Tschako: Familie und Freunde erinnern sich

Eine Ausstellung in der Bregenzer Wunderbar zeigt Cartoons des verstorbenen Musikers und Kolumnisten Raimund „Tschako“ Jäger.
Raimund „Tschako“ Jäger (1961-2023) war „weltbekannt in Vorarlberg“. Diese wehmütige Schilderung seines Jugendfreunds Bernhard Posch birgt einen humorvollen Biss, als wäre sie der Feder des verstorbenen Autors entsprungen. Denn sein Metier war das zugespitzte Wort, dem er in unzähligen Artikel, Kommentaren, Hunderten Konzerten und mehr als zehn CDs Ausdruck verlieh. Jetzt zeigt eine Ausstellung in der Bregenzer Wunderbar bis Ende Oktober Cartoons von Jäger, die eine wenig beachtete Seite seines Könnens beleuchtet: Humor in gezeichneter Form.

Anlässlich dazu traf sich die NEUE AM SONNTAG mit Freunden, Verwandten und Weggefährten Tschakos zum Gespräch.

Ein eigener Kopf
Initiatorin ist seine Schwester Maria, die über ihren älteren Bruder sagt: „Ich kann mich an keine Zeit erinnern, in der er keine Musik gemacht hat.“ Schon als Teenager habe er Songs mit eigenen Texten geschrieben und später mit ihr und Vater Otto (1928-2017) in der Familienband „Jäger Trio“ aktiv.
Tschako besuchte das BORG Lauterach, versuchte dreimal die siebte Klasse und verabschiedete sich mit einem frechen Lied über die Direktorin vom offiziellen Bildungsweg. Aus dieser Zeit stammt der Spitzname. „In der Schule nannte ihn (Mick) Jagger. Mein Bruder aber meinte, den gibt es schon. Daher Tschako“, berichtet seine Schwester.

„Ende der 70er-Jahre, gab es hier nur Bands, die andere nachspielten. Der Tschako war eigenständig“, erinnert sich Posch. „Er war kein Austropopper, sondern Tschako“. Oder ein Typ zwischen Falco, Claus Noémi und David Bowie, wie ihn Freundin Angelika Longo beschreibt.

Liebe zur Freiheit
Das Leben führte Jäger erst nach Hamburg, wo er sich als Werbetexter betätigte, weiter nach Wien und immer wieder zurück nach Bregenz. „Der Chef des legendären Wiener Lokals „Roter Engel“ wollte ihn groß herausbringen, aber Tschako war ein irrsinnig freiheitsliebender Mensch, der sich in kein Korsett zwingen wollte“, schildert Markus Linder. Der Musiker war ihm ein enger Freund und Partner.

Begabung für falsches Klatschen
Näher kennengelernt haben sie sich 1989 bei einer Session im Ballhaus, Bregenz. Hannes Rothmeyer, der später das Conrad Sohm führte, dirigierte die Begegnung regelrecht. „Markus, du spielst jetzt eine Nummer mit dem Tschako, hat er zu mir gesagt. Na, was soll das werden, ich der Blueser, er der Rebell, aber wir konnten uns auf den Song ‚Bei mir bist du schön‘ einigen“, erinnert sich Linder zurück.
So fand sich ein Duo, das 1990 beginnend rund 400 gemeinsame Konzerte gab. 1991 folgte ein Auftritt beim ZDF, vermittelt durch Wann&Wo Mitbegründer Harald Kloser. Er gab ihnen den Namen „Tschako und der kleine Prinz“, unter dem sie im Smoking alte Schlager von Marlene Dietrich, Hans Albers oder den Comedian Harmonists mit Tschakos eigenen Song elegant verschmitzt interpretierten. „Im Gegensatz zu mir konnte er derartig konsequent im falschen Takt klatschen, dass die Besucher in tosendem Applaus ausgebrochen sind. Es war eine großartige Zeit“, schwärmt der Kabarettist.

Spitze Feder, scharfe Worte
Vielfältig mit der NEUE verbunden, verfasste der Musiker über 500 „Jägerlatein“ Kolumnen. Ein Umstand, der sein enzyklopädisches Wissen widerspiegelt. „Als ich ihn fragte, was er gerade lese, kam die Antwort „Den Brockhaus. Bin bei H“. Ich war fassungslos“, gesteht Linder.

So ist es vielen mit dem „Spitzbub“, wie ihn Willie Meusburger spitzbübisch nennt, ergangen. „Tschako polarisierte und konnte pointiert verletzen“, weis Posch. „Vor allem aber beim Jassen, er war ein fanatischer Kartenspieler“, fügt Brigitte Plankel an.

„Tschako war ein Großmeister im Austeilen. Und das nicht nur als Kritiker der „NEUEN“. Die wenigsten wissen, dass er auch ein Meister im Einstecken war“, erinnert sich Martin Gruber vom aktionstheater ensemble zurück.

Denn er war für eine Theaterproduktion bereit „in einer extrem peinlichen und bewusst grottenschlechten Steppnummer, von seinen Misserfolgen erzählen.“ „Wenn die Selbstverarsche Sinn macht und wenn es lustig ist, dann muss ich das machen“, zitiert der Regiseur die lakonischen Worte seines Freundes, den er herzlich vermisst.