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Seit über sieben Jahrzehnten ein Leben im Kloster

08.12.2024 • 06:27 Uhr
Adventgeschichten mit den Patres,
Ist auch mit 90 noch aktiv: Pater Nivard. Alexandra Serra

An den vier Adventsonntagen stellt die NEUE am Sonntag drei Mönche und den Abt des Klosters Mehrerau in Bregenz vor. Pater Nivard ist der älteste der dort lebenden Mönche.

Seit 72 Jahren lebt Pater Nivard im Kloster Mehrerau in Bregenz. Mit seinen 90 Jahren – den runden Geburtstag hat er im Sommer gefeiert – ist er dort derzeit der älteste der Mönche. Geboren wurde der Vorarlberger als Josef Huber im August 1934 in Satteins, wo er mit einer jüngeren Schwester bei seinen Eltern aufgewachsen ist. Schon während seiner Schulzeit in seinem Heimatdorf hat sich sein späterer Lebensweg abgezeichnet.

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Der 90-Jährige kümmert sich auch um den Garten. Serra

„Mein Pfarrer in Satteins hatte etwas in mir gesehen und hatte gemeint, das Gymnasium in Bregenz wäre was für mich. Also ging ich nach der Volksschule ins Internat“, hat er einmal in einem Interview erzählt. Schon nach der 6. Klasse hat der damalige Schüler das Noviziat angetreten und nach der Matura die theologisch-philosophische Ausbildung begonnen. Sein Studium führte ihn unter anderem nach Freiburg in die Schweiz und an die Universität Innsbruck, wo er Sport und Mathematik studierte. 1959 wurde er zum Priester geweiht.

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Auch das Obst gehört zu seinem Aufgabenbereich. Serra

„Das Vorbild der Lehrer, der Patres in der Mehrerau war ausschlaggebend für meine Entscheidung, im Kloster zu bleiben“, sagt er. Und dort hat er seinen Platz gefunden, „auch wenn es natürlich Phasen gegeben hat, in denen es gekriselt hat“. In seiner Jugend sei Familie schon auch ein Thema gewesen, erzählt er. Letztlich habe er sich aber für das Kloster entschieden „und da war ich dann ausgelastet genug“, stellt er mit einem Schmunzeln fest. Damit hat er sicher Recht, wenn man sich die zahlreichen Aufgaben anschaut, die der Vorarlberger, der ein guter Freund des früheren Abts Kassian Lauterer war, in den vielen Jahren übernommen hat.

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Pater Nivard in den Gängen des Klosters. Serra

Über viele Jahrzehnte hat sich Pater Nivard mit Engagement und Leidenschaft eingebracht und das macht er bis zum heutigen Tag. Er war als Lehrer und Erzieher tätig, als Verwalter des Klosters und viele Jahre als Direktor des Collegium Bernardi. Auch nach der Pension ging es weiter, unter anderem im Kloster Birnau am deutschen Bodenseeufer, wo er eine wichtige Aufgabe zu erfüllen hatte.

Gearbeitet wird auch heute noch, erzählt er, ganz nach dem Leitspruch des heiligen Benedikt: „Ora et labora“ (Bete und arbeite, Anm.), wie Pater Nivard wieder mit einem Schmunzeln sagt. So ist er unter anderem für die Gartenarbeit zuständig, das Gemüse, die Beerensträucher und die rund 130 Obstbäume, die es in der Mehrerau gibt. Zum Bäume schneiden steigt er selber auch heute noch auf die Leiter. „Gartenarbeit ist gut und hält frisch“, meint er dazu. Das Gemüse wird im Kloster verbraucht, mit dem Obst wird unter anderem Most gemacht und Schnaps gebrannt: Produkte, die teilweise auch verkauft werden.

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Auch um die Uhrensammlung kümmert er sich. Serra

Neben der Arbeit in der Landwirtschaft kümmert sich Pater Nivard auch um zahlreiche Uhren, die es im Kloster gibt. „Der frühere Abt Kassian hat eine große Uhrensammlung angelegt. Die betreue ich“, beschreibt er ein weiteres Aufgabengebiet. Das Handwerkliche liege ihm schon sehr, meint er.

