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“Mit dem Land hat das nichts zu tun”: Worum es in der Causa Tschann geht und was Wallner dazu sagt

21.08.2024 • 12:51 Uhr
Bürgermeister Bludenz
Simon Tschann, Bürgermeister in Bludenz.

Der Bludenzer Bürgermeister Simon Tschann (ÖVP) muss sich in Zusammenhang mit der Genehmigung eines Bauprojekts vor Gericht verantworten. Worum es in der Causa geht und was Landeshauptmann Wallner und die Bludenzer SPÖ und dazu sagen.


Lange musste Simon Tschann auf die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Feldkirch warten. Rund zweieinhalb Jahre dauerten die Ermittlungen, nun hat die Strafverfolgungsbehörde Anklage erhoben – wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs und der „falschen Beurkundung im Amt“. Der Bürgermeister, der die Vorwürfe von Anfang an entschieden zurückgewiesen hatte, machte die Entscheidung der Staatsanwaltschaft am Dienstagabend in einer Aussendung selbst öffentlich.


Die Geschichte, deren juris­tische Aufarbeitung sich nun schon so lange hinzieht, dreht sich um eine Baugenehmigung für eine Wohnanlage der Bludenzer Firma Jäger Bau. Wie die NEUE mehrfach berichtete, hatte das nittlerweile umgesetztes – Bauprojekt in der Fohrenburgstraße von Anfang an für großen Unmut bei Anrainern gesorgt. Aber auch der Gestaltungsbeirat und der städtische Amtssachverständige für Orts- und Landschaftsschutz hatten keine Freude mit der Wohnanlage, die ein Geschoss mehr hat als in dieser Gegend üblich.

"Mit dem Land hat das nichts zu tun": Worum es in der Causa Tschann geht und was Wallner dazu sagt
Die Waohnanlage ist mittlerweile fertiggestellt. Hartinger

Die Vorwürfe

Bürgermeister Tschann, so der Vorwurf, soll den Bau in der Fohrenburgstraße trotz negativer Stellungnahme des städtischen Sachverständigen genehmigt haben. Zudem habe es im entsprechenden Bauakt keine Genehmigungsurkunde gegeben, die negativen Stellungnahmen des Sachverständigenbeirates sowie das negative Gutachten des Amtssachverständigen für Ortsbild- und Landschaftsschutz haben offenbar ebenfalls gefehlt. Dies fiel auch der Bezirkshauptmannschaft Bludenz auf, die das Bauvorhaben aufgrund einer Aufsichtsbeschwerde prüfte. Die Behörde beanstandete zwar Verfahrensmängel „aufgrund mangelhafter Aktenführung bzw. mangelnder Protokollierung von Verfahrensschritten“, hob den Baubescheid aber nicht auf.

Bürgermeister Bludenz
Bürgermeister Bludenz

„Nicht nachvollziehbar“

Tschann bezog sich in seiner gestrigen Stellungnahme erneut auf den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bludenz. Die Vorgangsweise der Stadt sei bei den Überprüfungen durch die Bezirkshauptmannschaft, aber auch durch das Landesverwaltungsgericht und den Landesvolksanwalt im Wesentlichen bestätigt worden, heißt es in dem Schreiben, das gestern um 18.01 Uhr in die Redaktionen flatterte. Die Vorwürfe seien für ihn daher nach wie vor nicht nachvollziehbar. „Das ist inzwischen der am besten überprüfte Baubescheid in Vorarlberg. Ich verlasse mich in Bauverfahren auf meine Fachexpertinnen und -experten in der Baurechtsabteilung, die seit Jahrzehnten hunderte Baubescheide erstellen. Alle Baubescheide werden von den Fachexpertinnen und -experten nach den Bestimmungen des Vorarlberger Baugesetzes verfasst und von mir gezeichnet. Mit der Verdichtung und der damit verbundenen Baunutzungszahl haben wir den Vorgaben unseres räumlichen Entwicklungskonzeptes und der Gesetzgebung entsprochen“, verantwortet sich Tschann.

