Kultur

Fokus auf Fair Pay und junge Künstler

17.11.2023 • 23:00 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Die verantwortlichen Entscheidungsträger bei der Präsentation der neuen Kulturstrategie. <span class="copyright">hartinger</span>
Die verantwortlichen Entscheidungsträger bei der Präsentation der neuen Kulturstrategie. hartinger

Gestern wurde in der Galerie Lisi Hämmerle ein Updater der Kulturstrategie Vorarlberg vorgestellt, die als Orientierung für die künftige kulturpolitische Ausrichtung dienen soll.

Mit dem Fokus auf „Zwischenstopp und Neuausrichtung“ wurde bei der Kulturenquete des Landes Vorarlberg im Oktober 2022 über faire Bezahlung in der lokalen Kunst- und Kulturszene debattiert. Heuer im Mai wurden schließlich die Ergebnisse einer 2021 in Auftrag gegebenen Studie zu den Lebens- und Einkommensverhältnissen Kunstschaffender präsentiert, mit dem damaligen Ziel, diese als wissenschaftliche Grundlage für politische Entscheidungen auch bezüglich der weiter zu entwickelnden Kulturstrategie heranzuziehen. Dieses Update der Kulturstrategie gibt es nun in gedruckter Form zusammen mit zwei anderen Publikationen: Eine Dokumentation der Kultur­enquete Vorarlberg 2022 sowie ein verkürzter Bericht der bereits publizierten Studie zu den Lebens- und Einkommensverhältnissen Vorarlberger Kulturschaffender.

Weitergedrehte Welt

Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink (Kulturreferentin der Vorarlberger Landesregierung), Winfried Nußbaummüller (Leiter der Abteilung Kultur im Amt der Vorarlberger Landesregierung) sowie die Experten des Strategieteams Edgar Eller (Kulturmanager und Prozessbegleiter), Eva Häfele (Sozialwissenschaftlerin) und Fabian A. Rebitzer (Forschungsgruppe Empirische Sozialwissenschaften, FH Vorarlberg) haben sich gestern in der Galerie Lisi Hämmerle zur Präsentation der neuen Strategie zusammengefunden. Mit der Kulturstrategie will die Politik auf globale Veränderungen und Krisen, welche auch Auswirkungen auf Vorarlberg mit sich bringen, und die immer präsenter werdende kulturelle und gesellschaftliche Vielfalt reagieren und Social Media sowie aktuelle ökologische und umweltpolitische Themen berücksichtigen. „Es sind sieben Jahre (seit der letzten Kulturstrategie 2015, 2016; Anmerkung der Redaktion) vergangen, in denen sich die Welt auch weitergedreht hat – auch so, wie wir es gar nicht wollten“, sagt Schöbi-Fink.

Die verantwortlichen Entscheidungsträger bei der Präsentation der neuen Kulturstrategie. <span class="copyright">hartinger</span>
Die verantwortlichen Entscheidungsträger bei der Präsentation der neuen Kulturstrategie. hartinger

Breiteres Publikum

Künftig sollen neue Impulse gesetzt werden, darunter vor allem die schrittweise Umsetzung von Fair Pay und die Ausrichtung auf ein jüngeres Klientel. Um die Teilhabe von Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu verstärken, seien auch die Ergebnisse einer Jugendbefragung des Jugendinformationszentrums Vorarlberg aha und verschiedener Workshops in die Strategie eingeflossen. Interessante Resultate seien etwa, dass sich 40 Prozent der befragten Jugendlichen selbst als Kulturschaffende begreifen und ein viel breiteres Verständnis von Kultur haben, welches sich auch auf ihre Lebensrealität bezieht, in der Körper- oder Ernährungskultur genauso wie auch das kreative Gestalten auf sozialen Medien inkludiert sind, erklärt Eva Häfele.

Außerdem haben sich die Verantwortlichen darüber Gedanken gemacht, wie man auch das „Nicht-Publikum“ trotzdem als Publikum für unterschiedliche kulturelle Formate gewinnen könnte. „Das Nicht-Publikum als solches gibt es schon mal gar nicht“, sondern unterscheide sich von Museum zu Museum sehr stark. Zudem hätten Umfragen ergeben, dass die Bevölkerung in Vorarlberg „offen und interessiert ist am Bereich Kunst und Kultur“. Es sei eine große Wertschätzung für diesen Bereich vorhanden, sagt Rebitzer. Inwieweit die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit angesprochen werde, sagt Nußbaummüller: „Kunst und Kultur für alle gibt es nicht, weil gutes kulturelles Angebot braucht auch eine inhaltliche Fokussierung und damit erreicht man nur ein gewisses Publikum.“

Ein verwaltungstechnisches Problem zeigte sich bei der Finanzierung von genreübergreifenden Kulturkonzepten, wo Förderungen nicht so einfach auf die verschiedenen Teilbereiche aufgesplittet werden könnten, beschreibt Eller. Zudem seien die behördlichen Auflagen für Raumnutzungen in der Praxis nicht sinnvoll an die tatsächlichen Notwendigkeiten angepasst.

Flexiblere Stipendien

Auch aufgrund dieser Strategie – „Jetzt ist es hinterlegt, jetzt wissen wir, wofür, warum wir was brauchen“, so Schöbi-Fink – werde das Landesbudget im Hinblick auf die Umsetzungsschritte in der Fair-Pay-Strategie erhöht werden. Konkret erhöht wird das Ankaufsbudget des Landes für zeitgenössische Kunst um 50.000 Euro, das Budget für Double-Check (die Schnittstelle zwischen der Kunst und Kultur und der Bildung und den Schulen) um 80.000 Euro, außerdem wird das Stipendienbudget erhöht, wobei die Stipendien im Hinblick auf den Stipendienort anders organisiert und flexibler sowie auch spartenübergreifenden gestaltet werden sollen. Zudem ist von neuen Formaten, prozessbezogenen und längeren Stipendien die Rede. Auch hier soll ein Fokus auf jüngere Kunstschaffende gesetzt werden.

Bereit zur Umsetzung

Einige der strategischen Ansatzpunkte seien bereits in Vorbereitung oder Umsetzung. 2023 wurde das Vorarlberger Kulturbudget um rund 2,4 Prozent erhöht, was wegen der Teuerung einer Kürzung um sieben Prozent gleichkam. 2024 erhöht sich „das Kulturbudget des Landes im engeren Sinn“ um 10,5 Prozent“, erläutert Nußbaummüller. Das reine Förderbudget der Kulturabteilung betrage um die 27 Millionen, wobei noch mehr Mittel in anderen Ressorts für Kunst und Kultur „im Budget versteckt“ seien, sagt Schöbi-Fink.

Auf Kritik, dass die Erhöhung aufgrund der Inflation quasi ein Gleichbleiben des Geldes bedeute, sagt die Landesstatthalterin, „es hätte sie überrascht, wenn damit alle zufrieden gewesen wären“. Was Fair Pay betrifft betont Nußbaummüller: „Fair Pay ist nicht abgeschlossen“, sondern die Situation verändere sich ständig.