Armenische Kunst eines „Weltbürgers

Die in Schruns lebende Enkelin des renommierten armenischen Künstlers Artashes Hunanyan bringt seine Werke erstmals nach Österreich.
Sona Andreasyan erinnere sich an ihren Großvater als Mensch, „der nicht sehr viel erzählt hat“ und seine Bilder oft auch nicht signierte. „Für ihn war das alles nicht so wichtig“, – ein Umstand, der dreißig Jahre nach dem Tod des bekannten armenischen Künstlers Artashes Hunanyan die Recherchen durchaus erschwerte. Die Ausstellung wurde gestern in der Map Kellergalerie in Schruns eröffnet und präsentiert neben den fantasievollen Gemälden auch die Möglichkeiten der internationalen Vernetzung von Kunstschaffenden.

Künstlerisch verbunden
Auf eine Einladung der Map Kellergalerie kam die Fotografin und Musikwissenschaftlerin Sona Andreasyan (die nun auch Hunanyans Ausstellung kuratiert hat) im Jahr 2018 zusammen mit anderen armenischen Künstlern nach Schruns, um dort im künstlerischen Austausch auf das Schicksal der Stadt Gyumri aufmerksam zu machen, die im gewaltigen Erdbeben 1988 fast vollständig zerstört wurde. Ein Jahr später war sie erneut für einen dreimonatigen Artist in Residence-Aufenthalt in Schruns, wo sie ihren Mann kennenlernte und nun seit 2020 ihren Lebensmittelpunkt hat. Anlässlich des dreißigsten Todesjahres werden nun erstmals in Österreich Hunanyans Werke präsentiert.

Hunanyans Schaffensphase
Bekannt wurden die Aquarellbilder auch für die spezielle technische Umsetzung – in ihrer komplexen Konsistenz wirken die Arbeiten wie Ölmalereien. Die über 40 ausgestellten Bilder stammen aus dem Archiv seiner in Armenien lebenden Tochter Anahit Hunayan (Andreasyans Mutter) und erlauben Einblicke in Hunanyans mittlere Schaffensphase. Sie zeigen jedoch nur einen „ganz winzigen Teil“ des Künstlers, denn der Großteil der Werke befinde sich in den Vereinigten Staaten, wohin Hunanyan 1991 mit seiner Familie kurz vor seinem Tod auswanderte, erzählt Andreasyan im Interview.

Gemalt hat der 1994 verstorbene Künstler Natur und Architekturlandschaften von Armenien und baltischen Ländern, in denen die Realität ins Phantastische übergeht und dadurch lebendige und ausdruckstarke Stimmungen entstehen.

Spiritueller Mensch
Thematisch und technisch habe er aber viel ausprobiert und auch abstrakte Bilder gemalt, sagt Andreasyan. In den Werken finden sich viele kirchliche und spirituelle Symbole, „er war ein ganz religiöser Mensch und sehr mit seiner armenischen Kultur verbunden“, die auch in Form von Tänzen oder Kirchenlieder in seine Arbeiten eingeflossen seien.

Trotzdem habe er sich als ein „Bürger der Welt“ gesehen und sich für andere Religionen und Länder interessiert – auch für Yoga – was in der sowjetischen Zeit unüblich gewesen sei. Die in Schruns ausgestellten Werke entstanden zwischen 1950 und 1980 – noch vor dem Zerfall der Sowjetunion.
Vertreter der sowjetischen armenischen Kunst
Hunanyan wurde 1922 geboren und lehrte nach Abschluss seines Studiums an der Pädagogischen Hochschule in Jerewan. Daneben arbeitete er als freischaffender Künstler und hat seit 1950 an nationalen und internationalen Ausstellungen teilgenommen, was mit den damaligen Beschränkungen „nicht selbstverständlich“ gewesen sei, beschreibt Andreasyan. Als Mitglied der Künstlerunion sei er jedoch ausgewählt worden, um die sowjetische armenische Kunst im Ausland zu präsentieren.
Zur Ausstellung erscheint auch eine Publikation, in der Hunanyan als Künstler, aber auch als Mensch nachgespürt wird.
Bis 12. Mai; Buchpräsentation am 18. April 19:30 Uhr, Map Kellergalerie, Schruns.