Tschann hofft auf rasche Verhandlung

Der Bürgermeister hofft nun auf eine rasche Verhandlung und ein Urteil noch im Herbst. Die lange Verfahrensdauer sei für ihn und vor allem für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rathaus „belas­tend und sehr unangenehm“.
Tschann erwartet sich eine „lückenlose Aufklärung aller Missverständnisse und Fehler“. Er habe aus seiner Sicht nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt und werde sich jedenfalls weiterhin „mit aller Kraft für die Stadt Bludenz und ihre Bürgerinnen und Bürger einsetzen“, so Bürgermeis­ter Tschann abschließend.
Der Stadtchef wird seine Amtsgeschäfte somit wohl weiterführen.

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Der Bludenzer Stadtrat und Klubobmann Bernhard Corn. Ritter

Das sagt die Bludenzer SPÖ

Die Anzeige, die den Fall ins Rollen brachte, datiert übrigens vom 17. Februar 2022. Eingebracht hatte sie ein Mandatar der Bludenzer SPÖ. „Aufgebrachte Bürgerinnen und Bürger aus Bludenz haben sich mit schweren Vorwürfen wegen Amtsmissbrauch gegen ÖVP-Bürgermeister Simon Tschann an uns gewandt. Unser Team hat sich daraufhin um den Fall gekümmert”, schreibt Stadtrat und Klubobmann Bernhard Corn heute in einer Aussendung Die Anklage gegen Tschann wiege schwer. “In anderen Ländern wäre eine solche Anklage ein Grund für einen Rücktritt”, kritisiert Corn den Umstand, dass Tschann seine Amtsgeschäfte weiterführt. Festgehalten wissen will Corn, dass die SPÖ das Verfahren gegen Tschann weder in den Nationalrats- noch in den Landtagswahlkampf hineinziehen werden. “Dieser Fall gehört von der unabhängigen Justiz vor Gericht geklärt. Anschließend müssen die politischen Konsequenzen daraus gezogen werden”.“

Interview Markus Wallner
Landeshauptmann Markus Wallner. hartinger

Wallner: “Mit dem Land hat das nichts zu tun.”

Am Rande einer ÖVP-Pressekonferenz gab heute auf Nachfrage auch Landeshauptmann Markus Wallner eine Stellungnahme zur Causa ab. Er habe umgehend Kontakt aufgenommen, um inhaltlich festzustellen, worum es in dem Fall gehe. “Ein Bürgermeister, der sich um verdichteten Wohnraum bemüht, ist grundsätzlich am richtigen Kurs. Aber das muss rechtlich richtig gemacht werden” so Wallner. Jetzt seien die Gerichte am Zug, er wolle das laufende Verfahren nicht kommentieren. Auswirkungen auf die bevorstehende Landtagswahl sieht Wallner keine. “Mit dem Land hat das Ganze nichts zu tun.”

Maurice Shourot
Nadine Kasper, Landtagsabgeordnete aus dem Bezirk Bludenz. Shourot

Für Nadine Kasper, grüne Landtagsabgeordnete aus dem Bezirk Bludenz, sind die Aussagen Tschanns “äußerst irritierend” Es sei “absolut unprofessionell, dass sich der Bürgermeister nun an den Mitarbeiter:innen in der Verwaltung abputzt, anstatt sich hinter sie zu stellen.“ Ein Bürgermeister sei immer letztverantwortlich und sollte sich auch dem Amt entsprechend verhalten, so Kasper. Die Landtagsabgeordnete fordert nun volle Aufklärung und eine inhaltliche Stellungnahme des Bürgermeisters.

Schuld- oder Freispruch

Ob der anstehende Prozess, für den es noch keinen Termin gibt, mit einem Schuld- oder Freispruch endet, wird sich zeigen. Die Hürden für die Verwirklichung eines Amtsmissbrauchs sind jedenfalls hoch. Insbesondere müsste Tschann nachgewiesen werden, dass er die Rechtsvorschriften nicht nur gebrochen hat, sondern diese vorab auch kannte. Bis zu einer allfälligen rechtskräftigen Verurteilung gilt der Bludenzer Bürgermeister jedenfalls als unschuldig.