Kultur

Wiener Symphoniker lassen in Bregenz “die Sonne aufgehen”

05.08.2025 • 15:09 Uhr
Orchesterkonzert
Petr Popelka dirigiert mit großer Konzentration und feiner Gestik. Schnalzger

Mao Fujita, Petr Popelka und die Wiener Symphoniker entfalten Rachmaninow und Strauss mit Präzision und Poesie.

Bei ihrem dritten und bereits letzten Orchesterkonzert zeigten die Wiener Symphoniker ihre enge Verbundenheit mit ihrem neuen Chefdirigenten Petr Popelka: als Solist im dritten Klavierkonzert von Sergej Rachmaninow begeisterte der 26-jährige japanische Pianist Mao Fujita, im zweiten Teil stand das große Orchestergemälde „Also sprach Zarathustra“ von Richard Strauss auf dem Programm.

Messerscharfe Akkorde

Seit Jahren schon macht der Pianist, der in seiner Heimat und zuletzt bei Kirill Gerstein an der Hanns-Eisler-Hochschule in Berlin studierte, mit Erfolgen bei renommierten Wettbewerben und einer Fülle von Debüts in den großen Konzerthäusern auf sich aufmerksam. Rachmaninows drittes Klavierkonzert gibt ihm die Gelegenheit, sowohl seine Anschlagskultur im Lyrischen als auch die messerscharfen Akkorde zu präsentieren: versunken in sich wirkt er, aber ungemein fokussiert und konzentriert. Dieses „Elefantenkonzert“, wie der Komponist selbst es nannte, lässt dem Solisten in rund 45 Minuten Aufführungsdauer nur wenige Momente der Entspannung, eng ist die Verbindung mit dem großen Orchesterapparat.

Orchesterkonzert
Der 26-jährige Pianist Mao Fujita.Schnalzger

Vom warmen Klang ins Trommelfeuer

So beginnen Fujita, die Wiener Symphoniker und Popelka das Konzert in traumwandlerischem Fließen und in einem warmen Klang, atmend und mit fein austarierten Rubati gestalten sie den vielstimmigen Dialog. Popelka ist sehr aufmerksam mit dem Solisten verbunden, die intensiven Steigerungen, die in gefährliches Trommelfeuer münden, wirken organisch, ebenso die Rückkehr zu samtenen Klängen. Im langsamen Satz entwickeln sich über der Streichergruppe schöne Soli vor allem bei den Holzbläsern und den Hörnern, der Pianist ist eingebettet in den vollen Orchesterklang und führt zugleich das Geschehen an. Seine so selbstverständlich wirkende Virtuosität spielt Mao Fujita im drängenden Finalsatz mit blitzenden Staccati, aber auch geisterhaft verschleierten Akkorden aus. Solist und Orchester rollen einen breiten Teppich stolzer Jubelklänge aus, die direkt in den begeisterten Applaus des Publikums münden. Fujita bedankt sich mit strahlendem Lächeln und der denkbar zartesten Zugabe, mit der alle Gemüter zur Ruhe kommen.

Orchesterkonzert
Schnalzger

Heftige Hammerschläge

Den Anfang von „Also sprach Zarathustra“ kennt jeder – doch diesen in Töne gegossenen gleißenden Sonnenaufgang, die Fanfaren, das Dröhnen der Orgel und des von zwei Basstuben gelieferten Klangfundaments live zu hören und dazu das „Ballett“ des Schlagwerkers mit den Becken zu sehen, ist großartig. Zumal Richard Strauss in seiner Tondichtung frei nach Nietzsche trotz großer Besetzung den Klang danach immer wieder ausdünnt und kammermusikalisch führt. Der tschechische Dirigent, der selbst lange Jahre als Kontrabassist im Orchester spielte, mischt Farben und Register, lässt Solistinnen und Solisten aufblühen und wieder mit dem Orchester verschmelzen. Mal treten die Stimmführer der Streicher mit einem silbrig beweglichen Spiel hervor, mal schaukelt sich das Ganze mit breiten Themen und brausendem Tutti hoch. Mal ahnt man die süße Terzenseligkeit aus dem „Rosenkavalier“ voraus, mal zwitschern die Flöten in einem Vogelkonzert, mal grundieren zwei Harfen den Aufschwung der Solovioline von Konzertmeister Dumitru Pocitari. Heftige Hammerschläge auf eine Glocke weichen einem zarten Decrescendo mit Terz-Sext-Klängen, den heiklen Schluss mit zartem Holzbläserpianissimo über Basstupfern gestaltet Popelka mit großer Konzentration und feiner Gestik.

Orchesterkonzert
Schnalzger

Das Publikum feierte „sein“ Festspielorchester, der Dirigent gab allen Solistinnen und Solisten und allen Orchestergruppen den ihnen gebührenden Einzelapplaus.

Katharina von Glasenapp