“Jetzt müssen wir die Hose runterlassen” -Martin Gruber

„Wir haben versagt“, die neue Aufführung des aktionstheater ensemble behandelt, was uns alle eint: die Unfähigkeit zur Kommunikation.
“Das Stück zeigt ein Bild absoluter Verstörung“, verspricht Martin Gruber mit verschmitztem Stolz. Er ist Theatermacher und Kopf des aktionstheater ensemble, dessen neue Produktion „Wir haben versagt“ kommenden Dienstag im Spielboden Premiere feiert.
Was uns alle vereint
Mit „wir“ meint Gruber alle, also die Gesamtheit der in scheinbar unüberwindbaren Lagern geteilten Gesellschaft. Er selbst verortet sich im progressiven Spektrum. Typisch für dieses Milieu lastet der anhaltende Wahlerfolg der politischen Rechte wie ein Albtraum auf ihm. „Obwohl allen klar ist, dass wir in einer globalisierten Welt leben, findet ein Rückschritt zum Nationalstaat statt. Dessen Idee ist 200 Jahre alt und völlig inadäquat für die Herausforderungen der Zeit. Er ist eine konstruierte Schimäre, in deren Wirklichkeit wir nie gelebt haben. Dennoch schafft es die Rechte damit, Sehnsüchte der Wähler zu wecken“, seufzt der Regisseur. Fernab vom Gedanken, sich mit einem Stück über reaktionäre Kräfte in die kommende Zeit zu weinen, widmet er sich dem, was scheinbar alle verbindet: der Sehnsucht nach einfachen Lösungen und dem Unvermögen zuzuhören.

Gruber beobachtet, dass wirkliche Gespräche nur noch selten stattfinden. Zu oft wird ein Urteil getroffen, bevor der Gegenüber einen Satz vollendet hat. Für viele steht nach wenigen Worten schon fest, ob sie vor einem „Schwurbler“ stehen oder nicht.
Kunst des Hineinversetzens
Sein eigenes Medium versteht er als Kunst des Hineinversetzens. Davon überzeugt ist, dass ohne dieses Vermögen nur Unheil droht, wendet der Regisseur sein eigenes Entsetzen selbstkritisch nach außen: „Jetzt müssen wir die Hose runterlassen und uns als Progressive fragen: Welche Stereotype tragen wir mit uns? Woher kommt der Wunsch nach einfachen Rezepten? Was für eine Machtdynamik wirkt auf meiner Seite?“
Er will kein Welterklärer sein
Dabei verzichtet der Regisseur auf den Anspruch, ein Welterklärer zu sein. Vielmehr bedient er sich „schamlos Mitteln der Theatralik“, mit denen er auf die „liberale Arroganz“ zielt. So soll das Schauspiel den Finger auf die Gemeinsamkeiten der Gegensätze legen und diese dekonstruieren.
Gleichzeitig wird das Patriarchat in die Mangel genommen: „Als Mann macht es mir viel Spaß, mich selbst zu verarschen. Jetzt zerbröseln wir im Theater die männliche Sicht.“
Gruber verspricht eine Aufführung mit subversivem Blick, Alltagssprache und Humor.
“Wir haben versagt”
Premiere: 5. Dezember, 20 Uhr
Spielboden, Dornbirn