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Livestream archivieren oder löschen? Stadtvertreter sind sich uneinig

07.05.2025 • 17:22 Uhr
Stadtvertretung Feldkirch
Stadtvertretung Feldkirch tagte am Dienstag. Livestream Stadt FK

Feldkirch streamt Stadtvertretungssitzungen weiter nur kurz: Ein Antrag auf dauerhafte Speicherung scheiterte in der ersten Stadtvertretungssitzung.


Was in vielen Städten längst Alltag ist, sorgt in Feldkirch für Diskussionen: Die Stadtvertretung debattierte am Dienstagabend unter anderem darüber, ob Livestreams der öffentlichen Sitzungen künftig dauerhaft abrufbar bleiben sollen. Installiert wurden diese Übertragungen während der Corona-Pandemie – heute gehören sie zum Standard, etwa in Bludenz, Bregenz oder Dornbirn, wo sie auch nach der Live-Übertragung gespeichert werden.


Im Jahr 2023 verfolgten im Schnitt 215 Personen die fünf Sitzungen – entweder live oder innerhalb der darauffolgenden Woche über die bereitgestellte Aufzeichnung – bei rund 36.000 Einwohnern ein sehr überschaubarer Anteil. Dennoch forderten Grüne, Neos und SPÖ mit einem gemeinsamen Antrag nun, die Videos dauerhaft zugänglich zu machen. Zudem sollen Stadtvertreter berechtigt sein, ihre eigenen Wortmeldungen für politische Arbeit oder soziale Medien zu nutzen. Drittens: Die jährliche Befristung des Livestream-Beschlusses soll abgeschafft werden.

Stadtvertretung Feldkirch
Fabienne Lackner (Neos). Livestream Stadt Fk


Neos-Stadträtin Fabienne Lackner betonte in ihrer Wortmeldung, dass es um Transparenz gehe: „Politik muss offen, sie muss sichtbar, sie muss verständlich und ja – auch digital sein.“ Der Antrag sehe vor, den Livestream nicht mehr nur sieben Tage, sondern langfristig bereitzustellen. „Das ist nichts Revolutionäres – wir fordern, was andernorts bereits Alltag ist“, so Lackner.

Stadtvertretung Feldkirch
Benedikt König (ÖVP). Livestream Stadt Fk

Qualität der Debatten habe gelitten

Benedikt König (ÖVP), ehemaliger Stadtrat und langjähriges Mitglied der Stadtvertretung, zeigte sich grundsätzlich skeptisch gegenüber dem Livestream. Seine Hauptkritik: Die Qualität der Debatten habe sich seit dessen Einführung deutlich verschlechtert. „Seit wir die Kamera mitlaufen lassen, sind die Wortmeldungen kürzer und zurückhaltender geworden. Wir haben kaum mehr echte Auseinandersetzungen, sondern nur noch Kurzstatements.“ Er berichtete von jüngeren Mandataren, die sich aus Angst vor der Kamera nicht mehr ans Rednerpult trauen – in einem Fall habe es sogar eine Panikattacke gegeben. Eine dauerhafte Speicherung sei daher aus seiner Sicht problematisch, auch mit Blick auf das Recht auf Vergessen. Zudem sieht König offene Fragen bei Datenschutz und Kosten. „Für eine langfristige Speicherung braucht es mehr als ein Webhosting. Es braucht eine sichere Datenbank, Speicherplatz, Zugriffsschutz – das verursacht Kosten, die im Antrag gar nicht berücksichtigt wurden.“ Inhaltlich betonte König, dass sich die ÖVP mit dem Livestream als solchem arrangiert habe – auch wenn der historische Ratssaal technisch nicht dafür ausgestattet sei. Die dauerhafte Archivierung lehne man aber ab: „Die Stadtvertretung ist kein Ort für politische Showauftritte, sondern für inhaltliche Arbeit.“

Stadtvertretung Feldkirch
Clemens Rauch. Livestream Stadt Fk

Rauch zeigt sich verwundert

Clemens Rauch (Grüne) plädierte mit Nachdruck für eine langfristige Archivierung des Livestreams und zeigte sich über die ablehnende Haltung der Koalition irritiert: „Es verwundert mich schon sehr, dass man im Jahr 2025 überhaupt noch über die Sinnhaftigkeit eines Livestreams diskutieren muss.“ Die Stadtvertretung sei öffentlich, und es müsse möglich sein, das politische Geschehen auch dann nachzuvollziehen, wenn man nicht physisch teilnehmen könne. Er verwies auf Erfahrungen aus dem Rathaus: Zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden den Livestream nutzen, um sich gezielt über einzelne Tagesordnungspunkte zu informieren. Gerade das gezielte Nachschauen sei ein echter Mehrwert – etwa dann, wenn man zu einem Punkt selbst Bezug habe oder betroffen sei.


Zur Frage der dauerhaften Speicherung zeigt sich Rauch allerdings kompromissbereit: „Wir können auch über eine Befristung sprechen – etwa über die Dauer einer Mandatsperiode. Auch der Einwand, dass Stadtvertreter sich durch die öffentliche Sichtbarkeit angreifbar machten, sei für ihn nicht nachvollziehbar: „Wer sich zu politischen Inhalten äußert, sollte auch dazu stehen können – auch öffentlich.“ Zu den Kosten hielt er fest, dass Archivierungslösungen keineswegs teuer sein müssten: „Die Stadt Bludenz speichert ihre Sitzungen auf YouTube – das verursacht keine zusätzlichen Kosten.“ Wenn Feldkirch ohnehin in Übertragungstechnik investiert habe, sei es nur logisch, daraus auch den größtmöglichen Nutzen zu ziehen.

Trotz breiter Debatte fand der Antrag keine Mehrheit. Die Koalition aus ÖVP und FPÖ stimmte geschlossen dagegen.

Neue Bezüge für Ortsvorsteher

Kurzfristig abgesetzt wurde die geplante Anpassung der Bezügeverordnung im Zusammenhang mit der Erhöhung der Zahl der Ortsvorsteher von fünf auf sechs. Bürgermeister Manfred Rädler (ÖVP) begründete die Absetzung wenige Stunden vor der Sitzung mit „Abklärungen zu weiteren Bezügen“, wollte aber keine näheren Details nennen. Die Grünen zeigten sich irritiert, dass ein bereits angekündigter Punkt so spät gestrichen wurde.In der letzten Stadtvertretungssitzung hatte die Opposition die Abschaffung der Ortsvorsteher beantragt. Feldkirch stockt die Zahl nun auf sechs auf. Die Erweiterung soll allerdings kostenneutral erfolgen, weshalb eine Anpassung der Bezügeverordnung notwendig ist.