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Spitalsreform : „Selbstbedienung“ bei Beratungsaufträgen?

07.10.2025 • 23:01 Uhr
Spitalsreform : „Selbstbedienung“ bei Beratungsaufträgen?
Im Zuge der Spitalsstrukturreform flossen seit 2005 hohe Summen an externe Berater, ein Großteil davon an Firmen mit Gremienbezug.Hartinger

Über Jahre erhielt ein Mitglied des KHBG-Aufsichtsrats und der Landes-Zielsteuerungskommission öffentliche Aufträge im Gesundheitsbereich.

Die SPÖ hat in der Causa rund um umstrittene Beratungsaufträge im Zuge der Vorarlberger Spitalsreform drei neue Landtagsanfragen eingebracht. Auslöser ist eine aktuelle Anfragebeantwortung von Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher, wonach zwischen 2005 und 2025 17 Einzelaufträge und Rahmenvereinbarungen mit einem Volumen von rund 1,68 Millionen Euro an Unternehmen des KHBG-Aufsichtsrats und früheren Landes-Zielsteuerungskommissions-Mitglieds Johannes Hohenauer gingen. Konkret betroffen ist unter anderem dessen Firma BDO Health Care Consultancy GmbH.

Pressefoyer Spitalspaket
KHBG-Direktor Gerald Fleisch, Landeshauptmann Markus Wallner, Landesrätin Martina Rüscher und Gesundheitsexperte- und berater Johannes Hohenauer.VLK

“Offensichtlicher Interessenskonflikt”

Mit der im September abgeschlossenen neuen Rahmenvereinbarung, deren Höchstabrufwert bei 840.000 Euro liegt, steigt das potenzielle Gesamtvolumen auf 2,18 Millionen Euro. Laut SPÖ seien davon rund 80 Prozent an Hohenauers Firmen geflossen – und das über 20 Jahre hinweg. Die Sozialdemokraten sehen darin einen „offensichtlichen und andauernden Interessenskonflikt“.
Besonders problematisch sei, dass Hohenauer als Aufsichtsrat der Krankenhausbetriebsgesellschaft (KHBG) sowie als Mitglied der Landes-Zielsteuerungskommission, über Jahre hinweg an zentralen Entscheidungen beteiligt gewesen sei – während er gleichzeitig regelmäßig Berateraufträge erhalten habe.

Aufträge an Die Firmen

Gesamtvolumen: ca. 1,68 Mio. Euro (2005–2025)

Stand: September 2025, exkl. laufender Rahmenvereinbarung

Jahr(e)

Auftrag/Funktion

Firma

Volumen (brutto)

2005

KHBG-Beratung (Struktur, Organisation)

Ebner Hohenauer HC Consult GmbH

26.801,89 Euro

2006

Versorgungsplanung

Ebner Hohenauer HC Consult GmbH

31.668,00 Euro

2007

Strukturberatung

Ebner Hohenauer HC Consult GmbH

27.345,87 Euro

2011

KHBG: Versorgungs- und Organisationsplanung

Ebner Hohenauer HC Consult GmbH

31.239,54 Euro

2012

Drei Teilprojekte (u. a. Kinderchirurgie, KHBG)

Ebner Hohenauer HC Consult GmbH

108.809,52 Euro

2013

Regionaler Strukturplan Gesundheit

Ebner Hohenauer HC Consult GmbH

6.589,46 Euro

2014

Sanatorium Mehrerau, ärztliche Kapazitäten

Ebner Hohenauer HC Consult GmbH

32.878,50 Euro

2014–2017

Moderation gesundheitspolitischer Dialog

Ebner Hohenauer HC Consult GmbH

35.220,81 Euro

2017

RSG-Beratungen

Ebner Hohenauer HC Consult GmbH

86.078,68 Euro

2018

Weitere RSG-Beratungen

Ebner Hohenauer HC Consult GmbH

26.228,43 Euro

2019

RSG 2020

BDO Health Care Consultancy GmbH

34.811,46 Euro

2019–2020

Gesundheitsstrategie & „Spital 2030“

BDO Health Care Consultancy GmbH

45.164,32 Euro

2019–2021

Versorgungsentwicklung

BDO Health Care Consultancy GmbH

15.313,98 Euro

2019–2022

Projekt „Mein Spital 2030“

BDO Health Care Consultancy GmbH

66.822,01 Euro

2023

KHBG: Beratung

BDO Health Care Consultancy GmbH

13.028,78 Euro

2024

KHBG: Beratung

BDO Health Care Consultancy GmbH

37.824,35 Euro

2024

Gesundheitspolitischer Dialog

BDO Health Care Consultancy GmbH

62.814,39 Euro

Hinweis: Zusätzlich wurde 2025 eine Rahmenvereinbarung mit einem maximalen Abrufwert von 840.000 Euro an die BDO Health Care Consultancy GmbH vergeben. Der erste Abruf wurde auf maximal 160.000 Euro begrenzt.

Maurice Shourot
SPÖ-Gesundheitssprecherin Manuela Auer. Shourot

Selbstbedienungsmentalität


„Beim Land sieht man offenbar keine Notwendigkeit, sich an die eigenen Vorgaben hinsichtlich Unvereinbarkeiten zu halten. Im Gegenteil: Man pflegt ganz unbeschwert eine Selbstbedienungsmentalität“, sagt SPÖ-Landtagsabgeordnete Manuela Auer. Damit habe man bewusst Konstrukte gefördert, „in denen Auftraggeber und Auftragnehmer identisch sind“ und damit sei über Jahre hinweg ein absolutes Tabu sauberer Unternehmensführung gebrochen worden.

Land verweist auf Vergaberecht

Die Landesregierung verweist in ihrer Stellungnahme auf geltendes Vergaberecht. So heißt es in der Anfragebeantwortung: „Die geschätzten Auftragswerte lagen bei den vergebenen Leistungen jeweils unter 100.000 Euro (netto), weshalb die Aufträge per Direktvergabe erteilt werden konnten.“ Nur bei höheren Summen komme eine EU-weite Ausschreibung zum Tragen.

Im Hinblick auf mögliche Befangenheiten verweist Rüscher auf interne Regelungen: „In Fällen von personellen Überschneidungen wurde darauf geachtet, dass sich die betreffenden Mitglieder der Stimme enthielten bzw. die Sitzung verließen.“

Wie sieht es in anderen Gesellschaften des Landes aus?

Die SPÖ fordert nun umfassende Aufklärung auch über andere landesnahe Gesellschaften. In neuen Anfragen an Landeshauptmann Markus Wallner will die Partei etwa wissen, ob es auch in Unternehmen wie der Illwerke vkw AG, der Fachhochschule Vorarlberg GmbH oder der Vorarlberger Kulturhäuser-Betriebsgesellschaft ähnliche Konstellationen gegeben hat.
Ein weiterer Fokus liegt auf der Einhaltung des Corporate Governance Kodex des Landes, der solche dauerhaften Verflechtungen ausdrücklich ausschließt. Die SPÖ fragt: Wie ernst nimmt die Landesregierung ihre eigenen Regeln?