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Opferanwalt im Mordfall Janine G. zum Prozess: “Die Eltern werden nicht anwesend sein.”

29.07.2024 • 09:37 Uhr
Opferanwalt im Mordfall Janine G. zum Prozess:  "Die Eltern werden nicht anwesend sein."
Privatbeteiligtenvertreter Stefan Denifl hat vorab mitd er NEUE

Stefan Denifl vertritt die Angehörigen von Janine G.: Im NEUE-Interview spricht er über Trauerschmerzengeld, die Besonderheiten des Mordfalls und was er den Hinterbliebenen rät.

Der Prozess im Fall Janine G. startet morgen, Dienstag: Sind Ihre Mandanten, sprich die Eltern des Opfers erleichtert, dass es nun endlich losgeht und bald ein strafrechtlicher Schlussstrich gezogen werden kann? Oder sehen die Hinterbliebenen diesem Tag eher mit Angst und Bangen entgegen?

Stefan Denifl: Die Hinterbliebenen sind in erster Linie erleichtert, dass die Verhandlung vor dem Geschworenengericht endlich beginnen wird. Natürlich ist auch eine gewisse Unsicherheit gegeben. Es stehen viel Frage im Raum: Wie wird das Verfahren genau ablaufen? Kommt es auch zu seiner angemessenen Verurteilung der Täter?

Werden die Hinterbliebenen den Prozess verfolgen? Ist das – aus Ihrer Erfahrung heraus – wichtig für die Verarbeitung der Geschehnisse, oder wirkt sich das eher nachteilig aus?

Denifl: Grundsätzlich rate ich Angehörigen, nicht selbst den Prozess direkt im Gerichtssaal mitzuverfolgen. Die Eltern des Opfers werden jedenfalls nicht teilnehmen. Es wird aber voraussichtlich andere Angehörige gegeben, die zumindest am Beginn des ersten Verhandlungstags anwesend sein werden.

Opferanwalt im Mordfall Janine G. zum Prozess:  "Die Eltern werden nicht anwesend sein."
Hier werden ab Dienstag die Angeklagten und zeugen Platz nehmen. Hartinger

Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Fragen, denen sich der Prozess widmen muss?

Denifl: Der Prozess wird sich in erster Linie mit den diametral entgegengesetzten Aussagen der beiden Angeklagten auseinandersetzen müssen. Es gilt auch die objektiven Beweismittel herauszuarbeiten, die die Schuld eines Angeklagten für die Geschworenen ohne Zweifel glaubhaft machen. 

Was sagen Sie zur Verantwortung der beiden Angeklagten?

Denifl: Dieser Fall ist schon sehr besonders und einzigartig, da beide Angeklagten bei der Tat selbst anwesend waren und sich wechselseitig der Tötung des Opfers beschuldigen.

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Welches Bild ergibt sich für Sie aus der Aktenlage?

Denifl: Aufgrund der Aktenlage gehen die Staatsanwaltschaft und auch das Oberlandesgericht Innsbruck im Rahmen der Beschlüsse über die Haftentlassungsbeschwerden davon aus, dass der sich in U-Haft befindliche Angeklagte das Tötungsdelikt begangen hat. Er war auch derjenige, der erst später ausgesagt hat. Diese Beurteilung entspricht auch meiner Einschätzung.

Angeklagter Soner Ö. – Verteidiger Stefan Harg und Wilfried Weh – Opferanwalt Stefan Denifl – Richter Martin Mitteregger samt Beisitzer
Opferanwalt Stefan Denifl. Hartinger

Wie beurteilen Sie denn die bisherige Dauer des Verfahrens? Bis zur Anklage hat es ja mehr als zwei Jahre gedauert.

Denifl: Als Opfervertreter hätte ich mir natürlich für die Angehörigen auch gewünscht, dass die Hauptverhandlung früher stattfindet. Es gab unter anderem noch den Versuch, Sprachnachrichten der Angeklagten auszuwerten. Die Angeklagten haben auch nicht gleich zu Beginn nach ihrer Inhaftierung ausgesagt. Es ist wichtig, dass ein Geschworenenprozess gut vorbereitet ist und auch im Ermittlungsverfahren nichts übersehen wurde. 

Dieser Fall ist schon sehr besonders und einzigartig, da beide Angeklagten bei der Tat selbst anwesend waren und sich wechselseitig der Tötung des Opfers beschuldigen.

Stefan Denifl, Privatbeteiligtenvertreter

Sie werden natürlich Trauerschmerzengeld beantragen. Es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass der Angeklagte den Zahlungen jemals nachkommen wird können. Wie kommen die Hinterbliebenen trotzdem zu ihren Ansprüchen?

Denifl: Als Opfervertreter werde ich für die Angehörigen Trauerschmerzengeld beantragen. In den meisten Fällen sind die Täter nicht dazu in der Lage, diese zugesprochenen Beträge dann auch zu zahlen. Im Rahmen der Opferhilfe durch den Weissen Ring stellen wir auch Anträge nach dem Verbrechensopfergesetz. Über diesen Weg kann zumindest ein Teil des Trauerschmerzengeldes oder auch Therapiekosten für die Angehörigen oder ein Opfer zur Verfügung gestellt werden.

Sie haben bereits viele Hinterbliebene nach tragischen Ereignissen vertreten. Ist dieser Fall trotzdem etwas Spezielles für Sie? Und wenn ja, warum?

Denifl: Gerade ein Mordfall ist auch für einen Rechtsvertreter wie mich immer ein spezieller Fall. Jedes Verbrechen – und natürlich ein Mord als das Schlimmste aller Verbrechen – ist auf seine tragische Weise einzigartig. Bei diesem Verfahren kommt noch dazu, dass grundsätzlich zwei Personen tatverdächtig sind und beide bei der Tat auch anwesend waren.

Für die Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung.