Eine pure Farbenpracht, die berührt

In der ARTspace gallery-T-69 in Hohenems ist derzeit die Gemeinschaftsausstellung SELECTed 12 zu sehen.
Von Daniel Furxer
Kunst gehört nur ins Museum. Nein, weit gefehlt. Kunst wirkt und berührt Menschen auch und gerade im öffentlichen Raum, nämlich an Orten, an denen sie von Kunst überrascht werden. So auch im ARTspace der gallery-T-69 in Hohenems im at & co regionales zentrum ems in der Franz-Michael-Felder-Straße 6.
Der Schwerpunkt an diesem Standort liegt auf Sozialdienstleistungen, Bildung, Technik und ergänzenden Wirtschaftsdienstleistungen. Auf drei Etagen mit insgesamt 170 Laufmetern Hängefläche und zehn Quadratmetern für Skulpturen kann man hier allerdings auch – während man zum Beispiel auf seinen Arztbesuch wartet – Bilder und Objekte von 15 Künstlerinnen und Künstlern sehen, die aus Vorarlberg, der Schweiz und Deutschland kommen.
“Weltempfänger”
Ein Beispiel sind die Objekte von Walter Zingerle. Es sind Plastikköpfe, die mit Materialen bestückt wurden, die ansonsten weggeworfen werden. So etwa die 400 Radioantennen, die beim Objekt „Weltempfänger“ angebracht wurden, oder alte Sicherungsschraubkappen, ebenfalls auf einen Plastikkopf montiert. Zingerle verbindet dabei seinen ehemaligen Beruf als Umweltberater der Stadt Bludenz mit dem des Künstlers, indem er aus Abfall eindrucksvolle Kunst schafft.
Mit einem ganz anderen Material arbeitet Gerd Stritzel aus Ravensburg. Er malt Porträts von Kaffeebohnenpflückerinnen und -pflückern auf braune Kaffeesäcke aus Jute, die er von seinen Reisen mitnimmt. Die farbenfrohen und lächelnden Menschen stehen dabei im scharfen Kontrast zu ihrer harten Arbeit auf der Plantage. Auf seinen Reisen durch Kambodscha, Kuba, Katar oder Sri Lanka begegnete Stritzel Menschen, die er fotografisch porträtierte und in ihrem kulturellen Umfeld darstellte.

Hommage
Andreas Ender, Kurator und Mastermind der ARTspace gallery-T-69, ist bei dieser Ausstellung unter anderem mit seinem Konzept „#iseevulvaseverywhere“ präsent. „Die Natur ist voll von Formen, die Vulven ähnlich sehen. Es ist eine symbolische Hommage an die Vielfalt, Schönheit und Ästhetik jeder einzelnen Vulva. Ich will dabei nicht sexualisieren, sondern enttabuisieren!“, so der Künstler. Mit diesem Projekt ist er bereits zum achten Mal für die photoSchweiz ausgewählt worden, die von 12. bis 16. Jänner 2024 in Zürich in der Halle 550 stattfinden wird.
„Seit 1986 bin ich Künstler und habe oft gesehen, wie schwer es andere haben, ihre Werke zu vernünftigen Preisen auszustellen. Das hat mich auf die Idee gebracht, im öffentlichen Raum eine Galerie zu kreieren“, erklärt Andreas Ender. Er startete 2021 in Hohenems und hat es in zwei Jahren bereits auf zwölf Ausstellungen mit insgesamt 158 Künstlerinnen und Künstlern gebracht.
Netzwerk
Ausstellen kann jeder und jede, der/die sich bewirbt und von der vierköpfigen Jury – neben Ender sind das noch Manuel Lunardi, Elfi Raith und Agi Huber – angenommen wird. Andreas Ender spricht Künstlerinnen und Künstler aber auch persönlich an und ermutigt sie, ihre Werke auszustellen. „Ich versuche, für sie hier ein Netzwerk und eine Community zu schaffen, in der sie sich austauschen können und so neben der Ausstellung ihrer Werke einen zusätzlichen Benefit haben“, erklärt Ender.
Akademische Ausbildung braucht es keine, um im ARTspace der gallery-T-69 auszustellen. Die Möglichkeit ist, unabhängig von Vorerfahrung und Lebenslauf, sehr niederschwellig. Und das macht auch den Reiz dieser Gemeinschaftsausstellung aus. Sie zeigt in ihrer Vielfalt sehr schön, was Kunst von Künstlerinnen und Künstlern aus der Region im 21. Jahrhundert zu leisten imstande ist. Sie berührt, regt zum Nachdenken an oder gefällt durch die pure Farbenpracht.
Die aktuelle Ausstellung ist noch bis 13. Jänner zu sehen. Infos: www.gallery-t-69.com, Kontakt und Bewerbung: artspace@gallery-t-69.com