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Ganztagsschule hinkt weiter dahin

08.07.2022 • 16:34 Uhr
Der verschränkte Ganztagsunterricht bleibt die Ausnahme. <span class="copyright">Hartinger</span>
Der verschränkte Ganztagsunterricht bleibt die Ausnahme. Hartinger

In Vorarlberg hat sich die Zahl der AHS-Unterstufenschüler in kompletter Ganztagsbetreuung halbiert. Auch bundesweit kommt der Ausbau nur schleppend voran.

Die Zahl der AHS-Unterstufenschüler im verschränkten Ganztagsunterricht hat sich in Vorarlberg vom Schuljahr 2020/21 zu 2021/22 mehr als halbiert. Das geht aus einer Anfragebeantwortung von Bildungsminister Martin Polaschek hervor. Im nun beendeten Schuljahr besuchten noch 97 Schüler die Schulform, in der sich Unterrichts- und Freizeitinhalte abwechseln, im Jahr zuvor waren es noch 210 gewesen.

Österreichweit stieg die Zahl der Schüler in diesem Segment im Vergleichszeitraum von 3416 auf 3460 zumindest leicht an. Die Vorarlberger Bildungsdirektion hatte vor einigen Wochen bekannt gegeben, ihr sei kein Angebotsproblem bei der verschränkten Ganztagsschule im AHS-Bereich bekannt. Im Herbst soll jedoch eine dritte Unterstufenklasse an einem Gymnasium verschränkt geführt werden. In Wien, das etwa fünf Mal so viele Einwohner hat wie Vorarlberg, besuchten zuletzt 18 Mal so viele Schüler den verschränkten Ganztagsunterricht.

Keine Freizeitlehrer

Noch trüber als in Vorarlberg sieht die Situation in Tirol aus, wo gerade einmal 22 Schüler die dort erst seit dem letzten Schuljahr angebotene Ganztagsschulform besuchen können. In Niederösterreich und im Burgenland wird sie gleich gar nicht angeboten.

“Grundsätzlich ist im Dienstrecht eine Konzentration der Lehrperson auf ihre pädagogischen Kernaufgaben vorgesehen.”

Martin Polaschek, Bildungsminister

Ein Problempunkt ist die Freizeitgestaltung, für die die Lehrer nicht ausgebildet sind und wozu sie nur verpflichtet werden können, wenn sie im alten Dienstrecht angestellt wurden. Lehrer im neuen Dienstrecht sollten sich eigentlich auf den Unterricht konzentrieren können. Aufgrund des Betreuungsbedarfes sollen sie künftig aber zumindest bis zu vier Wochenstunden zur Betreuung der Schüler „in der individuellen Lernzeit oder der Freizeit“ eingesetzt werden. Dabei soll es sich aber nur um eine Übergangslösung handeln: „Die Betreuung in der Freizeit soll in Zukunft von speziell dafür ausgebildete Freizeitpädagoginnen und Freizeitpädagogen wahrgenommen werden“, heißt es in Polascheks Anfragebeantwortung. Dafür seien den Bildungsdirektionen österreich­weit 70,5 Planstellen zur Verfügung gestellt worden. Zum Vergleich: 2021 verfügten allein die Bundesschulen über 39.652 Vollzeitstellen für Lehrer.

Insgesamt zweitplatziert

Die Zahl der Ganztagsbetreuungen stieg insgesamt ebenfalls leicht an. Dazu gehören auch ganztägige Schulformen, in denen oft nur eine Pausenaufsicht angeboten wird. Ursprünglich sollte die Zahl der Pflichtschüler hier bis zum nächsten Schuljahr auf 40 Prozent steigen. Allerdings schaffte man in den vergangenen beiden Schuljahren gerade einmal eine Steigerung von 23,1 auf 25,2 Prozent. Zusammen mit außerschulischen Betreuungen kam man auf 34,1 Prozent.

Auch hier zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Bundesländern. Während die Betreuungsquote – verschränkte, und andere Ganztagsschulangebote sowie Horte und Tagesheime – bei den sechs- bis 15-jährigen Schülern in Wien 55,1 Prozent betrug und Vorarlberg mit 41,8 Prozent immerhin auf dem zweiten Platz landete, betrug sie in Tirol gerade einmal 18,9 Prozent.