Dornbirner Star-Fotograf zeigt “sein Amerika” im Flatz-Museum

Flatz-Museum zeigt mit „American
Stories“ die Arbeiten des Star-Fotografen
Christian Anwander.
Als Christian Anwander mit 21 Jahren nach New York zog, konnte er nicht ahnen, dass er einmal zu den gefragtesten Fotografen der Welt zählen wird. Knapp 40 Jahre alt, konnte er in seiner steilen Karriere Stars wie Daft Punk, Zoë Kravitz oder Donald Sutherland ablichten. Jetzt widmet das Flatz-Museum dem in Dornbirn aufgewachsenen Künstler eine Ausstellung. “American Stories” führt die Besucher von den Spitzen der High Society bis in die verarmte, ländliche Gesellschaft Upstate New Yorks.
Eingeraucht durch die Bronx
Erstmals in der 15-jährigen Geschichte des Flatz-Museums kommt Anwander die Ehre zu, das gesamte Museum zu bespielen. Thematisch aufgeteilt, zeigt ein Raum Porträts von Modeschöpfer, Schauspieler und Musikern. Sie entstanden meist als Auftragsarbeiten für Publikationen wie GQ, Le Monde oder dem 10 Magazin und schwanken von natürlich, spontan bis spielerisch inszeniert. Ein Bild zeigt den Rapper A Boogie wit da Hoodie. “Er ist ein Junge aus der Bronx. Einmal hat er mich mit seinem Lamborghini durch das Viertel geführt, in dem er aufgewachsen ist. Total eingeraucht saß er am Steuer, das Auto war voller Qualm. Wir wurden dann von der Polizei angehalten, aber nur weil sie ein Foto mit der Berühmtheit machen wollten”, erinnert sich der Künstler zurück.

Alkoholkranker Veteran
Der andere Raum ist dokumentarischen Arbeiten gewidmet. Sie entstanden auf der Durchfahrt durch das weite Land, bei einer Blockparty in der Bronx und in unmittelbarer Nachbarschaft zu seinem Ferienhaus in den Catskill Mountains, nördlich von New York. Dort besitzt Anwander eine kleine Hütte, wo er seiner Leidenschaft für das Fliegenfischen nachgeht. 17 Arbeiten gewähren Einblick in das leidvolle Leben seines mittlerweile weggezogenen Nachbars. Bevor sie sich kennenlernte, entschied sich dieser nach einem Strafdelikt, in der US-Armee zu dienen. Verarmt und alkoholkrank, lebte der Mann in einer bescheidenen Behausung. In jedem Zimmer befand sich Waffen, mit denen der Nachbar Rehe und Hasen schoss. “Früher hat er in einem Kasino in Las Vegas gearbeitet. Einmal haben wir ihm die Teilnahme an einem Pokerturnier bezahlt. Da gewann er 10.000 Dollar, quasi sein Jahreseinkommen. Doch da er eine Frau kennenlernte, war er zwei Wochen lang nicht aufzufinden. Als er zurückkam, hat er das ganze Geld bereits ausgegeben”, berichtet Anwander. Die Arbeiten zeichnen sich durch einen ehrlichen Blick aus, der nüchtern Auskunft gibt.

Weitaus freudiger sind die Bilder über “Midsummer Mayhem”. Dabei handelt es sich um ein gewaltiges Volksfest, bei dem das Auto-Crashen im Mittelpunkt steht: “Von den Kleinsten bis zu den Größten sind da alle dabei. Wer als Letzter noch fährt, gewinnt.”

Autos faszinieren den New Yorker. “In den USA stehen viele einfach herum. Für mich wirken die Fahrzeuge wie Skulpturen, die in der Wildbahn stehen”, schwärmt Anwander, der die Objekte zu einer Serie verarbeitete.

Vordergründig stehen die Porträts im starken Kontrast zu den Dokumentationen. Sie wirken spontan und unaufgeregt, nicht inszeniert und zeugen von der Entwicklung des Künstlers. Dessen Mode-Fotografie werden laufend naturalistischer. Gleichzeitig wendet er die Techniken dieser Sparte auf seine dokumentarischen Arbeiten an, was man an den Farb- und Raumkomposition erkennen kann.
Ende Monat wird Anwander wieder zurück in die USA fliegen. Seit Trump 2016 zum ersten Mal Präsident wurde, herrsche dort eine aggressivere, enthemmtere Stimmung: “An unseren Nachbarn in den Catskills merke ich, wie brutale Ausdrucksformen immer salonfähiger wurden.” Gleichzeitig empfand er die Amtszeit von Joe Biden als schwach: “Er hat weder viel noch Gutes gemacht.” Sorgenvoll hoffend, will der Fotograf erste einmal abwarten, was Trump aus seiner zweiten Amtszeit machen wird.