Kultur

Täuschungen durch „Götter der Maschinen“

25.04.2024 • 19:46 Uhr
Amphitryon
Maria Lisa Huber und Grégoire Gros in einer Szene von Alkmene und Jupiter. Anja Köhler

In der Regie von Angelika Zacek war am Mittwoch die Premiere von Amphitryon in Vorarlberger Landestheater zu sehen.

Als „Götter der Maschinen“ melden sich Jupiter und Merkur in der Gestalt der Künstlichen Intelligenz auf dem Olymp zu Wort und bringen Kleists vor 200 Jahren entstandenes Drama in die heutige Welt der Menschen, in der wir zwischen Echtheit und Fälschung oft genauso schwer unterscheiden können wie Alkmene in ihrer verhängnisvollen Situation. Ihre Amphitryons spiegeln sich nicht nur auf der tiefblauen Bühne, sondern auch in der gigantischen Diskokugel von oben. Das Volk drängt im Chor auf die Wahrheit und hingerissen von den Qualitäten eines optimierten Ehemanns, wählt sie den Falschen.

Amphitryon
Anja Köhler

Identitätsdiebe

Die Geschichte um Amphitryon und Alkmene geht zurück auf die griechische Mythologie, in dem der oberste olympische Gott Zeus als Gestaltenwandler die Menschen täuschte und mit Alkmene den Halbgott Herakles zeugte. Im von Heinrich von Kleist aufgegriffenen Stoff, der am Mittwoch in Bregenz Premiere hatte, sind es Jupiter und Merkur, die als Komplizen ein fieses Spiel mit den Menschen treiben, in dem die eigene Identität abhandenkommt, weil sie verdoppelt wird.

Ein schamlos höhnischer Merkur (Nico Raschner) erweist sich dabei als so guter Simulant, dass der arme Sosias (David Kopp) – von den Peitschenhieben des Doppelgängers – derart verschreckt wird, dass er am Ende nicht an der Existenz des anderen, sondern an sich selbst zweifelt, auch wenn „es nicht in meiner Macht steht, ein anderer sein zu wollen als der, der ich bin“. An Sosias Verstand zweifelt auch sein Feldherr Amphitryon, als sein Diener ihm entsetzt auf der Bühne die Ereignisse nachspielt. Doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis er nicht mehr mit dem kleinen Finger die Kontrolle über Sosias behält.

Amphitryon
Nico Raschner und David Kopp als Merkur und Sosias. Anja Köhler

Machtlosigkeit

Jupiters amouröse Abenteuer mit Alkmene bringen Misstrauen und Wut in die Ehe. Während Maria Lisa Huber in der Figur der Alkmene den tragischen inneren Konflikt rührend auf die Bühne bringt, sorgt Luzian Hirzel als Amphitryon für komische Szenen. Durch ihre vehemente Verkörperung machen die Schauspielerinnen und Schauspieler aus Kleists philosophisch tiefgründigen Versen ein spannendes Stück, dem man trotz der komplexen und befremdlichen Sprache leicht folgen kann.

In der Inszenierung von Angelika Zacek wird deutlich, wie machtlos Menschen auch in einer technologisierten Welt werden können, wenn die eigene Identität als wichtigstes Gut bedroht ist, Maschinen über die persönlichsten Ereignisse Bescheid wissen und sich Täuschungen unsichtbar ins Leben schleichen.

Amphitryon
Anja Köhler

Bühnenbild und Kostüme

Die komödiantische Wirkung des Stücks wird auch durch das Bühnenbild und die Kostüme (Gregor Sturm) verstärkt, Sosias und Merkur (in Gestalt von Sosias) balgen sich in gelben Anzügen auf einer im Dreieck schräg nach hinten zulaufenden in Blau getauchten Ebene. Von oben herab schwebt eine gigantische Kugel mit groteskem Charakter. Wie gemacht für Verwechslungsspiele ist auch die Drehtür, aus der die Figuren ästhetisch ort- und zeitlos erscheinen und wieder verschwinden.