20 Jahre Concerto Stella Matutina

Bibers monumentale Messe machte das Konzert in Götzis zu einem akustischen Ausnahmeereignis.
Das Concerto Stella Matutina (CSM) feiert sein 20-jähriges Bestehen und sein treues Publikum feiert in der Kulturbühne AmBach in Götzis mit. Nach Händels „Alexander’s Feast“ gemeinsam mit der Chorakademie und Markus Landerer, dem Debüt im Wiener Musikverein mit Monteverdis „Marienvesper“ und dem gelungenen Einblick in eine besondere Hausgemeinschaft im Wiener Michaelerhaus vor wenigen Wochen wurde jetzt „alles“ aufgeboten, was singen, musizieren und jubilieren kann.

Wie es festlicher kaum sein kann
Mit Heinrich Ignaz Franz Bibers Missa Salisburgensis stand ein Werk auf dem Programm, wie es festlicher kaum sein kann, das allerdings den Raum akustisch wie räumlich an seine Grenzen brachte. Denn die Weite des Salzburger Doms mit seinen Seitenemporen, auf denen man Instrumentalgruppen oder Vokalensembles postieren kann, hat dieser Saal nicht.
Da die Messe so groß besetzt ist und so viele Musizierende an einem Abend zusammenkamen, erlebte das Publikum bereits im ersten Teil das Zusammenspiel von festlichen Bläserfanfaren, majestätischen Paukenwirbeln und glanzvollen Streichergruppen. Dirigent Thomas Platzgummer wurde nicht müde, gut gelaunt sein Ensemble und die Werke zu preisen, die der in Basel lehrende Zinkist Frithjof Smith ausgewählt und einstudiert hatte: Wie so oft hat sich CSM als Schatzgräber erwiesen, denn diesen Instrumentalwerken und Komponisten begegnet man sonst nicht. Festlich war auch die doppelchörige Motette von Giovanni Pierluigi da Palestrina, dessen 500. Geburtstag im Dezember gefeiert wird: hier sangen sich die je acht Stimmen mit prächtigen Echowirkungen einander zu.

Ein Schatz als Einwickelpapier
Augen auf beim Gemüsehändler, es könnte sich eine kostbare Partitur als Einwickelpapier finden! So geschah es in den 1870er Jahren, als dem Chordirektor des Salzburger Doms ein großformatiges Konvolut handgeschriebener Noten auffiel. Erst 100 Jahre später wurde Heinrich Ignaz Franz Biber als Schöpfer dieser Missa Salisburgensis identifiziert, die wegen ihrer riesigen Besetzung mit 53 Stimmen nur selten aufgeführt wird. Thomas Platzgummer und Bernhard Lampert, der Trompeter und rührige Organisator von CSM, haben ihr Netzwerk geknüpft und 16 Sängerinnen und Sänger zu der großen Gruppe der Streicher, Holz- und Blechbläser, Orgeln und Pauken treten lassen. Schon allein die drei Gruppen der Blechbläser aus dem „Himmel“ der Ränge und auf einem Extrapodium boten ein imposantes Bild, ebenso wie die quadratmetergroße Partitur, die Thomas Platzgummer für sein tanzbärenartig impulsives Dirigat zur Verfügung stand.

Maximale Prachtentfaltung
Bibers Messvertonung aus dem Jahr 1682 setzt auf maximale Prachtentfaltung, auf die Wechsel von Soli und Tutti, auf Wortausdeutung, Koloraturen, Homophonie und Polyphonie. Sie so hautnah und direkt im Miteinander der Stimmen erleben zu können, ist etwas ganz Besonderes, hat aber auch seine Tücken. So verführen die zahlreichen Bläser die Sängerinnen und Sänger dazu, mehr zu geben, was den Klang recht massiv macht, die Stimmen verschmelzen nicht zu einer homogenen Gruppe. Da hätte die Akustik einer Kirche vielleicht ausgleichend gewirkt.
Trotzdem war das ein großartiger Abend, der sich am kommenden Wochenende mit zwei Konzerten in Brixen und Schlanders (in Dom und Pfarrkirche) wiederholen wird.
Katharina von Glasenapp