NEUE-Exklusiv: Das sind die Änderungen in Vorarlbergs Spitälern

Seit 8.30 Uhr wird die Belegschaft der Vorarlberger Krankenhäuser über die bevorstehenden Änderungen in der Spitalslandschaft informiert. Der NEUE liegen die ersten Ergebnisse vor.
Heute Vormittag informiert das Land Vorarlberg über die Ergebnisse des Regionalen Strukturplans Gesundheit 2030 – jenes Konzepts, das die Spitalslandschaft des Landes in den kommenden Jahren grundlegend verändern wird. Den Auftakt macht die interne Präsentation für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Vorarlberger Krankenhäuser: Seit 8.30 Uhr werden die Beschäftigten in einer gemeinsamen Veranstaltung im Schwerpunktkrankenhaus Feldkirch über die geplanten Neuerungen informiert. Die Präsentation wird per Live-Stream in alle Landeskrankenhäuser übertragen, auch in Dornbirn, Bludenz, Bregenz, Hohenems und Rankweil gibt es eigens eingerichtete Räume zum Mitverfolgen der Übertragung.
Demografische Entwicklung
Den Anfang machte Landesrätin Martina Rüscher (ÖVP). Sie begründete die Spitalsreform mit drei zentralen Faktoren: Der demografischen Entwicklung, steigenden Kosten und einem zunehmenden Fachkräftemangel. Die Bevölkerung Vorarlbergs wachse stark, gleichzeitig steige der Anteil älterer Menschen deutlich. Bis 2050 werde mehr als ein Viertel der Bevölkerung über 65 Jahre alt sein und diese Altersgruppe benötige im Schnitt viermal so viele Gesundheitsleistungen wie Jüngere. „Wenn wir jetzt nicht reagieren, können wir den heutigen Versorgungsstandard in zehn Jahren nicht mehr halten“, so Rüscher.

Finanzieller Druck
Die Landesrätin sprach auch den wachsenden finanziellen Druck an. Die Gesundheitsausgaben steigen laut Rüscher linear an, während die Einnahmen von Land und Gemeinden stagnieren oder sinken. Neben höheren Personalkosten und Indexierungen seien vor allem die Kosten für Medikamente, Medizintechnik und onkologische Behandlungen stark gestiegen. Ziel sei daher, „mit begrenzten personellen und finanziellen Ressourcen das Bestmögliche zu schaffen“. Dazu sollen Abteilungen gebündelt und Vorhaltekosten – etwa für nächtliche Bereitschaften – reduziert werden.
Maßnahmen in 17 Fächern
Inhaltlich stellte Rüscher klar, dass in 17 medizinischen Fächern Maßnahmen beschlossen wurden, um eine bessere Versorgungsqualität zu erreichen. Größere Teams sollen mehr Routine und Spezialisierung ermöglichen, auch moderne Technik wie Roboterchirurgie könne nicht an allen Standorten vorgehalten werden. Für die Mitarbeitenden kündigte sie stabilere Dienstpläne, größere Personalpools und eine Jobgarantie an.
Ausbildung
Zudem soll die Ausbildung künftig im Rotationsprinzip über mehrere Häuser erfolgen, um eine breitere klinische Erfahrung zu sichern. Als ergänzende Maßnahmen nannte Rüscher die Rückführung der Gesundheits-Hotline 1450 in Landeshand bis 2026, den Ausbau telemedizinischer Angebote sowie die Bündelung der Dialyse an einem Standort in Rankweil. Die Reform sei, so Rüscher, notwendig, „um Arbeitsplätze und Spitzenmedizin im Land auch langfristig zu sichern“.

