Kultur

Vom Handwerk und seinen Menschen: das neue Museum Bezau

18.04.2024 • 23:00 Uhr
Museum Bezau
Museumsleiterin Theresia Fröwis. Miriam Jaeneke

Das sanierte und erweiterte Museum in Bezau wird heute eröffnet und lädt am Wochenende zu Tagen der offenen Tür.

Von Miriam Jaeneke

Das über hundert Jahre alte Museum in Bezau war ein klassisches Heimatmuseum. Nun wurde es nach den Plänen der Architekten Innauer Matt einer Verjüngungskur unterzogen. In einem stilgerechten Anbau aus Holz werden jetzt die Bregenzerwälder Barockbaumeister in Szene gesetzt. „Die Barockbaugeschichte ist Teil der Bregenzerwälder, der Bezauer Heimatgeschichte“, sagt Ausstellungskurator Bruno Winkler. Bereits im Eingangsbereich wird mit einigen Exponaten auf das Thema Barockbaumeister hingewiesen, um damit Lust auf mehr zu machen.

Museum Bezau
Ausstellungskurator Bruno Winkler. Miriam Jaeneke

„Die Gründerin dieses ersten Heimatmuseums vor über 100 Jahren war eine Frau. Die Wichtigkeit der Frauen zieht sich durch die Ausstellung. Wir wollten uns von der männerlas­tigen Geschichtsschreibung etwas verabschieden“, erklärt Winkler. So ist ein Teil eines Trachtenrocks ausgestellt – mit 150 von insgesamt pro Rock 500 von Hand gemachten Falten. Die Juppenschneiderin Maria Meusburger muss zur Herstellung der Tracht mindestens neun verschiedene Handwerke beherrschen – vom Sticken bis zum Goldschmieden.

Anregende Spots

Den Museumsmachern rund um dessen Leiterin Theresia Fröwis geht es nicht um die lückenlose Darstellung von Geschichtlichem. Eher darum, anregende Spots zu werfen. Darum, den Stolz der Bezauerinnen und Bezauer zu zeigen, und worin ihr Heimatgefühl wurzelt. Die Besucherinnen und Besucher sollen danach mit offenen Augen durch den Bregenzerwald gehen – und in die Sakralbauten etwa in Süddeutschland. Viele von ihnen wurden nämlich durch Bregenzerwälder Handwerker geschaffen. Das Museum geht aber auch in die Breite. So finden sich auf Bildschirmen im ersten Stock heutige Bregenzerwälder Frauen, die unterschiedlichste Handwerksberufe ausüben: Schuhmacherin, Dachdeckerin und so weiter.

Museum Bezau
Blick in die Ausstellung. Julian Schmelzinger

Beim Kuratieren kam Winkler entgegen, dass die Bregenzerwälder Fotografin Hedwig Berchtel ein umfangreiches Fotoarchiv hinterlassen hat. Sie dokumentierte zum Beispiel die Heimarbeit der Frauen. Im 18. und bis ins 20. Jahrhundert bedienten die Wälderinnen zu Hause Stickmaschinen und lieferten das Ergebnis an Schweizer beziehungsweise Rheintaler Unternehmen ab. Auf diese Weise verdienten sie nicht selten deutlich mehr als ihre Landwirtschaft betreibenden Männer.

Arbeit im Ausland

In der Barockzeit kümmerten sich die Frauen in der warmen Jahreshälfte um Haus, Hof, Kinder und Geld, während die Männer aufgrund der großen Armut auswärts Arbeit suchen mussten. Sie nutzten den Bauboom der katholischen Kirche in Süddeutschland, der Schweiz und dem Elsass im 17. und 18. Jahrhundert.

Die Wallfahrtskirche im deutschen Birnau, die Abteikirche von Ebersmünster im Elsass, die Kirchen der Klöster St. Gallen und Einsiedeln in der Schweiz sind von Baumeistern, Bauhandwerkern und Stuckateuren aus Au und umliegenden Orten erschaffen worden. Sie waren an rund 800 Bauwerken betei­ligt und haben in der Barockzeit rund 4000 Lehrlinge ausgebildet. „Das war eine hochqualifizierte Lehrlingsausbildung. Die Lehrlinge wurden nicht nur fachlich, sondern auch als Menschen gebildet“, erzählt Winkler.

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Einzelne Objekte in Kästen. Heidi Kurz

Im Museum sind auch immer wieder einzelne Objekte ausgestellt, wie Originalhandschriften oder im obersten Stock ein Puzzle mit Holzkirchen, die dem jeweiligen Grundriss zugeordnet werden können – ein Spiel fürs Auge und für die kleinen Gäste.

Beim Neubau wurde viel über das richtige Verhältnis von stillem Konsumieren und aktiver Beteiligung nachgedacht, von klassischen Informationswegen und modernen Medien. Gearbeitet wurde mit hochwertigen Materialien wie leicht lasierter Fichte. Die Räume wirken leicht und luftig. Auch sollte es so wenige Barrieren wie möglich in vielerlei Hinsicht geben: Die Texte sind auf Englisch und Deutsch, ein Lift wurde eingebaut.

Museum Bezau
Ein Puzzle mit Holzkirchen ist im obersten Stock zu sehen. Heidi Kurz

Zum Wichtigsten des Projekts zählt aber das Netzwerk aller Beteiligten. So hat sich Elfie Bischof fürs Museum an die Stickmaschine gestellt – und ihre Familiengeschichte zusammengetragen. 1905 hatte Leopold Bischof in Bezau nämlich die erste Gardinenfabrik Vorarlbergs gegründet. Der Historiker Peter Fink hat wiederum in süddeutschen, Schweizer und österreichischen Archiven Schicksale rund um Bregenzerwälder Barockbaumeister recherchiert.

Das Handwerk wird im neuen Museum hochgehalten, auch das aktuelle: Eine Sonderausstellung widmet sich 150 Jahren Handwerkerverein Bezau.

Eröffnung des neuen Museums Bezau mit Tagen der offenen Tür: Samstag, 20. April, und Sonntag, 21. April, jeweils 10 bis 17 Uhr. Informationen unter www.museum-bezau.at