“Alle Dinge atmen Klang”

Das Kunsthaus Bregenz präsentiert die Klang-Installationen von Tarek Atoui, die das Gebäude in einen klingenden Resonanzkörper verwandeln und die Besuchende zu sensiblem Horchen provoziert.
“Alle Dinge atmen Klang. Ich möchte das Material hören und ihm nicht meinen Willen aufzwingen”, schildert Tarek Atoui sein Selbstverständnis. Mit teils selbstgebauten Instrumenten und dem Ohr an allen Dingen widmet sich der Künstler und Komponist dem Medium Klang. Ab heute Abend zeigt das Kunsthaus Bregenz die Geräusch-Installationen des 1980 in Beirut geborenen Schall-Künstlers.
Im Inneren einer Orgel
Quer im ersten Obergeschoss verteilt, liegen die Pumpe und Schläuche von „Windhouse #2“. Eigens für Bregenz geschaffen, verwandelt die Installation den Raum in das Innere einer spielenden Orgel. Besuchende sind zum Verweilen eingeladen. Daher stehen kleine Hocker, die auch für Kinder geeignet sind, im Raum verteilt. Dezentral und harmonisch kann das Werk ruhig lauschend, von Arm zu Arm wandernd, erschlossen werden.

Hafenklänge
Horchend begibt sich Atoui in Hafenstädten wie Athen, Abu Dhabi, Porto oder Sydney auf die Suche nach Klängen. So entsteht eine fortlaufende Sammlung von Geräuschkulissen, deren aktuelles Resultat „Waters‘ Witness“ darstellt. Die Arbeit ist im zweiten Stockwerk ausgestellt. Den Begehenden offenbaren sich Klanggeräte, gepaart mit Baustoffen. So erinnern Stahlträger aus Abu Dhabi oder Marmor aus Griechenland an den Ursprung der Töne, die symbolisch verbindend über die eigentliche Herkunft hinausweisen.

Putins Hörner
Im obersten Stockwerk dominieren die „Horns of Putin“. Das teuflisch anmutende Instrument besteht aus mehreren Plastikrohren, deren Klang im ganzen Haus ertönt. Diese Installation wird am 24. Oktober „The Rain“ weichen, einer Arbeit, die sich mit traditionellen koreanischen Instrumenten beschäftigt.

Wie klingt das Kunsthaus?
Das Kunsthaus besteht aus Glas, Beton und Stahl. Es wurde für Kunst, aber nicht speziell für Klangkunst geschaffen. Atoui sieht darin keinen Makel. Obwohl die Räume maximal gestaltbar sind, sah er davon ab, ihnen eine Vision aufzuzwingen. Vielmehr interessiert sich der Künstler für die Frage, was das Haus aus seinen Arbeiten macht. Es ist Ausdruck seiner Annahme, dass es weit weniger Probleme auf der Welt geben würde, wenn die Menschen richtig hören würden.

Hören tut man
Daher ist es kein Wunder, dass der Klangkünstler Museen den Konzerthäusern vorzieht. Wer einer Vorstellung beiwohnt, nimmt passiv teil. Kalkulierte Effekte erübrigen das bewusste Hören, die Sitzreihen sind zur Bühne gerichtet. Ausstellungen dagegen können nur aktiv wahrgenommen werden. Direktor Thomas Trummer schätzt diesen Ansatz, denn für ihn ist Atoui jemand, der zur Sensibilität provoziert.