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So kämpft die Bürgerinitiative gegen den Verkehr in Lustenau

26.02.2024 • 16:04 Uhr
Vorhang auf: Die Attrappe wird enthüllt. <span class="copyright">Hartinger</span>
Vorhang auf: Die Attrappe wird enthüllt. Hartinger

Bereits vor einem Jahr forderten Eugen Schneider und seine Mitinitiatoren Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung in Lustenau. Weil seitdem nichts passierte, setzt man nun ein Zeichen.

Eugen Schneider und die Unterstützer der Bürgerinitiative „Lebensraum Zukunft Lustenau – Unteres Rheintal“ haben genug. Vor einem Jahr gab die Initiative bereits eine Pressekonferenz, in der sie sechs Maßnahmen zum Schutz der vom Transitverkehr betroffenen Lustenauer Bevölkerung an der L 203 und L 204 forderten. „Da seit Jahren keine nützlichen Maßnahmen getroffen werden, greifen wir zur Selbsthilfe“, verkündete Schneider am Montag auf einer Pressekonferenz.

Nachgestellte Radarfalle

Bei dem Medientermin vor dem Kindergarten Weiler, der direkt an der Hauptverkehrsroute durch Lustenau liegt, wurde eine täuschend echte Radarattrappe enthüllt. An einem weiteren Standort an der L 203 stellten die Proponenten eine zweite Attrappe auf. Eugen Schneider sagt dazu: „Der Einsatz stationärer Radargeräte auf der Transitroute ist für uns unverzichtbar. Anrainer reklamieren schon seit Jahren massive Geschwindigkeitsübertretungen.“ Radargeräte seien daher zum Schutz vor Lärmbelästigung und zur Verkehrssicherheit dringend erforderlich.

Die Radarattrappe steht vor dem Kindergarten Weiler. <span class="copyright">Hartinger</span>
Die Radarattrappe steht vor dem Kindergarten Weiler. Hartinger

Tatsächlich führte die Bezirks­hauptmannschaft im letzten Jahr auf der betroffenen Strecke eine Reihe an Radarmessungen durch. „Das Ergebnis war, dass sich 85 Prozent der Verkehrsteilnehmer an die Geschwindigkeitsbegrenzung gehalten haben. Es zeigt also: Radarmessungen sind keine Abzocke“, erklärt Schneider. „Niemand will, dass ein normaler Autofahrer bestraft wird. Es geht um die Raser, um diejenigen, die tatsächlich die Geschwindigkeit überschreiten.“

Eugen Schneider ist Sprecher der Bürgerinitiative. <span class="copyright">Hartinger</span>
Eugen Schneider ist Sprecher der Bürgerinitiative. Hartinger

Die Marktgemeinde Lustenau hat ebenfalls reagiert und ein Radargerät aufgestellt. Laut Angaben von Bürgermeister Kurt Fischer (ÖVP) habe man einzelne Autofahrer mit über 100 Stundenkilometern geblitzt, so Schneider. „Leider wurde dieses Radar wieder abgebaut, das ist für uns total unverständlich“, bedauert der Sprecher der Ini­tiative. Gegenüber der NEUE erklärt er, wenn die Gemeinde dazu bereit sei, mit echten Radargeräten entlang der viel befahrenen Strecke zu blitzen, würde man die Attrappen sofort wieder abbauen.

Kritik an S 18-Variante

Auch zur geplanten CP-Variante der S 18 und der dazugehörigen Volksabstimmung im November letzten Jahres äußerte sich Eugen Schneider auf der Pressekonferenz: „Die 70 Prozent Ablehnung bei der Volksbefragung zur CP-Variante der S 18 ist eine klare Botschaft an die Politik. Es sind alle Beteiligten, Land und Gemeinde, aufgefordert, dieses Ergebnis zu respektieren. Wir fordern, dass dieses Votum der Lustenauer Bevölkerung ernstgenommen wird und wir gehört werden.“

Die CP-Variante der S18 sieht so aus. <span class="copyright">Asfinag</span>
Die CP-Variante der S18 sieht so aus. Asfinag

„Wir sagen ‚Ja‘ zu einer vernünftigen, leistungsfähigen Verbindung beider Autobahnen auf kurzem Wege, aber keinesfalls zur S-18-CP“, stellt Schneider klar. Diese sei teuer, bautechnisch riskant und die Anschlussstellen versiegeln landwirtschaftliche Flächen und ziehen die Naherholungsgebiete in Mitleidenschaft, bemängelt er. Auch der Grundwasserschutz, die Klimaschädlichkeit und eine mögliche Überlastung der Anschlussstelle Dornbirn West führt er als Gegenargumente an. Stattdessen solle die Politik sich konkret mit besseren Alternativen beschäftigen, fordert der Sprecher der Initiative.

Mitten durch dieses Ried würde die CP-Variante führen. <span class="copyright">Hartinger</span>
Mitten durch dieses Ried würde die CP-Variante führen. Hartinger

“Von der S 18-CP profitiert vor allem die Schweiz, die aufgezählten Belastungen tragen allerdings, abgesehen von der Schweizer Gemeinde Au, wir Lustenauer”, merkt Schneider an und fordert das Nachbarland auf, sich für andere Verkehrslösungen zu öffnen und kompromissbereit zu sein.

