Kultur

Kunstraum wird Black Box des „Heimspiels“

07.12.2021 • 20:35 Uhr
Hauptsächlich Videoarbeiten sind im Kunstraum Dornbirn zu sehen. <span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Hauptsächlich Videoarbeiten sind im Kunstraum Dornbirn zu sehen. Klaus Hartinger

Das „Heimspiel“ läuft wieder. Medienkunst gibt es im Kunstraum Dornbirn zu sehen.

Üblicherweise ist für eine Ausstellung im Kunstraum Dornbirn ein einzelner Künstler oder ein einzelnes Künstlerkollektiv am Werk, wobei meist eine große Installation erschaffen wird, die den Raum miteinbezieht. Mit dem Gastspiel des grenzüberschreitenden Projekts „Heimspiel“ aber ist eine andere Strategie gefragt, denn nun beherbergt die alte Montagehalle verschiedene Werke von acht Künstlern auf ein Mal. Alle drei Jahre macht das Ausstellungsformat, bei dem sich Künstler aus der Ostschweiz, Liechtenstein und Vorarlberg gemeinsam präsentieren, auch im Kunstraum Halt. Um den Anforderungen einer Gruppenschau gerecht zu werden und um eine sinnvolle und sehenswerte Ausstellung zu konzipieren, konzentrierte sich Kunstraum-Leiter Thomas Häusle bei seiner Auswahl auf Medienkunst: Der Raum wird zur Black Box für die erlesenen Arbeiten, die sich in der Dunkelheit auf Leinwänden oder am Boden verteilen.

Thomas Häusle hat die Schau zusammengestellt. <span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Thomas Häusle hat die Schau zusammengestellt. Klaus Hartinger

Winfried Nußbaummüller, Leiter der Kulturabteilung des Landes Vorarlberg, betonte bei einer Vorbesichtigung die Bedeutung des Projekts. Das „Heimspiel“ sei eines der wenigen funktionierenden grenzüberschreitenden Formate. Die Kunstschaffenden aus der Region erhalten damit eine Plattform in renommierten Häusern über der Grenze. Auch zur Vernetzung dient das Ausstellungsprojekt, das vom Land Vorarlberg mit 20.000 Euro gefördert wird.

Neues Auswahlverfahren

Bei dieser Ausgabe ist erstmals das Auswahlverfahren ein anderes. 448 Bewerbungen sind eingegangen, diese wurden aber nicht, wie zuvor, von einer dreiköpfigen Jury vorselektiert und erst dann den Leitern der teilnehmenden Kunsthäuser zur Auswahl vorgelegt. Die Kuratoren der einzelnen Museen konnten diesmal ungefiltert und direkt aus dem großen Bewerberpool schöpfen: ein aufwendiges Verfahren, das den Ausstellungsmachern aber mehr Möglichkeiten für die Gestaltung ihrer Schau bietet, wie Häusle erklärt.

"Whiteout 3" der Schweizer Künstlerin Ursula Palla. <span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
"Whiteout 3" der Schweizer Künstlerin Ursula Palla. Klaus Hartinger

81 Positionen wurden für alle parallel laufenden Ausstellungen ausgewählt, erfreulich sei dabei die hohe Dichte an Vorarlberger Künstlern, so Häusle. Die im Kunstraum gezeigten Arbeiten setzen sich im weitesten Sinn mit Raum, Wahrnehmung und Licht auseinander. Einen kritischen Blick auf die unendliche mediale Bilderflut bietet Veronika Schubert mit ihrer neuen Videoarbeit „Mindset“. Durch einen endlosen Gang rast der Betrachter, während in zahlreichen Kreisen an den Wändern Bilder aus Medien flackern: Werbung für Möbel, Sudokus aus Zeitschriften – alles dient hier der Selbstoptimierung, meint Häusle. Dazu gibt es Ausschnitte aus dem TV und Werbefilmen zu hören.

Künstliche Intelligenz

Ruhiger bewegt sich das Video „Artificial Assistant No. 2“ von Claudia Larcher, in dem sie einer Künstlichen Intelligenz die Weiterführung ihres Kunstwerks überantwortet. Larcher hat Bilder von Architekturen in ein Programm eingespeist, das nun anhand eines Algorithmus aus diesen Bildern neue Formen generiert. Die Künstliche Intelligenz interpretiert die Bilder, erkennt darin Strukturen und entwickelt diese weiter – ein anderes Programm wiederum kritisiert und hinterfragt diesen Prozess, erklärt Häusle. In einem zweiten Video von Larcher sieht der Besucher, woher die ursprünglichen Bilder kommen: In „Ornament is Crime“ blättert die Künstlerin in einer Architekturzeitschrift, aus der sie alles Beiwerk ausgeschnitten hat. Allein die Architekturbilder bleiben übrig.

Stoph Sauters Werk vor dem Eingang. <span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Stoph Sauters Werk vor dem Eingang. Klaus Hartinger

Eine einfachere Technik verwendet Liddy Scheffknecht für ihr Werk „Raumfahrt“. Mit einem ­schmalen Streifen Licht sucht sie einen Innenraum ab, zu erkennen ist gelegentlich nur ein Teil eines Bücherregals oder eines Stuhls. Die gewohnte Umgebung wird damit zu einem abstrakten Raum, in dem es schwer ist, sich zu orientieren. In der zweiten Arbeit „sun tube“ zeigt sich ein Spiel des Lichts, das durch Zufall Koinzidenzen mit einer Farbtube entstehen lässt. Auf dem Boden zu sehen ist eine Arbeit der Schweizer Künstlerin Gilgi Guggenheim: ein im Negativ aufgenommener Pinselstrich ist der Akteur. Er trocknet aus und verschwindet – ein ephemeres Werk des Lichts. In einem Kreis am Boden dreht sich die Videoarbeit der Schweizerin Ursula Palla. Die Konturen einer rätselhaften Schneelandschaft lösen sich Stück für Stück auf, auch hier fällt es schwer, sich zu orientieren, die Größe des Gesehenen auszumachen.

Handschlag

Eine witzige Reverenz an die Macht des Kurators – er wählt ja die Werke aus – hat der Liechtensteiner Künstler Simon Kindle erschaffen: ein Objekt an der Wand zeigt den „Handschlag“ von Häusle, seine Armlänge bemisst den Kreis. Stoph Sauter zeigt schon vor dem Eingang seine Arbeit – „schonschön“!

Heimspiel

Sobald mit Ende des Lockdowns möglich, ist die Ausstellung im Kunstraum Dornbirn zu sehen, sie läuft bis 27. Februar 2022. Künstlergespräch mit Stoph Sauter am 14. Dezember, 18.30 Uhr. Weitere Ausstellungen in der Kunsthalle Ziegelhütte im Appenzell, im Kunsthaus Glarus, in der Kunst Halle Sankt Gallen sowie im Kunstmuseum St. Gallen. Weiters sind offene Ateliers aller teilnehmenden Künstler geplant. Infos: www.heimspiel.tv.