Kultur

Zukunftsfragen in Bild und Beton

22.01.2024 • 19:28 Uhr
Tinzls und Werners Werke "Looming at the horizon" im Kunstforum Montafon.<span class="copyright">Roland Haas</span>
Tinzls und Werners Werke "Looming at the horizon" im Kunstforum Montafon.Roland Haas

Die Ausstellung im Kunstforum Montafon zeigt eine Gegenüberstellung der Künstler Johanna Tinzl und Andreas Werner.

Mehr als ein Jahr im Vorhinein sei die Ausstellung „Looming at the Horizon“ geplant gewesen, bevor Johanna Tinzl und Andreas Werner im Duo Anfang Dezember ihre Arbeiten präsentierten. Ihre Werke haben sie in gemeinsamer Absprache teilweise extra für die Gegebenheiten in Schruns angefertigt und aufeinander abgestimmt. Auch für den künstlerischen Leiter Roland Haas sei es interessant, „wie Künstler heute umgehen“ und im Raum Veränderungen bewirken.

Johanna Tinzl bei der Arbeit für den Abguss des Vermuntgletschers <span class="copyright">Hugo Tinzl</span>
Johanna Tinzl bei der Arbeit für den Abguss des Vermuntgletschers Hugo Tinzl

Das mittlerweile 20jährige Konzept der Gegenüberstellung von zwei Künstlern habe auch diesmal wieder erfolgreich funktioniert und die Ausstellung wird nun bis 11. Februar verlängert. Wie so oft habe Haas die beiden Künstler in Wien gefunden, wo das Kunstforum ein gutes Image habe, denn Absagen bekomme er eigentlich nie, erzählt Haas im Interview.

Gletscherschmelze

Johanna Tinzl habe mit ihren Skulpturen von Gletscherabgüssen schon das „perfekte“ Thema gehabt, das inhaltlich auch zu vergangenen Ausstellungen passe, die sich immer wieder um Ökologie und den Klimawandel drehen. Filmisch verhandelt die Künstlerin Zukunftsfragen, Geister und Gespenstern sowie die Volks- beziehungsweise Folklorekultur im alpinen Raum. Zudem beschäftigt sie sich auch mit der Problematik der Gletscherschmelze, indem sie vor Ort maßstabgetreue Umrissformen der Gletscher mit Alabastergips anfertigt und daraus in ihrem Atelier in Wien Skulpturen aus Beton herstellt.

Somit wird auch das Material selbst Teil ihrer kritischen Auseinandersetzung, denn genau die Zementherstellung sei für „für bis zu 9 Prozent aller vom Menschen verursachten CO2-Emissionen verantwortlich.“ In diesem „Archiv des Verschwindens“ hat Tinzl seit 2019 Abgüsse der isländischen Gletscherzunge „Sólheimajökull“, des Gepatschferners im Kaunertal, des Schalfferners im Ötztal und der Pasterze am Großglockner gesammelt und 2023 auch den Vermuntgletscher der Silvretta künstlerisch archiviert. Trotz des robusten und unverwüstlichen Materials erscheinen Tinzls Skulpturen im Kunstforum Montafon fragil wie Spinnentiere, wo sie auf langen dünnen Beinen befestigt zwischen den hybriden Zeichnungen von Andreas Werner eine spannende Wirkung erzeugen.

„Es ist für mich als Kurator jedes Mal sehr interessant mitzuerleben, wie die beiden Persönlichkeiten aufeinander künstlerisch und dann gemeinsam auf den Ausstellungsraum reagieren.“

Roland Haas, Kurator

Hybride Wesen

Andreas Werner ist ein Künstler, der Haas mit seinen Werken auf besondere Weise beeindruckt habe. Seine großformatige Bleistiftzeichnungen hängen an den Wänden des Kunstforum Montafon, gegenüber sind selbst gebaute käfigähnliche Vitrinen in den Raum gestellt. Seit 2017 arbeitet der Künstler an einer Serie großformatiger Zeichnungen mit ungewöhnlichen Konfigurationen, die zwischen Architektur und Skulptur, Rakete und Roboter angesiedelt sind und dystopische Stimmungen beinhalten.

Die leicht bedrohlich wirkenden Darstellungen von Figuren in Kampf- und Angriffspositionen weisen einerseits auf prähistorische Vergangenheiten, während sie gleichzeitig durch abgebildete Mensch-Maschinen-Wesen sowie deren Interaktionen auf interessante Weise fiktive Zukunftsszenarien durchspielen. Die neueren Arbeiten hat der Künstler außerdem auch farblich gestaltet.