Alternative Lösungen

Auf Nachfrage der NEUE zählt Eugen Schneider alternative Verkehrslösungen auf, die statt der CP-Variante für ihn infrage kämen: „Der Nationalrat hat einen Beschluss gefasst, eine Südvariante der S 18 von der Anschlussstelle Dornbirn Süd nach Diepoldsau zu prüfen. Das ist sehr interessant. Auch eine Variante mit einer Anschlussstelle am Bruggerloch in Höchst kursiert immer wieder, um den Verkehr im Rheindelta zusammenzuführen. Es gibt auch die Idee einer leis­tungsfähigen Verbindung im mittleren Rheintal, bei der der Schwerverkehr im oberen und unteren Rheintal zusammengeführt und von den Siedlungsgebieten weggeleitet wird. Das müsste man alles genau untersuchen, dafür braucht es Verkehrszählungen und Experten.“

Die Südvariante der S 18 mit einer Anschlussstelle am Bruggerloch in Höchst. <span class="copyright">BMK</span>
Die Südvariante der S 18 mit einer Anschlussstelle am Bruggerloch in Höchst. BMK

Forderungen

Wie anfangs erwähnt, ist die Bürgerinitiative “Lebensraum Zukunft Lustenau – Unteres Rheintal” nicht zum ersten Mal vor die Medien getreten. Vor fast genau einem Jahr stellte sie bereits öffentlichkeitswirksam mehrere Forderungen vor, die die Lustenauer Bevölkerung entlang der Hauptverkehrsroute an den betroffenen Landesstraßen entlasten soll. Neben dem Einsatz von stationären Radargeräten fordert man rechtliche Schritte, um den Schadstoffausstoß und die Lärmbelästigung zu reduzieren, sowie die gerechte Aufteilung des Lkw-Transitverkehrs auf verschiedene Zollämter. “Seit der siebenwöchigen Brückensperre 2016 wissen wir, dass es machbar ist, den Verkehr gerecht aufzuteilen”, betont Schneider.

Eugen Schneider (mit Mikrofon in der Hand) und einige der Unterstützer der Initiative. <span class="copyright">Hartinger</span>
Eugen Schneider (mit Mikrofon in der Hand) und einige der Unterstützer der Initiative. Hartinger

Weiters wünscht sich die von rund 150 Lustenauer unterstützte Initiative, ein Nachtfahrverbot für Lkws erlassen wird. Als Vorbild sieht man den Grenzübergang Tisis in Feldkirch, wo zwischen 21 Uhr abends und 8 Uhr morgens keine Lkws das Zollamt passieren dürfen. Zudem soll die Höchstgeschwindigkeit entlang der vielbefahrenen Straße auf 40 Kilometer pro Stunde reduziert werden.

Die Verkehrsbelastung für die Anrainer an der L 204 ist groß. <span class="copyright">Hartinger</span>
Die Verkehrsbelastung für die Anrainer an der L 204 ist groß. Hartinger

Reaktion des Landes

Das Land Vorarlberg in Person des zuständigen Landesrates Marco Tittler (ÖVP) hat auf diese Forderungen zunächst auch reagiert: Nach einem Gespräch mit den Initiatoren wurde in Zusammenarbeit mit der Marktgemeinde Lustenau eine Arbeitsgruppe gegründet, die die geforderten Maßnahmen umsetzen soll. “Wir haben uns daraufhin eingebracht und wollten eine Mitarbeit, doch das wurde mit dem Argument, es handle sich um eine Expertengruppe, abgelehnt. Leider gibt es auch nach einem Jahr noch keinerlei Umsetzungsmaßnahmen und keine Informationen”, zeigt sich Eugen Schneider unzufrieden.

Auf Anfrage der NEUE ließ Marco Tittler verlauten, dass ein Maßnahmenpaket zur Reduktion der vom Verkehr ausgehenden Belastungen von einer Task-Force des Landes erarbeitet worden sei. Diese besteht aus Vertretern der beteiligten Fachabteilungen der Landesregierung. Die erarbeiteten Maßnahmen wurden der Marktgemeinde Lustenau zur Überprüfung übermittelt, nun wird gemeinsam mit dieser darüber beraten, welche Maßnahmen sinnvoll sind und weiter verfolgt werden.

Marco Tittler sprach mit den Initiatoren und gründete eine Arbeitsgruppe. <span class="copyright">Hartinger</span>
Marco Tittler sprach mit den Initiatoren und gründete eine Arbeitsgruppe. Hartinger

“Diese Maßnahmen bestehen im Wesentlichen aus abschnittsweisen Reduktionen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, einer Ausweitung des bestehenden Lkw-Nachtfahrverbotes sowie aus baulichen Maßnahmen, die insbesondere Querungshilfen, eine Umgestaltung des Straßenraums im Bereich Rheindorf und Maßnahmen für den Radverkehr umfassen”, gibt der Landesrat zu Protokoll. Diese Maßnahmen entsprechen auch den Forderungen der Bürgerinitiative. “Sobald belastbare Ergebnisse vorliegen wird die Bevölkerung entsprechend informiert. Das soll heuer noch im Frühjahr passieren”, sagt Tittler abschließend. Auf den Vorwurf der Bürgerinitiative, dass ihre Mitarbeit in der Arbeitsgruppe abgelehnt wurde, ging Tittler im Statement nicht näher ein.

Weiterhin aktiv bleiben

Die Bürgerinitiative will indes weiter aktiv bleiben. Im letzten Herbst organisierte man im Ried ein Fest mit über 1500 Besuchern, auf dem man an der geplanten Trasse der S 18 Aufklärungsarbeit zur Schnellstraße betrieb. Auch in der Gemeindepolitik bringe man sich ein, erläutert Schneider: “Wir sind immer wieder aktiv und stellen Fragen in der Fragestunde bei Gemeinderatssitzungen.”

Update 16.56 Uhr: Statement von Marco Tittler