Kultur

Kindheit und Jugend im Nazi-Haushalt

17.01.2024 • 23:00 Uhr
Szene aus "Die Erwachsenen", Kosmodrom".  <span class="copyright">Mandy Hanke</span>
Szene aus "Die Erwachsenen", Kosmodrom". Mandy Hanke

Die Uraufführung einer Familiengeschichte ist am Donnerstag Abend im Theater Kosmos in Bregenz zu erleben.

Alle glücklichen Familien sind einander ähnlich, jede unglückliche Familie ist unglücklich auf ihre Weise“, schreibt Leo Tolstoi als ersten Satz in seinem Roman „Anna Karenina“. Das berühmte Zitat steht am Anfang der Informationen zur neuen Produktion des Theater Kosmos „Die Erwachsenen“ von Irene Diwiak.

Die 1991 geborene österreichische Schriftstellerin hat mit diesem Stück den zweiten Platz beim „Ingo & Ingeborg Springenschmid“-Preis gewonnen, der 2022 zum ersten Mal ausgeschrieben wurde. Es handelt sich – wie das eingangs erwähnte Zitat schon andeutet – um eine Familiengeschichte, deren Uraufführung heute Abend im Rahmen des Kosmodrom in Bregenz zu erleben ist.

Es geht um ein Geschwisterpaar und die Frau des Mannes.  <span class="copyright">Hanke</span>
Es geht um ein Geschwisterpaar und die Frau des Mannes. Hanke

Herkunft

Die Figuren in „Die Erwachsenen“ sind das Geschwis­terpaar Thore und Swintha und Thores Frau Theresa. Die Geschwister sind in einem rechtsradikalen Haushalt aufgewachsen, Thore ist dieser Ideologie teilweise treu geblieben. Seine Schwester ist ausgestiegen. Theresa ist hingegen in einem Heim aufgewachsen.

Inszeniert wird diese Uraufführung von der Schauspielerin und Regisseurin Sabine Lorenz. „Mir geht es darum, dass es nicht schwarz-weiß ist“, erklärt sie ihren Ansatz. Klar könne man in diesem Fall auch mit „die Gute, der Nazi und die Naive“ arbeiten, aber „jeder und jede hat eine Vergangenheit“, so Lorenz.

Regisseurin Sabine Lorenz.  <span class="copyright">Steffen Roth</span>
Regisseurin Sabine Lorenz. Steffen Roth

Familiengeheimnis

Alle drei hätten Entwicklungen durchgemacht, alle hätten Ängste und Sorgen und würden sich durch ihr Leben kämpfen, sagt die Regisseurin. Ihr gehe es darum, die Tiefe der Figuren auszuloten. Sympathisch sind sie ihr alle drei, meint sie auf Nachfrage. Da sind die mit Nazi-Eltern aufgewachsenen Geschwister mit dunklem Familiengeheimnis, die sich als Erwachsene ganz unterschiedlich entwickelt haben. Dort ist die im Heim aufgewachsene Theresa, die sich nach heiler Familie sehnt.

„Die Erwachsenen“

Von Irene Diwiak.

Mit Katharina Dalichau, Caroline M. Hochfelner, Boris Schumm,

Regie Sabine Lorenz, Bühne Mandy Hanke, Kostüme Nicole Wehinger, Dramaturgie Huber Dragaschnig.

Uraufführung heute, 18. Jänner, 20 Uhr, Theater Kosmos Bregenz. Weitere Vorstellungen 19., 20., 24., 25. und 26. Jänner, jeweils 20 Uhr.

Karten: theaterkosmos.at

„Ich habe mich auch gefragt, ab welchem Alter man Verantwortung übernehmen muss“, erzählt Lorenz, „und ob man das überhaupt kann, wenn man so infiltriert wird.“ Der Auftritt der Schwester birgt vielleicht die Möglichkeit für den Bruder, sich von der rechten Ideologie abzuwenden.

Szene aus "Die Erwachsenen".  <span class="copyright">Hanke</span>
Szene aus "Die Erwachsenen". Hanke

Theresas Ansinnen, sich eine Familie zu schaffen, sei verständlich, beschreibt die Regisseurin diese Figur. „Und so wie ich es inszeniere, haben es Thore und sie gut miteinander. Sie haben es sich eingerichtet.“ – auch wenn es in der Vergangenheit einige dunkle Flecken gibt.

Eigene Bilder

Mit „Die Erwachsenen“ hat die Regisseurin ein Stück zum Bearbeiten, das noch nie aufgeführt wurde. „Eine Uraufführung ist schon freier, weil man frischer an etwas herangehen und eigene Bilder entwickeln kann“, beschreibt sie den Unterschied zu einer Inszenierung eines schon vielfach aufgeführten Stücks. „Beides ist reizvoll, aber eine Uraufführung vielleicht noch ein bisschen reizvoller.“