„Corona darf nicht die Ausrede sein“

Die Verhandlungen zum bereits beschlossenen Gesundheitszentrum in Bludenz liegen auf Eis.
Die Situation ist verfahren. Alle Beteiligten betonen, dass sie hinter dem Projekt stehen. Aber es scheint, als ob dem Initiator und Betreiber des Projekts, dem Arzt Daniel Gfrerer, die Luft und die Lust ausgehen. Nicht nur das. Wegen der Verfahrensdauer sind Gfrerer bereits einige potenzielle Mitinvestoren und Ärzte abgesprungen. Und das sieben Millionen teure Projekt alleine zu stemmen, ist Gfrerer zu riskant. „Ich hatte einen Zahnarzt und der war eigentlich der Hauptinvestor. Dem ging das alles zu wenig schnell und der ist jetzt abgesprungen und hat bereits eine Praxis in Bludenz eröffnet.“

Bremsklötze
Das Hauptproblem sei, dass nichts weitergeht, so Gfrerer. Es gab insgesamt vier Sitzungen mit dem städtischen Gestaltungsbeirat. Und jedes Mal wurde um bauliche Kompromisse hart gerungen. „Dann hätten wir die fünfte Sitzung mit dem Landesgestaltungsbeirat gehabt. Weil wir nach langen Verhandlungen höher geplant haben. Die haben uns dann im Oktober einen Termin für Dezember gegeben. Der wurde abgesagt wegen Corona.“ Alles in allem hat das für Gfrerer eine schiefe Optik. Denn: „Wir wissen alle, dass mit Videokonferenzen mittlerweile fast alles geht. Corona darf nicht die Ausrede sein.“
Lippenbekenntnis. Obwohl es von allen vier Parteien in der Stadtvertretung ein Bekenntnis zu diesem Projekt gibt, hat Gfrerer das Gefühl, dass das Verzögern mit all den Auflagen gewollt ist und System hat. „Die haben wirklich kein Gespür dafür, wie man mit privaten Investoren umgeht. Ich würde da ein großes Risiko eingehen und viel Geld in die Hand nehmen.“ Bürgermeister Simon Tschann winkt ab und betont seine Unterstützung. „Ich war bis jetzt erst bei einer Sitzung dabei. Was vor meiner Amtszeit passiert ist, kann und will ich nicht kommentieren.“ Zudem ergänzt Tschann, dass der Ball derzeit nicht bei der Stadt liegt. „Wir wissen, dass Dr. Gfrerer auf der Suche nach Investoren und Ärzten ist. Somit ist unsere Position abwartend. Aber wir stehen nach wie vor hinter dem Projekt und wollen ihn auch unterstützen.“ Auch in Sachen Grundstückspreis signalisiert Tschann durchaus Gesprächsbereitschaft. Aber: „Über Geld haben wir aber noch nicht gesprochen.“
Auflagen
Eine der Auflagen, die für das Projekt gelten, ist die Tatsache, dass Gfrerer nur Mieter, die im Gesundheitsbereich tätig sind, in das Haus lassen darf. Das mache es für ihn derzeit schwer. „Denn ich finde im Moment keine Ärzte auf Kassenbasis.“ Da geht es Gfrerer ähnlich wie der Stadt Bludenz selbst. Auch sie findet derzeit keine Ärzte für das geplante Primärversorgungszentrum.
Bürgermeister Tschann betont, dass diese Beschlüsse und Verträge vor seiner Zeit so abgesegnet wurden. Und das beinahe einstimmig in der Stadtvertretung. Er könne sich nicht im Nachhinein darüber hinwegsetzen. „Daran müssen wir uns halten. Ich kann jetzt nicht hergehen und den Beschluss einfach so aufheben.“

Wahlkampf-Fronten
Dass das Gesundheitszentrum im letzten Bürgermeisterwahlkampf zwischen die Fronten geraten ist, hat dem Projekt definitiv geschadet. Damals wurde vonseiten der ÖVP der „Terminus“ Zweiklassenmedizin ins Rennen geworfen, um dem SPÖ-Kandidaten Mario Leiter eines seiner Vorzeigeprojekte madig zu machen. „Von ‚Zweiklassenmedizin‘ kann keine Rede sein. Weil ja von Anfang an klar war, dass ein gewisser Anteil an Kassenärzten dabei sein müssen“, betont Gfrerer. Auch Bürgermeister Tschann bedauert die schiefe Optik, die da entstanden ist. „Da ist das geplante Ärztehaus leider in politisches Fahrwasser gekommen. Das hat sicher auch die ganze Geschichte verzögert und dem Projekt geschadet.“
Anfragen
In der letzten Stadtvertretungssitzung am 25. März hat Stadtrat Bernhard Corn (SPÖ) einige Anfragen das Gesundheitszentrum betreffend an den Bürgermeister gestellt. Diese werde Tschann spätestens im Juni bei der nächsten Sitzung beantworten. Generell warnt Gfrerer, dass es in absehbarer Zeit um die medizinische Versorgung in Bludenz schlecht bestellt sein könnte. „Faktum ist, dass einige Oberärzte im Spital demnächst in Pension gehen. Und ob alle Fächer neu ausgeschrieben und besetzt werden, wage ich zu bezweifeln.“ So könnte die medizinische Zukunft in Bludenz nicht nur rosig aussehen.