Besondere Klangreisen mit Leo McFall

Beim Konzert des Symphonieorchesters Vorarlberg waren im Bregenzer Festspielhaus Thomas Larchers „A Padmore Cycle“ und „Eine Alpensinfonie“ von Richard Strauss zu erleben.
Beim jüngsten Konzert des Symphonieorchesters Vorarlberg unter seinem Chefdirigenten Leo McFall waren nicht nur zwei höchst unterschiedliche Werke in riesigen klangfarbenreichen Besetzungen zu erleben, es gab auch einiges zu sehen an Instrumenten, die nicht so üblich sind: „A Padmore Cycle“ von Thomas Larcher und „Eine Alpensinfonie“ von Richard Strauss könnten dabei unterschiedlicher nicht sein, spielt doch der eine mit der Konzentration in der Fülle, der andere mit der Opulenz des spätromantischen Orchesters.
Aufbrüllender Klangkörper
Der Tiroler Komponist Thomas Larcher, der ja intensiv mit dem SOV und auch den Bregenzer Festspielen verbunden ist, hatte seinen „A Padmore Cycle“ 2014 für Tenor und großes Orchester erweitert und das Orchester in einen oft zauberisch wispernden, manchmal aufbrüllenden Klangkörper verwandelt. Die zuweilen nur eine Zeile langen Textfragmente von Hans Aschenwald und Alois Hotschnig haben ihn zu einer enorm farbenreichen Musik inspiriert, die sich manchmal aus der Volksmusik mit Jodleranklängen, Akkordeon oder Glockentönen speist.

Das erste Lied ist, kaum hat der Sänger eingeatmet, schon vorbei und zerstoben, den Ursprung mancher Klänge kann man kaum orten und man wird verzaubert vom Flüstern, Fauchen, Raunen der Instrumente, von der Zerbrechlichkeit der Solovioline von Konzertmeisterin Michaela Girardi oder den schwebenden Klängen von Celesta und Xylophon. Sparsam gesetzt, aber dann überwältigend mit ihren Schlagwerkexplosionen sind die Steigerungen, auf den Schrecken und das „organisierte Chaos“ folgen feinstoffliche Obertonklänge und zum Schluss auströpfelnde Einzeltöne.
Der Wiener Tenor Ilker Arcayürek lässt sich mit seiner schlank geführten, lyrischen und auch textdeutlichen Stimme auf diese Komposition ein, die ja vom besonderen Timbre des britischen Tenors Mark Padmore inspiriert ist. Mit Leichtigkeit, Intensität, Biegsamkeit und Leuchtkraft im Falsett macht auch er diese Lieder zum Klangerlebnis. Leo McFall, der so klar und umsichtig agierende Dirigent, hat sich die quadratmetergroße Partitur zu eigen gemacht und nimmt sein Orchester und das Publikum mit auf diese besonderen Klangreisen.
Vielfältige Tongemälde
Nach der Pause geht es mit der noch größer besetzten „Alpensinfonie“ in die Heimat von Richard Strauss, der sich in Garmisch eine Villa gebaut hatte und das Wettersteingebirge mit der Zugspitze stets vor Augen hatte. Seine klingende Bergtour voller Schönheiten und Gefahren ist getragen von den flutenden Klängen der vielfach besetzten Holz- und Blechbläser, des großen Streicherapparats und diverser Schlaginstrumente: vom gleißenden Sonnenaufgang, bei dem Richard Wagner deutlich grüßt, zu den Fanfaren einer Brassbanda, die hinter der Bühne zur Jagd aufspielt, zu den fein zerstäubenden Klängen von Triangel und Harfe beim Wasserfall erzeugen Dirigent und Orchester vielfältigste Tongemälde.

Auch hier gibt es Jodlerklänge auf der Alm oder kammermusikalische Episoden mit innigem Violinsolo. Der Einsamkeit am Berggipfel entsprechen die Girlanden der Solooboe über zartem Streichertremolo, der großartige Ausblick spiegelt sich in der Majestät der Blechbläser. Der Operndramatiker und Orchestermaler Strauss schöpft hier aus dem Vollen und schenkt den hochmotivierten Musikerinnen und Musikern zu Gewitter und Sturm ein Fest mit Windmaschine und Donnerblech, mit rasenden Paukenwirbeln und warm getönten Choralhymnen in der Schilderung des Sonnenuntergangs.
Leo McFall ermöglicht seinem Orchester die Begegnung mit diesem fulminanten Werk, legt die großen Steigerungen mit langer Hand und knackigen Explosionen an und führt mit großem Atem zurück zu den süßen Klängen eines Abendgebets und den Klangmischungen des nächtlichen Ausklangs. Alle Stimmführer und Instrumentengruppen werden hervorgehoben und bejubelt, der größte Dank von Orchester und Publikum aber geht an den strahlenden Chefdirigenten, der das SOV einmal mehr zu neuen Höhenflügen geführt hat.
Konzert 5: Felix Mendelssohn Bartholdy, 6. April, Bregenz, 7. April, Feldkirch.
Von Katharina von Glasenapp