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Was ein US-Reifenimperium mit dem Bregenzerwald zu tun hat

13.07.2023 • 23:00 Uhr
Die Fabrik im Jahr 1923. <span class="copyright">toledo-Lucas County Public Library/CC</span>
Die Fabrik im Jahr 1923. toledo-Lucas County Public Library/CC

Ein US-Amerikaner mit Bregenzerwälder Wurzeln zählte zu den führenden Industriellen in den USA.


Karlheinz Kindler, stellvertretender Obmann des Wirtschaftsarchivs Vorarlberg und Referent bei der Industriellenvereinigung Vorarl­berg (IV), sagt: „Der Bregenzerwald hat seine jungen Menschen früher in die ganze Welt geschickt, seien es die Barockbaumeister, die Handwerker oder die Söldner, die in den Türkenkriegen kämpften. Viele Bregenzerwälder haben dadurch neue Existenzen in anderen Ländern gefunden.“

Karlheinz Kindler, stellvertretender Obmann des Wirtschaftsarchivs Vorarlberg und Referent der Industriellenvereinigung Vorarlberg (IV). <span class="copyright">Hartinger</span>
Karlheinz Kindler, stellvertretender Obmann des Wirtschaftsarchivs Vorarlberg und Referent der Industriellenvereinigung Vorarlberg (IV). Hartinger

Einer dieser Auswanderer war Johannes „Hans“ Feuerstein, der ins Elsass übersiedelte. Warum er das tat und woher aus dem Wald genau er stammte, lässt sich nicht mehr feststellen. „Die Akten aus den Jahren vor 1712 sind verbrannt“, erklärt Kindler dazu. Bekannt ist jedoch: Ein Enkel dieses Bregenzerwälder Auswanderers brach seine Zelte im Elsass ab, fuhr mit dem Schiff „Peggy“ in die USA und kam Ende September 1753 in Philadelphia an. Hans Nicholas Feuerstein, der in den USA seinen Namen auf Firestone änderte, war damit einer der frühen Auswanderer. Er siedelte sich in Pennsylvania an und betrieb eine Landwirtschaft.

Harvey Samuel Firestone, Ahne von Bregenzerwälder Auswanderern.<span class="copyright">Pirie MacDonald/CC</span>
Harvey Samuel Firestone, Ahne von Bregenzerwälder Auswanderern.Pirie MacDonald/CC

Etwas mehr als 100 Jahre später, im Jahr 1868, wurde in Columbiana/Ohio Harvey Samuel Firestone, der Ururur-Enkel des aus dem Elsass ausgewanderten Feuersteins, geboren. Er wuchs auf einer Farm auf, besuchte die High School und gründete mit 22 eine Firma, die Gummireifen für Kutschen und Karren herstellte. Dieses Unternehmen verkaufte er und legte 1900 mit dem Verkaufserlös den Grundstein für seine „Firestone Tire and Rubber Company“ in Akron/Ohio. 1906 begann die Zusammenarbeit mit dem Automobilhersteller Henry Ford, und Firestone wurde der Originalausstatter von Reifen für alle Autos von Ford. Beide – Ford und Firestone – spezialisierten sich mit dem Aufkommen des Autos auf die Massenproduktion und wurden rasch erfolgreich, so Kindler. „Die beiden haben die Mobilität in den USA massiv vorwärtsgetrieben“, erklärt der stellvertretende Obmann des Wirtschaftsarchivs Vorarlberg. Dabei ging es nicht nur um den Verkauf von Autos, Firestone unterstützte auch den Bau der Route 66 von Chicago nach Kalifornien und er war am Autorennen „Indianapolis 500“ beteiligt, dem vielleicht berühmtesten Langstreckenrennen der Welt.

Millionärsclub: Henry Ford, Thomas A. Edison und Harvey Samuel Fire­stone. <span class="copyright">Herbert Hoover Library/CC</span>
Millionärsclub: Henry Ford, Thomas A. Edison und Harvey Samuel Fire­stone. Herbert Hoover Library/CC

Harvey Firestone war auch mit Thomas A. Edison, dem Erfinder von unter anderem der Glühbirne, befreundet. Firestone, Edison und Ford bildeten später einen Millionärsclub. „Sie waren fast Vorbilder für Dagobert Duck“, sagt Kindler und schmunzelt. Mit Ford gab es zudem familiäre Verbindungen: Firestones Enkelin Martha heiratete 1947 in die Familie ein. Martha Ford ist heute 97 Jahre alt, ihr Sohn William Clay Ford Junior ist „Executive Chairman“ der Ford Motor Company. Somit hat auch der Urenkel von Henry Ford Bregenzerwälder Wurzeln.
Dass der Reifenmillionär Harvey Firestone diesen Wurzeln verbunden war, ist nicht anzunehmen, sagt Kindler. „Es war zu lange her, dass sein Ahne den Bregenzerwald verlassen hat. Da einen Bezug zu finden, ist schwer.“ Jedoch gebe es von Nachfahren den Hinweis, dass die Familie ursprünglich aus Europa, aus „Bregenz Wood“, stamme, so Kindler.

Jochen Rindt

Die Firma Fire­stone, mit deren Reifen übrigens der Österreicher Jochen Rindt 1970 Formel-1-Weltmeister war, gehört seit 1988 zum japanischen Konzern Bridgestone. Das erlebte der Gründer, Harvey Firestone, aber nicht mehr: Er starb am 7. Februar 1938.