Ein Fest slawischer Melodien

Die Schubertiade-Woche in Hohenems startete mit einem Kammerkonzert des Minetti Quartetts, später begeisterte David Steffens im Liederaend.
Von Katharina von Glasenapp
Am Samstag wurde im Markus-Sittikus-Saal in Hohenems die diesjährige Schubertiadesaison eröffnet, der Block zum langen Feiertagswochenende ist allerdings mit den Konzerten vom Mittwoch schon wieder vorbei. Am Montag brachte das österreichische Minetti Quartett eine intensive Interpretation des letzten Schubertquartetts und holte sich zu Dvořáks Streichquintett den Bratschisten Nils Mönkemeyer in die Mitte. Abends gestaltete der deutsche Bass David Steffens an der Seite von Ammiel Bushakevitz ein ebenso schwieriges wie beeindruckendes Liedprogramm.
Weg in die Moderne
Das G-Dur-Quartett D 887 zeigt mit rund 45 Minuten Spieldauer einen Weg an die Grenzen des Streichquartetts und der Emotionen und den Weg in die Moderne, den Schubert auf Grund seines frühen Todes selbst nicht mehr beschreiten konnte. Den ersten Satz musizierte das Minetti Quartett mit Maria Ehmer und Anna Knopp (Violinen), Milan Milojicic (Viola) und Leonhard Roczek (Violoncello) kontrastreich, aber organisch, den langsamen Satz mit lyrischen, auch fahl tremolierenden, aufbegehrenden Klängen, die viel Raum für die Zwischentöne ließen. Wilde Akzente und ein genießerisches Trio charakterisierten das Scherzo, bei manchen drängenden Passagen im Finale verrutschte leicht die Intonation.

Auch Dvořák weitete das Streichquartett aus, in seinem in Amerika komponierten Streichquintett kommt eine zweite Bratsche dazu, das Instrument, das er selbst spielte und dem er immer wieder herrliche Soli zuschrieb. Wenn sich Nils Mönkemeyer mit seinem dunkel erdigen und doch auch silbrigen Klang zum Quartett hinzugesellt, dann entwickelt sich ein urmusikantisch rauschendes Fest slawischer Melodien und Tanzrhythmen, die sich mit den „amerikanischen“ Melodien verbinden: Die Übergänge sind fließend und die Sehnsucht nach der böhmischen Heimat ist wohl ebenso einkomponiert wie die Freude am Neuen. Fulminant gestalteten die fünf den Tanzsatz und das Finale, im Larghetto erlebte man die schönen Variationen über eine innige Melodie, die immer neu beleuchtet wird. Nach dem Rausch des Finales ließ der langsame Satz aus einem der Mozart-Quintette in eine wunderbar lyrische Welt eintauchen.
Überzeugendes Potential
David Steffens hatte nur wenige Kilometer von seinem Heimatort Bad Reichenhall ans Mozarteum in Salzburg, wo er schon als Jungstudent eingeschrieben war und dann die gleiche intensive Ausbildung wie sein Südtiroler Jahrgangskollege Andrè Schuen genoss: Inzwischen ist der 40-jährige Bass nach Stationen in Salzburg und Zürich Ensemblemitglied der Stuttgarter Oper und wächst in die großen Wagnerpartien hinein. Doch auch in den großen Linien der Schubert-Lieder zeigt er sein Potential: Das eröffnende „Auf der Donau“ gestaltet er in beeindruckender Ruhe, „Der Schiffer“ stemmt sich gegen die Widrigkeiten des Wassers, in „Der Zwerg“ spielt er mit Farben und Charakteren, „Prometheus“ rundet sich zu einer Lebensreise.
Noch überzeugender aber sind nach der Pause die „Vier ernsten Gesänge“ von Brahms, in denen er, getragen vom reich differenzierten Klavierspiel von Ammiel Bushakevitz, die Fülle und tröstende Wärme seiner mächtigen Stimme ausbreitet. Mit einer Gruppe von für beide höchst anspruchsvollen Strauss-Liedern beendeten die Künstler ihr komplexes Programm. David Steffens wird bei den Bregenzer Festspielen den finsteren Kaspar im „Freischütz“ singen, bevor er im August mit einem „All-Star-Männerensemble“ zur Schubertiade zurückkehrt.