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Ein Leben im Zeichen der Hilfsbereitschaft

23.06.2024 • 09:00 Uhr
Ein Leben im Zeichen der Hilfsbereitschaft
Günther Lutz, ein echtes Original.Hartinger

Günther Lutz war Verkehrspolizist, Musikant, Rodelclub-Obmann und organisierte zahllose Konzerte für hilfsbedürftige Kinder – ein Dornbirner Urgestein im Porträt.

Den Günther, den kennt man einfach. So auch beim Fototermin mit dem rüstigen Pensionisten, der im Juli seinen 80. Geburtstag feiert. Denn sein guter Freund Erich, der mit seinem Fahrrad am Hatler Brunnen Halt macht, fragt ihn nach seinem Befinden. Und bedankt sich nochmals für seine musikalische Einlage mit der Mundharmonika, die er beim Begräbnis seiner kürzlich verstorbenen Gattin zum Besten gab. „Es war ein schöner Abschied, der uns alle zutiefst berührt hat“, zeigt sich der Witwer berührt. Und freut sich für Günther, dem er nur das Beste wünscht.

Anfänge als Verkehrspolizist

Günther Lutz ist der Inbegriff eines Menschen, der sich in den Dienst anderer stellt. Ein traumatisches Erlebnis während seines Diensts als Verkehrspolizist in der Messestadt hat ihn besonders geprägt. Und gab wahrscheinlich den Ausschlag für ein Leben im Zeichen der Hilfsbereitschaft.

Ein Leben im Zeichen der Hilfsbereitschaft
Ein kleines Dankeschön der unzähligen Kinder, denen Günther die Verkehrsregeln näher gebracht hat. hartinger

„Ganz am Anfang meiner Laufbahn bei den Ordnungshütern wurde ich Zeuge eines schrecklichen Unfalls, bei dem ein Kleinkind auf tragische Weise sein Leben ließ. Die Bilder des verstümmelten Leichnams, das unter die Räder eines Lkws kam, haben sich für immer in mein Gedächtnis gebrannt. Nach dem Unfall bin ich direkt zu meiner Familie nachhause und habe mich vergewissert, dass es meinem Kind gut geht“, schildert der 79-Jährige, der zum damaligen Zeitpunkt gerade Vater geworden war, das sein Leben bestimmende, schreckliche Erlebnis.

Günther war immer schon ein Mann des Tuns und beschloss, selber aktiv zu werden. Bei seinem damaligen Kommandanten Alois Patsch stieß der besorgte Jungbeamte aber auf taube Ohren. Seine Idee, Kindern als Gendarm die Verkehrssicherheit näherzubringen, setzte er trotzdem um. Zwar uniformiert, aber in der Freizeit – ohne dafür bezahlt zu werden. „Das war mir egal, denn ich wollte damals alles daran setzen, dass sich solche schrecklichen Bilder nicht wiederholen“, erzählt Lutz im Gespräch mit der NEUE am Sonntag.

Der Erfolg gab ihm recht, Tausende Kinder im Volksschulalter machte er während seiner Polizeilaufbahn auf die Gefahren des Straßenverkehrs aufmerksam und entwickelte ein Modell, das heutzutage allerorts praktiziert wird. Für den Gendarmen aber nicht genug, sein soziales Engagement kannte damals schon keine Grenzen. Genauso wie seine Liebe zur Musik, die er als Sänger, auch im Chor oder mit den „Feierabendsängern“, als Liedermacher oder täglich beim Spiel seiner Mundharmonika praktiziert. Und die ihm erneut die Möglichkeit gab, bedürftigen oder schwer kranken Kindern zu helfen.

Günthers Benefizkonzerte

Ein Leben im Zeichen der Hilfsbereitschaft
Zahlreiche Stars aus der Welt der Volksmusik holte Günther nach Dornbirn – hier mit Sigrid und Marina. hartinger

Über 400.000 Euro sammelte der umtriebige Pensionär mit seiner Konzertreihe in den letzten 30 Jahren. Der Auftakt fand aber in einer kleinen Runde statt. Neben Beruf und Musik gründete der Sportfan den Sportrodelclub Dornbirn Gütle und stand dem Verein 23 Jahre lang als Obmann zur Verfügung. Im Rahmen seiner Ausbildung als Rodeltrainer besuchte er in Innsbruck Ende der 70er-Jahre eine kinderonkologische Station, da ein Kind aus Höchst zu seinem Bekanntenkreis zählte. Und sorgte mit seiner herzlichen Art, seinen Liedern und seiner Mundharmonika für glänzende Augen. Es blieb nicht bei einem Besuch, Günther bescherte den schwer kranken Kindern so oft er konnte eine zumindest für ein paar Augenblicke unbeschwerte Zeit. Bei einem seiner Besuche bemerkte er, dass ein kleiner, siebenjähriger Junge nicht vor Ort war. „Ein kleines Mädchen meinte dann nur, ach Günther, wir müssen alle einmal sterben“, was den herzensguten Menschen zu Tränen rührte. Und letztlich den Ausschlag gab, mithilfe seiner Kontakte in der Welt der Volksmusik 1991 sein erstes Konzert in der Dornbirner Stadthalle zu organisieren. „Die Kastelruther Spatzen füllten den Saal und wir konnten am Schluss mehrere Tausend Schilling an die Vorarlberger Krebshilfe übergeben“, schildert der Veranstalter.

Jahrzehntelanges Engagement

Es folgten unzählige weitere Benefiz-Konzerte mit internationalen Stars aus der Volksmusik und Schlagerszene, gerade an Weihnachten füllte Günther Lutz regelmäßig Kirchen und Konzerthäuser. „Ich habe nie etwas verdient und unzählige Stunden mit der Organisation oder der Suche nach Sponsoren verbracht. Und trotzdem stand das karitative Engagement nie zur Debatte. Vom Dank und der Wertschätzung, die mir von allen Seiten widerfahren sind, zehre ich noch heute“, zeigt sich der Hatler, der aus dem Gütle stammt, demütig.
Und vielleicht ist ja doch noch nicht Schluss. Zwar fand seine Reihe mit dem vorjährigen Konzert in der Martins-Kirche ihr vorläufiges Ende. Wer den gemütlichen Großvater aus Dornbirn kennt, weiß, dass ihm die Hilfsbereitschaft in die Wiege gelegt wurde. Und wie bereits eingangs erwähnt, man kennt ihn, den Günther.

Ein Leben im Zeichen der Hilfsbereitschaft
Die Mundharmonika zählt für den begeisterten Musikanten, Sänger und Fahrradfahrer zu den ständigen Begleitern. hartinger