24 Stunden Klangwelt und Literatur

Nik Bärtsch, Ilija Trojanow und Ariadne von Schirach sorgen bei den Montforter Zwischentönen für intensive Hörerlebnisse.
Mit dem heurigen Motto „Was trägt?“ reagieren die Montforter Zwischentöne auf aktuelle Krisen und stellen Fragen nach dem „Unverbrüchlichen“ unserer Zeit. „Gibt’s etwas, auf das wir uns verlassen können, unabhängig von außen?“, erläutert der künstlerische Leiter Hans-Joachim Gögl bei der gestrigen Programmvorstellung den persönlichen Gehalt des Themas.
Philosophin in Residence
Passend zu diesem tiefsinnigen Schwerpunkt haben die Zwischentöne nicht wie üblicherweise ein „Ensemble in Residence“ eingeladen, sondern mit der deutschen Autorin Ariadne von Schirach erstmals eine „Philosophin in Residence“ gefunden, die auch mit ihrem Buch „Glücksversuche: Von der Kunst, mit seiner Seele zu sprechen“ für einen nachdenklichen Fokus sorgt.
„Es ist ein merkwürdiges Buch insofern, als dass sie auf der einen Seite Betrachtungen über das Glück schreibt, aber gleichzeitig Anleitungen gibt“, so Gögl. Auf drei Abschnitte des Buches, die in Resonanz mit der künstlerischen Perspektive sind, haben die Montforter Zwischentöne das Programm ausgerichtet: Die „Stille“ als Voraussetzung für die eigene Intuition sei auch in der Kunst und Kultur ein wichtiges Thema. Die „Tugend“ wird als ethische Haltung betrachtet, „mit der wir uns auf andere verlassen können“. Und die „Freundschaft“ als „tragfähigste Form von Lebensversicherung sei „eine Qualität, auf die wir alle setzten“, beschreibt Gögl die thematischen Hintergründe der am 10. November startenden Montforter Zwischentöne.

24-Stunden-Erlebnisse
Vom Motto „Was trägt?“ habe sich auch der Jazzpianist Nik Bärtsch inspirieren lassen. Seit 1998 kreiert er mit seinem Trio Konzert-Konzepte von bis zu 36 Stunden Dauer auf der ganzen Welt. Erstmals in Österreich wird dieses Format am 19. November thematisch zur Frage „Wie kommen wir durch die Nacht?“ zu erleben sein. Gespielt wird von 16 bis 16 Uhr. 24 Stunden kann das Publikum jederzeit kommen, gehen und auf Sitz- und Liegemöglichkeiten der akustischen Klangwelt aus Funk, Minimal, neuer Klassik und ritueller japanischer Musik zuhören.
Nach 24 Stunden Musik wird es auch 24 Stunden Literatur geben. Der Schriftsteller Ilija Trojanow wird seinen gesamten kürzlich erschienen Roman im Alten Hallenbad lesen. „Wir haben ihn nicht dazu gezwungen, sondern er wollte es unbedingt“, betont der künstlerische Leiter Folkert Uhde. Unterstützt wird Trojanow vom Trio Wladigeroff an Klavier, Klarinette und Trompete.
Das Buch „Tausend und ein Morgen“ handelt von einer utopischen Gesellschaft in der Zukunft, wo es möglich ist, in die Vergangenheit zu reisen und historische Momente zu verändern, um damit die spätere Welt zu reparieren. „Ilija Trojanow ist ein fantastischer Leser“, betont Gögl. Das Romanexperiment sei eine Möglichkeit, das Zuhören in den wechselnden Tageszeiten bewusst wahrzunehmen. Die Lesung wird akustisch gestreamt, sodass sie auch außerhalb des Alten Hallenbads mitverfolgt oder später nachgehört werden kann.
Totenrede zum Anstand.
Zum dritten Mal wird auch das Format des Nachrufs weitergeführt. Am 11. November wird Ariadne von Schirach die Totenrede unter dem Titel „Das Begräbnis des Anstands“ halten. Musikalisch begleitet wird sie dabei durch Sitar-Virtuose Klaus Falschlunger, Akkordeonist Luciano Biondini sowie Klarinettist Christoph Pepe Auer. Zur besonderen Performance werden auch wieder Vorarlbergs Baukünstler eingeladen, eine Bühne zu bauen. Die Nona Architektinnen werden im Alten Hallenbad eine Kapelle bauen.
Ein weiteres Highlight ist ein Rundweg durch fünf unbekanntere Räume in Feldkirch. „Es ist eigentlich ein Weg nach innen, es geht darum, eine Begegnung mit sich selbst zu schaffen“, beschreibt Uhde. Zu fünf Fragestellungen von Ariadne von Schirach gibt es Performances der Installationen entlang des vorweihnachtlichen Pilgerwegs.
Den Abschluss am 7. Dezember bildet ein Adventskonzert im Dom St. Nikolaus mit dem spanischen Renaissancemusikensemble Capella de la Torre und dem Kammerchor Feldkirch. Auch zwei Kinderkonzerte „Die Bremer Stadtmusikanten“, die Formate Salon Paula, TU Feldkirch und das traditionelle Morgenkonzert wird es heuer wieder geben.
Montforter Zwischentöne: 10. November bis 7. Dezember, Feldkirch.