Im Hotel Savoy mit Franuis Eigendynamik

Am Sonntag präsentierten die Bregenzer Festspiele die Hybridoperette „Hotel Savoy“ mit der Musicbanda Franui und dem Schauspiel Stuttgart im Kornmarkttheater.
Ein schräger Bühnenaufbau mit Klappen für überraschende Auftritte von unten, eine Rundhorizontschiene für einen ebenso üppigen wie einfachen goldenen Vorhang, ein paar Stühle, fertig ist die Szenerie von Ralf Käselau für „Hotel Savoy“. Für drei Aufführungen am Bregenzer Kornmarkttheater ist das Schauspiel Stuttgart (in Kooperation mit der dortigen Staatsoper) im Rahmen der Bregenzer Festspiele zu Gast.

Zufluchtsort für Gestrandete
Zusammen mit der Dramaturgin Gwendolyne Melchinger und Andreas Schett (mit seiner Osttiroler Musicbanda Franui) hat die Regisseurin Corinna von Rad den gleichnamigen Roman von Joseph Roth in eine „Hybridoperette“ verwandelt: Das „Hotel Savoy“ ist Zufluchtsort für allerlei gestrandete Menschen, die das Glück oder die Liebe oder den großen Lottogewinn suchen. In den frühen 1920er-Jahren hat sie das Leben in dieses Hotel in einer nicht genannten osteuropäischen Stadt gespült, unten wohnen die, die noch etwas mehr Geld haben, in den oberen Stockwerken sind die Zimmer kleiner, schäbiger und billiger.
Nach dreijähriger Kriegsgefangenschaft landet der Ich-Erzähler Gabriel Dan (der hagere Marco Massafra) in dieser Stadt, sucht Verwandte, um sich Geld auszuborgen, will ausruhen im Hotel und verliebt sich in die Varieté-Tänzerin Stasia. Die Menschen, die dieses Hotel Savoy bevölkern, sind so vielfältig und wandelbar wie die Schauspielerinnen und Schauspieler, die sprechen, singen und tanzen. Gemeinsam ist ihnen die Liebe zum Varieté und das Warten auf den ominösen Milliardär Bloomfield, auf dessen Geld alle hoffen, der aber nur das Grab seiner Eltern besuchen möchte. So endet das Spiel nach dem großen Rausch mit einem eher melancholischen Abgesang, Amerika als Land der Sehnsucht hat an Attraktivität verloren, der Chor (Franui) verabschiedet sich mit dem Volkslied „In einem kühlen Grunde“ in feinstem Pianissimo.

Silberne Operettenära
Im Varieté waren auch die unvergänglichen Melodien der „silbernen Operettenära“ zuhause, und die haben sich Andreas Schett und Markus Kraler für ihre hochmusikalische kreative Gruppe Franui anverwandelt. Da reihen sich die Operettenschlager von Franz Lehar, Paul Abraham, Oscar Straus, Leo Fall und Emmerich Kálmán aneinander, tanzt die „Lustige Witwe“ mit „Giuditta“, ist der blaue Engel „von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“, bis all die Walzer, Foxtrotts oder Charlestons zu einem großen Tanz am Abgrund werden.
Das Gesangsensemble auf der Bühne ist lustvoll und mit viel Herzblut dabei, auch mit guten Stimmen (etwa von Sopranistin Josefin Feiler und Tenor Moritz Kallenberg) und schlüpft dank der teils skurrilen Kostüme von Sabine Blickenstorfer in die unterschiedlichsten Rollen. Die Tontechnik im Kornmarkttheater dreht die Stimmen im ersten Teil allerdings zu laut auf, das ist vielleicht in den beiden verbleibenden Aufführungen heute und morgen besser eingestellt.

Natürlich entwickeln die Melodien bei Franui mit seinen so vielseitigen Blechbläsern, den Volksmusikinstrumenten, Geige, Kontrabass und Akkordeon ihre typische Eigendynamik in den Bearbeitungen, die schmunzeln und lächeln lassen. Die Operettenschlager werden auseinandergenommen und neu zusammengesetzt und einem wunderbaren Feinschliff unterzogen. Das Ensemble „Franui“ hat, ausgehend von der Wiese im Osttiroler Innervillgraten, längst seine ureigene Sprache gefunden und erfreut damit eine internationale Fangemeinde. Bei den Bregenzer Festspielen sind sie immer willkommen!
Hotel Savoy oder: Ich hol’ dir vom Himmel das Blau; Weitere Aufführungen: Heute und morgen, 19.30 Uhr, Theater am Kornmarkt, Bregenz.
Von Katharina von Glasenapp