Künstlerischer Blick auf Sammlungen

Im Bildungshaus Batschuns sind noch bis Herbst Arbeiten der Bregenzerwälder Künstlerin Melanie Berlinger zu sehen.
Beginnend mit dem 16. Jahrhundert und bis hinein ins 17. Jahrhundert entstanden an europäischen Adelshöfen die Kunst- und Wunderkammern. Dabei handelte es sich um Sammlungen ganz unterschiedlicher Objekte, deren Schwerpunkt auf dem Außergewöhnlichen, auf Raritäten und Kuriositäten lag. Zu finden waren Naturalien ebenso wie Artifizielles, also künstlich Hergestelltes.
Im 19. Jahrhundert wurden diese Kammern dann großteils zu spezialisierten Museen. Eine heute noch existierende, nach eigenen Angaben „weltweit bedeutendste ihrer Art“ ist die Kunstkammer Wien im Kunsthistorischen Museum, die auf frühere Sammlungen der Habsburger zurückgeht. Eines der dort ausgestellten über 2200 Objekte ist etwa die weltbekannte Saliera von Benvenuto Cellini.

Sammeln ist auch ein wichtiger Bestandteil im künstlerischen Schaffen von Melanie Berlinger. Jahrelang hat sie Dinge, die sie gefunden hat, archiviert und später teils künstlerisch verarbeitet. Die 1984 geborene Bregenzerwälderin hat an der Akademie der bildenden Künste und an der Universität für angewandte Kunst in Wien studiert. Heute lebt sie in Schlins.
Berlingers aktuelle Ausstellung im Bildungshaus Batschuns ist eine Hommage an die historischen Wunderkammern der Spätrenaissance und des Barock. „Cubiculum curiositatis (die Wunderkammer)“ ist der Titel der Schau, die den Untertitel „Ein poetischer Zugang zu Sammlungen“ trägt. Berlingers formaler Zugang erfolgt dabei mittels Drucken, dem bevorzugten Medium der Künstlerin, das sie in hervorstechender Perfektion beherrscht.

So ist unter anderem auf kolorierten Radierungen eine Auswahl von (skurrilen) Objekten aus früheren Wunderkammern zu sehen. Da ist etwa die Ente von Jacques Vaucanson, eine mechanische Ente von 1738/39, die schnattern, trinken und fressen konnte. Ein Narwhal und Teile davon oder ein Gürteltier bilden den Inhalt weiterer Bilder. Neben den kolorierten Radierungen sind mit Strichätzungen und Photopolymerdrucken weitere Tiefdruckarbeiten zu sehen. Darauf zu sehen sind verschiedene Insekten oder deren Details, aber auch Pflanzen. Objekte, die Berlinger bei Spaziergängen oder bei der Gartenarbeit gefunden hat – und die sie dann zum Inhalt ihrer künstlerischen Werke macht.
Der Sammeltätigkeit der Künstlerin wird in der Ausstellung mit einer kleinen Installation Rechnung getragen. Auf einem Tisch liegen weiße Papierschächtelchen, in denen jeweils ein Fundstück steckt – laut Berlinger „ein kleiner Teil der Sammlung“. Die Schachteln sind mit Objekt, Fundort und Funddatum sowie -zeit beschriftet und durchnummeriert. Eine welke Orchideenblüte, ein Dosenverschluss, ein Metallring oder ein Gummidinosaurier sind da darunter. Mittlerweile würden die Dinge in einer großen Schachtel mit groben Unterteilungen landen, erzählte die Künstlerin bei der Vernissage.

Berlingers Arbeiten bestechen insgesamt durch ihre Genauigkeit und Präzision im Detail. Zugleich sind sie von einer berührenden Zartheit, die in den Bann zieht. Es sind zumeist unscheinbare Dinge, die auf den Bildern dargestellt sind, die aber durch die künstlerische Bearbeitung an Größe und an Würde gewinnen – und zugleich äußerst ästhetisch sind. Die Ausstellung wird somit zu Melanie Berlingers ganz eigener zauberhaften Kunst- und Wunderkammer – Staunen inklusive.
Bis 8. September. Bildungshaus Batschuns. Montag bis Freitag, 8 bis 12 Uhr und 14 bis 17 Uhr, Samstag und Sonntag, 8 bis 12 Uhr. www.bildungshaus-batschuns.at