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Mit Holzkerzen. Serra

Zu seiner Zeit sei der Klostername zugeteilt worden, informiert der Pater auf die Frage nach dem eher ungewöhnlichen und unbekannten Namen. Nivard sei der jüngste Bruder des heiligen Bernhard gewesen, erklärt er. „Ich habe damals gar nicht gewusst, wer das war“, erinnert er sich und fügt hinzu: „Es fragt auch heute noch jeder nach.“ Auf die Frage, ob er heute einem jungen Mann empfehlen würde, ins Kloster einzutreten, meint er: „Wenn die Berufung da ist, dann ja.“

“Klosterfamilie”

Weihnachten wird Pater Nivard wie seit über 70 Jahren im Kloster verbringen. „Die Adventzeit ist die Vorbereitung auf Weihnachten und da haben wir viel Liturgie“, beschreibt er die Vorweihnachtszeit. Und dann fügt er noch hinzu: „Wir sind eine Klosterfamilie, eine Klostergemeinschaft und feiern auch zu Weihnachten gemeinsam unsere Feste.“

Gedanken zum zweiten Adventsonntag: “Alle Jahre wieder …”

Wieder Advent, wieder Weihnachten. Wieder die bekannten Melodien auf Märkten und im Radio. Das Jahr geht dem Ende zu. Man schaue in die Natur und siehe, die große Meisterin unseres Lebens sagt uns: „Macht etwas langsamer!“ Wir sind aber in unseren Alltag eingespannt. Wir haben unser Programm, unsere Aufgaben, unsere Termine. Das lässt mich an eine Erzählung von Dostojewski in seinem Roman „Der Großinquisitor“ denken. Er erzählt, wie Jesus wieder auf die Erde kommt, von den einfachen Leuten erkannt wird, die ihn sehen, hören, berühren, von ihm geheilt werden wollen. Als er ein Wunder vollbringt, erfährt es der Inquisitor und lässt ihn verhaften. Ihn stört dieser Jesus. Ist es dem Inquisitor doch gelungen, Ruhe und Ordnung im Volk herzustellen. Da kommt dieser Jesus und bringt alles durcheinander.
Du hast kein Recht auf die Erde zurückzukommen und unsere Ordnung zu stören“, sagt der Inquisitor. Aber er kommt gegen diesen Jesus nicht an. Schließlich lässt er ihn wieder frei! Schärft ihm aber ein: „GEH – und komm nie wieder.“ Dieser Satz trifft mich! Und wir? Wir verschließen uns einem neuen Kommen Jesu durch unsere vorweihnachtliche Geschäftigkeit. Wir kommen nicht zur Ruhe, zum Nachdenken. Wir dürfen es nicht so machen wie dieser Großinquisitor. Und irgendwie verstehe ich ihn! Auch ich will nicht, dass meine mühsam aufgerichtete Welt zerstört wird – meine Ordnung, mein Raum. Ich müsste vielleicht einiges ändern. Auch ich könnte in die Versuchung kommen zu sagen: „Geh – und komm nie wieder“.
Wir müssen diesen Rufer in der Wüste ernst nehmen und diesem Jesus nicht die Tür verschließen, sondern aufmachen, uns vielleicht fragen: Was muß ich anders machen? Es kommt immer wieder auf dasselbe hinaus: Mit beiden Füßen in der Welt stehen, Augen und Ohren offen halten und den sehen, der meine Hilfe braucht. Nicht: „Komm nie wieder“, sondern „Komm, Herr Jesus und gib mir Kraft in meinem Nächsten DICH zu sehen und danach zu handeln“. Alle Jahre wieder kommt das Christuskind auf die Erde nieder, wo wir Menschen sind. Komm mit deinem Segen in jedes Haus. Geh auf allen Wegen mit uns ein und aus. Pater Nivard