glücklich gewesen – bis er lernen musste, dass Einsamkeit nicht glücklich zu machen hat, wie der Regisseur erklärt. Die „Einsagerin“, die Züge einer Senatorin aufweist, hat noch zwei Genossen an ihrer Seite: Mit Mir Zaman Rahimi steht ihr ein afghanischer Kampfsportler zur Seite, Muhammad Nedib hingegen kämpft mit den Waffen der Musik. Auf die Umsetzung des Stücks im Wildpark kann man jedenfalls gespannt sein.