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Lehrermangel: Bildungsdirektor rechnet frühstens ab 2028/29 “mit leichter Entspannung”

29.04.2025 • 23:32 Uhr
Lehrermangel: Bildungsdirektor rechnet frühstens ab 2028/29 "mit leichter Entspannung"
Der Mangel an Lehrerinnen und Lehrern wird Vorarlberg wohl noch länger begleiten: Das sieht auch Bildungsdirektor Heiko Richter so. Er hofft unter anderem auf mehr Absolventen durch die neue Lehramtsstruktur. Hartinger

In Vorarlberg werden für nächstes Schuljahr 474 Lehrerinnen und Lehrer gesucht. Zwar könnten die schwache Wirtschaftslage kurzfristig helfen, eine leichte Entspannung der schwierigen Personalsituation sei aber frühestens ab dem Schuljahr 2028/29 zu erwarten, sagt Bildungsdirektor Heiko Richter.


Für das kommende Schuljahr sind österreichweit 6135 Lehrerstellen ausgeschrieben – mehr als 4000 davon in Vollzeitäquivalenten. Besonders stark betroffen sind Wien, Niederösterreich und Tirol. Doch auch Vorarlberg steht vor großen Herausforderungen: Aktuell sind 474 Stellen im Land ausgeschrieben – 281 im Pflichtschulbereich (Volksschulen und Mittelschulen), 193 an höheren Schulen (AHS/BMHS). Das entspricht laut Bildungsdirektion etwa 295 Vollzeitäquivalenten (VZÄ). Im Vergleich zum Vorjahr – damals waren es 544 Stellen – ist das ein leichter Rückgang. Von Entspannung kann dennoch keine Rede sein.
Ob diese Stellen auch tatsächlich besetzt werden können, ist offen. Bildungsdirektor Heiko Richter betont, dass zu Beginn der Ausschreibung keine verlässlichen Prognosen über die Zahl der Bewerbungen möglich seien. Etwas Entlastung erhofft man sich durch die Verkürzung der Lehramtsausbildung ab Herbst 2025 – dann dürften mehr Absolventen als bisher ihr Studium abschließen.

In welchen Fächern Lehrer gesucht werden

Der größte Bedarf besteht weiterhin an den Pflichtschulen. Besonders gesucht werden Klassenlehrer für Volksschulen sowie Fachkräfte für Mittelschulen, etwa in Deutsch, Mathematik, Englisch, Sport und Werken. In der Personalplanung bleibt dieser Bereich das größte Sorgenfeld – auch, weil sich Pensionierungen ankündigen: 177 Lehrkräfte erreichen im Schuljahr 2025/26 das Regelpensionsalter, so die Bildungsdirektion.


Richter geht davon aus, dass die Herausforderung im Vergleich zu den vergangenen Jahren in etwa gleich bleibt. Eventuell könnte sich durch die schwache Wirtschaftslage sogar eine Verbesserung ergeben. Um den Lehrbetrieb aufrechtzuerhalten, setzt auch Vorarlberg verstärkt auf Quereinsteiger und Lehrkräfte mit Sonderverträgen. Diese absolvieren verpflichtend einen berufsbegleitenden Lehrgang an der Pädagogischen Hochschule Vorarlberg, in dem Didaktik und Pädagogik im Mittelpunkt stehen. „An der Schule werden ihnen außerdem Mentorinnen und Mentoren zur Seite gestellt. Zusätzlich bieten wir ein ehrenamtliches Coaching durch pensionierte Lehrkräfte an“, so Richter.

Quereinsteiger in Volksschulen

Ein Vorschlag von Bildungsminister Christoph Wiederkehr (Neos) sorgt aktuell für Diskussionen: Künftig soll auch in Volksschulen der Quereinstieg möglich sein. Der österreichische Pflichtschulvertreter Paul Kimberger äußerte deutliche Bedenken. Es gehe um „sensible pädagogische Bereiche“, die besonders gut abgesichert sein müssten. Richter zeigt sich offen, mahnt aber zur Sorgfalt: „Aus Dienstgebersicht ist es sicherlich notwendig, dass aufgrund des großen Personalbedarfs in der Volksschule gerade auch dort ein Quereinstiegsmodell überlegt wird.“ Allerdings brauche es dazu klare Voraussetzungen und eine sehr gute akademische und pädagogische Begleitung. Ein Pilotprojekt in Wien soll im Herbst starten, Vorarlberg will es „aufmerksam beobachten“.
Bereits jetzt sind in Vorarlberg zahlreiche Quereinsteiger und Lehrkräfte mit Sonderverträgen im Einsatz – teils, weil anders keine Versorgung möglich ist, teils, weil diese Gruppen ausbildungsbedingt nur in Teilzeit verfügbar sind. Um die Unterrichtsqualität zu sichern, setzt das Land auf gezielte Begleitung: „Diese Lehrpersonen sind verpflichtet, einen berufsbegleitenden Lehrgang an der Pädagogischen Hochschule Vorarlberg zu absolvieren, bei dem Didaktik und Pädagogik im Zentrum stehen. An den Schulen werden ihnen Mentorinnen und Mentoren zur Seite gestellt. Zusätzlich bieten wir ein ehrenamtliches Coaching durch pensionierte Lehrkräfte an“, sagt Richter.

Lehrermangel: Bildungsdirektor rechnet frühstens ab 2028/29 "mit leichter Entspannung"
Bildungsdirektor Heiko Richter. hartinger

Viele Lehrkräfte in Teilzeit

Die hohe Teilzeitquote im Lehrberuf hat mehrere Ursachen. Einerseits sind viele Neuzugänge – etwa Quereinsteiger oder Bachelorabsolventen – nur in reduziertem Ausmaß einsatzfähig. Andererseits ist Teilzeit in Vorarlberg traditionell weit verbreitet, vor allem unter Frauen, die familiäre Betreuungspflichten übernehmen. Auch heuer rief die Bildungsdirektion Lehrkräfte dazu auf, Stunden aufzustocken. Seitens der Schulleitung würden hierzu „wertschätzende und motivierende Gespräche“ geführt, sagt Richter.
Zur Personalgewinnung wirbt das Land mit der Kampagne „Bildung bringt’s“ auch über die Landesgrenzen hinaus – etwa in Richtung Deutschland, Schweiz und Liechtenstein. Doch der Wettbewerb ist groß. „Auch unsere Nachbarländer und die anderen Bundesländer haben mit dem Lehrermangel zu kämpfen“, so Richter.

Zwar konnten im vergangenen Jahr alle Lehrerstellen irgendwie besetzt werden – etwa durch Mehrdienstleistungen, befristete Lösungen oder Umschichtungen –, doch eine langfristige Entlastung ist nicht in Sicht. „Bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen – insbesondere in Bezug auf die Schülerzahlen – rechnen wir frühestens ab dem Schuljahr 2028/29 mit einer leichten Entspannung“, erklärt Richter.

33 Schulleitungsposten ausgeschrieben

Nicht nur im Klassenzimmer, auch auf Führungsebene stehen Veränderungen an: 33 Schulleitungsfunktionen sind für das kommende Schuljahr ausgeschrieben. Aktuell ist keine Stelle vakant, es geht um planmäßige Nachbesetzungen. Um das Interesse zu stärken, wurde im Jänner eine niederschwellige Infoveranstaltung mit der Pädagogischen Hochschule organisiert. „Rund 50 Lehrkräfte haben sich dabei über Aufgaben, Anforderungen und Bewerbungsmodalitäten informiert“, so Richter. Das Land fordert höhere Zulagen für Schulleitungen, die Entscheidung darüber liegt beim Bund.