Brutale kleine Häuser mit bissigem Humor

Die Bregenzer Galerie Lisi Hämmerle lädt mit „Zeit-Raum-Zeichen“ zur Meditation über das Verhältnis der Menschen zur Natur.
Einen kritischen Blick auf die Umwelt und was Menschen mit ihr machen, wirft die Ausstellung „Zeit-Raum-Zeichen“. Es ist die erste Schau des Jahres in der Galerie Lisi Hämmerle in Bregenz und das Resultat eines traurigen Umstands.
Denn nach dem Tod des 2023 verstorbenen Bildhauers Herbert Meusburger begab sich Karlheinz Pichler nach Mödling, wo gut 20 Werke des Bregenzerwälders stehen. Im Gespräch mit den Künstlern Helga Cmelka und Robert Svoboda vom kunstraumarcade entstand dann die Idee eines Austauschs. „Sie bringen junge Künstler aus Vorarlberg nach Mödling und wir stellen Werke niederösterreichischer und Wiener Künstler aus. Als ich die Idee der Lisi vorgestellt habe, war sie sofort dabei“, berichtet Pichler. Während der Transit von West nach Ost noch auf sich warten lässt, stehen die ersten Früchte der Idee jetzt in Bregenz zur Schau.

Diese erstrecken sich von niedlich-brutalen Skulpturen über fantastische Mischformen aus Karten und Pflanzen bis hin zu verspielten Mustern, denen zunehmend die Farbe entweicht. Dabei ziehen sich die titelgebenden Stichworte wie ein goldener Faden durch den Raum.

Ungewissheit breitet sich aus
Die mehrschichtigen Acrylarbeiten von Helga Cmelka (geb. 1952) erinnern erst an einen fernen Blick auf farbenprächtige Wolken. Sie laden den Betrachter ein, ihren Prozess des Schaffens zu erahnen. Dabei schwindet die naive Freude fortlaufend, wenn sich in der Serie die Dunkelheit breit macht. Der Perspektivwechsel vom Vertikalen ins Horizontale verdeutlicht Ungewissheit, mit der die niederösterreichische Künstlerin die zentrale Bedeutung der bedrohten Natur zeigen möchte.

Springbrunnen ernster Kritik
Dass nicht nur diese, sondern auch den Menschen selbstgemachtes Unheil droht, signalisieren die Skulpturen von Robert Svoboda (geb. 1959). In Anlehnung an die brutalistische Architektur der späten 1940er Jahre schuf er Miniaturen von Gefängnissen, Bunkeranlagen und Festungen. Dabei umgibt die Werke aus Stahl und Beton eine witzige Aura. Diese sind zugleich Springbrunnen ernster Kritik. So geben ihnen beigefügte Pflanzen den Charakter eines Blumentopfs. Der Künstler versucht dadurch, auf pseudo-ökologische Praktiken in der Architektur aufmerksam zu machen. Schließlich wandelt sich keine Betonwüste in eine feuchte Wiese, nur weil das Dach begrünt wird.

Revolte gegen die Geometrie
Monochrom und paradox organisch sind die Zeichnungen von Henriette Leinfellner (geb. 1961). Während sie ihre Motive intuitiv beim Schaffen findet, bewegen sich diese stets zwischen Anatomie und Kartografie. Den Betrachter führen sie dabei auf eine Reise in einen Raum, der gegen die Geometrie Revolte führt. Wie ein wilder Fluss bahnt sich der Grafit neue Wege. In seinem Strom ist es schwer zu sagen, ob man nach unten, vorn oder in sich selbst blickt.

Renaissance-Gärten und Computerchips
Rätsel bergen auch die Arbeiten von Javier Pérez Gil (geb. 1970). Inspiriert durch QR-Codes von ÖBB-Fahrkarten schuf der gebürtige Spanier die Serie „Lab“. Die Karton- und Filzdrucke zeigen Labyrinthe und werfen dabei einen fragenden Blick auf Ordnung. Im weiten Spektrum grüner Farben erinnern sie dabei an Renaissance-Gärten und Computerchips. Dabei bedient sich der Künstler einer scheinbar universellen Formsprache, die sich sowohl in buddhistischen Mandalas als auch in japanischen Gärten wiederfindet. So verweist das Vertraute auf das Unbekannte und wieder zurück.