„Einer allein wird nie im Sinne des Volkes agieren“

Die „Freunde politischer Schönheit“ im Kleinwalsertal wollen sich in Hinblick auf die Wahlen für eine „liberale und soziale Demokratie“ einsetzen.
“Freunde politischer Schönheit“ ist der sehr anschauliche und fast schon poetisch anmutende Namen einer zivilgesellschaftlichen Initiative, die vor einigen Wochen von Bettina Kessler im Kleinwalsertal gegründet wurde. Anlass dafür waren Wahlplakate vor der diesjährigen EU-Wahl.
„Im Kleinwalsertal waren ausschließlich FPÖ-Plakate zu sehen“, sagt die 62-jährige, mittlerweile pensionierte ehemalige Unternehmerin, die bis Ende Mai eine Après-Ski-Bar in Riezlern geführt hatte. „Das hat mich gestört, weil für mich die FPÖ in ihrer DNA autoritär ist.“ Und durch autoritäre Parteien sieht sie die liberale und soziale Demokratie gefährdet.
Verantwortung für Demokratie
Die Kleinwalsertalerin ist daraufhin zu ihrem langjährigen Grafiker gegangen, um Plakate gestalten zu lassen. „Damit sich die Leute bewusst werden, was Demokratie ist und welche Verantwortung wir damit haben“, erklärt sie deren Inhalt. Demokratie biete nämlich auch die Möglichkeit, sie abzuschaffen, sagt Kessler.
Nach Gesprächen mit anderen Leuten im Tal hat sie Mitstreiter gefunden. Das hat dann zur Initiative und zu einem Kernteam geführt, das mittlerweile aus sechs bis sieben Personen besteht, erzählt die Initiatorin. Mit einer Website mit Texten und Videos, Flugblättern und Plakaten soll nun in Hinblick auf die kommenden Nationalrats- und Landtagswahlen Bewusstsein für die Demokratie gebildet werden.
„Im Kleinwalsertal waren vor der EU-Wahl ausschließlich FPÖ-Plakate zu sehen“
Bettina Kessler, Gründerin der Initiative
„Ich habe mich früher nicht mit Politik beschäftigt, außer dass ich Zeitung gelesen habe“, erzählt die 62-Jährige. Erst in den vergangenen Wochen habe sie sich intensiver mit politischen Strukturen, politischen Systemen, Mechanismen oder politischen Entscheidungsfindungen auseinandergesetzt. Das Kernteam der Initiative – Menschen mittleren und jüngeren Alters, die als Unternehmer, Gastronomen oder im Tourismus tätig sind – treffe sich mehr oder weniger regelmäßig. Dabei würden die verschiedensten Themen rund um Politik und Demokratie besprochen, informiert Kessler.
Das Ziel der „Freunde politischer Schönheit“ sei Aufklärung, betont die Kleinwalsertalerin, verbunden mit dem Aufruf, sich mit Demokratie auseinanderzusetzen. Auf der Website werde diesbezüglich „faktenbasiert“ informiert, sagt sie. Die Initiative agiert zwar nicht explizit parteipolitisch, kritisiert aber Parteien, die im rechten politischen Spektrum angesiedelt sind.

Eine Aufklärung über Demokratie findet Kessler deshalb so wichtig, „damit man sich bewusst wird, dass es einer allein nicht richten wird“. Das habe die Geschichte gezeigt. Einer allein würde nie im Sinne des Volkes agieren, ist sie überzeugt. Der Initiative gehe es auch darum, populistische Kommunikation zu erkennen und zu hinterfragen: „Welche Information wird wann wo und wozu bereitgestellt“, formuliert Kessler eine Frage dazu.
„Letztlich wollen wir erreichen, dass die Leute wählen gehen und sich für eine liberale und soziale Demokratie einsetzen“, sagt die ehemalige Unternehmerin. „Die herrschende Politikmüdigkeit verstehe ich aber durchaus. Ich bin auch nicht mit allem zufrieden.“
Gesprächskultur
Was den Namen der Initiative betrifft, erklärt Kessler, dass man „keinen aggressiven Namen“ wollte, auch in Hinblick auf Gesprächskultur und Umgangsformen. „Viele reden nicht mehr miteinander“, stellt sie fest. Diese Diskursmüdigkeit oder Diskursunfähigkeit sieht sie denn auch als einen großen Teil des Problems. „Man muss auch andere Meinungen ertragen und dann halt Argumente bringen“, beschreibt sie ihr Credo. Grundsätzlich wollte man für den Namen der Initiative einen „entspannten, humorvollen Zugang“, beschreibt sie die Namensfindung.
Im Kleinwalsertal ist aufgrund zahlreicher deutscher Staatsbürgerschaften nicht einmal die Hälfte der Bevölkerung über 16 Jahren wahlberechtigt. „Der Aufwand, den wir betreiben, ist schon erheblich für die paar Leute, die hier wählen dürfen“, stellt Kessler dazu fest. Auf der anderen Seite lebe das Kleinwalsertal vom Tourismus und brauche die Ausländer, gegen die von bestimmten Parteien permanent gehetzt werde, sagt sie. Und: „Wo wären unser Wohlstand und unser Reichtum ohne diese Leute?“.
Direkt in Kontakt
Die „Freunde politischer Schönheit“ wollen vor den Wahlen auch Infoveranstaltungen anbieten. „Da stellen wir uns dann mit einem Infotisch wohin und sprechen die Leute an“, skizziert Kessler die Pläne. Schon jetzt sei man aber neben Plakaten, Flyern und Website direkt mit den Menschen in Kontakt. „Wir gehen auf die Leute zu und reden mit ihnen“, erzählt die 62-Jährige. Erst unlängst habe sie das mit einer Gruppe von Jugendlichen gemacht.
www.politische-schoenheit.at