Er zeigt die Poesie der Naturgesetze

Mit „Strange Loops“ bringt Bernd Oppl unsichtbare Kräfte im Bildraum Bodensee zum Vorschein und verbindet Kunst mit Wissenschaft.
Wer die magische Erhabenheit der Natur erleben möchte, muss nicht unbedingt in die Berge gehen. Denn mit der Ausstellung „Strange Loops“ von Bernd Oppl (Jahrgang 1980) zeigt der Bildraum am Bodensee in Bregenz eine neue Schau, die zum Staunen über Physik einlädt. Besonders eignet sie sich für Schulklassen, die naturwissenschaftlichen Unterricht mit einem Ausflug verbinden wollen. Bis zum 29. Juli kann die Ausstellung besichtigt werden.
Mit Schwerkraft zweifeln
Die Video-Installation „Water is my eye“ treibt den Betrachtern Zweifel in die Augen. Auf sechs Minuten Länge zeigt sie einen romantisch-leeren Raum, durch dessen Mitte ein Wasserschwall schwebt, der wie von Zauberhand wieder im Eingang verschwindet. Wer glaubt, einen Animationsfilm vor sich zu haben, irrt.
Stattdessen entstand die Slowmotion-Aufnahme mit einem kleinen Beton-Modell und einer Hochgeschwindigkeitskamera, wie sie für wissenschaftliche Experimente verwendet wird. Sie hält 30.000 Bilder pro Sekunde fest, was Oppl erlaubt, fünf Sekunden auf sechs Minuten auszudehnen.

Im Gespräch mit der NEUE verrät er den eigentlichen Zaubertrick: „Ich drehe die Perspektive, denn das Wasser kommt von unten hoch. Schwerkraft macht diese Illusion möglich. Dabei habe ich nach mehreren Versuchen mit Schläuchen, Luftballons und Pumpen festgestellt, dass sich ein schlichtes Gefäß am besten eignet.“ Wie alle Real-Aufnahmen spielt auch diese in einem eigens gebauten Beton-Modell.

Metamorphosen
Das Spiel mit den Kräften der Natur, vermittelt durch das Medium der Illusion, durchzieht die ganze Schau. Frei von Landschafts-Kitsch, legt sie den Fokus auf die Betrachtung des globalen Stoffwechsels von Gesellschaft und Umwelt.

Die verschränkten Arbeiten im Hauptraum vollziehen einen metaphorischen Wechsel der Aggregatzustände. Die bildschönen Bilder zerstörter Bildschirme der analogen Serie „Liquid Crystal“ täuschen Animation vor.

Einen animierten Rundgang durch die Pulsadern der digitalen Welt zeigt hingegen „It sees itself and twists around“. „Serverräume sind unzugänglich, bestimmen aber unser Leben. Es sind Räume, die durch Medien möglich wurden, vielleicht werden sie, wie einst Internet-Cafés auch wieder verschwinden. Dabei verweise ich mit Wassergeräuschen auf den Rohstoffverbrauch Künstlicher Intelligenz“, offenbart der Künstler.

Fast schon antik wirken daneben „Meander“. Klangspender und Skulptur zugleich, ist ihr Herzstück ein altes Nagra-Tonbandgerät. Sie offenbaren die Haptik des Akustischen, denn „Sound ist verdrängte Luft.“
Monster und Magie
So auch die Video-Installationen im Raum mit Blick auf den Kornmarkt. Als wäre es einem Horrorfilm der 80er-Jahre entsprungen, fliegt ein Magnetband-Knäuel über den Bildschirm. An der Rückseite des Monitors klafft nackt die Hardware aus dem Betongestell.
Faszinierend auch ein Video, in dem ein Monster aus schwarzem Brei durch einen kleinen Raum kriecht. Dabei handelt es sich um Ferrofluid, eine magnetische Flüssigkeit aus Nanometer kleinen Eisenpartikeln in Öl, die Magnetfelder sichtbar machen.
Das Wesen des Abwesenden
Die gleiche Kraft erzeugt einen Sturm im Wasserglas, der im Raum mit Blick auf das Kunsthaus angesiedelt ist. „Es ist eine Skulptur, die der Idee einer Skulptur widerspricht.“ Möglich macht das ein Objekt in Pillenform. Die polarisierte Sonde wird durch einen Magnet rotieren, erzeugt einen Strudel, der Blicke fängt.

An einer Wand daneben stellen vier Motive die Sinne erneut auf die Probe. Die Monitore wirken auf den ersten Blick wie Bilder. Dabei zeigen die Videos Szenen der Abwesenheit. Ob Pool oder Gras bei leichter Briese, Vorhänge in einem leeren Raum oder einer einsam bewegten Schaukel, sie alle rufen Szenen aus Gruselfilmen hervor, die Tief im kollektiven Gedächtnis verankert sind.

Der eigentliche Schock bleibt aus, wird in der Wiederholung aufgelöst. Einzig die Gänsehaut bleibt. Unglaublich realistisch sind alle vier Filme das Werk von Animation.
„Strange Loops“ von Bernd Oppl zeugt von der aufklärerischen Kraft der Illusion. Dabei verlangt sie kein Vorwissen über moderne Kunst. Wer Neugier und Fantasie besitzt, wird großen Spaß mit ihr haben.