Mutter-Kind-Zentrum in Bregenz, Orthopädie und Traumatologie in Dornbirn
Gesundheitsberater Johannes Hohenauer von der BDO Health Care stellte im Rahmen der Präsentation des Regionalen Strukturplans Gesundheit 2030 die künftige Aufteilung der Fachbereiche zwischen den Spitälern im Land vor.
Im Unterland, wo laut Gesundheitsberater Johannes Hohenauer „der große Fokus der bisherigen Diskussion lag“, wird künftig der Schwerpunkt Mutter-Kind in Bregenz gebündelt. Dieses Zentrum umfasst die Geburtshilfe, die aus Dornbirn und Bregenz zusammengeführt wird, sowie die Gynäkologie. Dabei bleibe die enge Kooperation zwischen den beiden Standorten bestehen: „Wir werden in der Gynäkologie weiter diese enge Zusammenarbeit mit Dornbirn haben, um die Zertifizierungen in der onkologischen Versorgung aufrechtzuerhalten.“ Hohenauer betonte, dass diese Verbindung wichtig sei, um die hohe fachliche Qualität und die bestehenden Zertifizierungen zu sichern. Auch in der Pädiatrie werde die Kooperation fortgesetzt: „Wir haben in der Pädiatrie eine gute Zusammenarbeit zwischen dem Team in Bregenz und in Dornbirn – da wird ein guter Übergang möglich sein.“
Ein wesentlicher Teil des neuen Zentrums ist auch die Kinderonkologie, die bisher in Dornbirn beheimatet war. Sie „wird erhalten, aber nach Bregenz transferiert“, so Hohenauer. Damit sollen die Kompetenzen in den Bereichen Geburtshilfe, Gynäkologie, Pädiatrie und Kinderonkologie künftig an einem Standort gebündelt werden – mit dem Ziel, „größere Teams, mehr Routine und eine noch bessere Versorgung für Mutter und Kind“ zu schaffen. Bis 2027/2028 soll der Umbau abgeschlossen sein.
Besser umsetzbare Variante
Das Krankenhaus Dornbirn wird laut Hohenauer „voll in die Unterlandversorgung integriert“. Zentral sei „einerseits die Abwanderung des Mutter-Kind-Schwerpunktes, andererseits die Zusammenführung der gesamten Versorgung Traumatologie und Orthopädie im Unterland“. Zur Entscheidung sagte er: „Wir haben uns für diese Variante entschieden, weil sie sich als die aus unserer Sicht besser umsetzbare zeigt, weil wir in Dornbirn sehr gut neugebauten OP haben, den wir auslasten wollen.“ Außerdem soll in Dornbirn die Akut-Geriatrie-Remobilisation entwickelt werden. „Wir werden ja in der Orthopädie das Gesamtpakt zusammenführen in Dornbirn. Also auch keine konservative Orthopädie mehr in Hohenems haben.“ Eine Kinderambulanz soll es in Dornbirn weiterhin geben. Umgekehrt soll in Bregenz eine Traumambulanz eingerichtet werden.
In der Urologie sei eine Zusammenführung der Abteilungen vorgesehen. „Langfristig soll die Urologie in Feldkirch verortet werden“, so Hohenauer. „Kurzfristig verbleibt urologische Leistung auch in Bregenz. Die Zusammenführung der Abteilungen soll aber recht rasch vonstatten gehen.“
Dermatologie wandert nach Hohenems
Im Krankenhaus Hohenems soll die bestehende Psychosomatik am Standort verbleiben. „Es ist gut dort verortet und es soll dort bleiben“, erklärte Johannes Hohenauer. Neu hinzukommen wird die Dermatologie, die dort „eingebettet in einen Standort mit starker Innerer Medizin“ ausgebaut werden soll. Besonderes Augenmerk liegt auf der onkologischen Dermatologie, die als „High-End-Fach“ etabliert werden soll. Hohenauer betonte, dass sich das Fachgebiet dynamisch weiterentwickle und Hohenems mit seiner Lage am Bahnhof gut geeignet sei, um eine wohnortnahe ambulante Versorgung zu gewährleisten. Bestehende Bereiche wie die ambulante Chirurgie und die Radiologie bleiben weiterhin am Standort erhalten.
Augenabteilung bekommt Außenstelle
Im Bereich der Augenheilkunde, die derzeit vollständig in Feldkirch angesiedelt ist, wird künftig eine Außenstelle im Unterland eingerichtet. Damit soll die Zugänglichkeit für Patientinnen und Patienten verbessert und das hohe Behandlungsvolumen besser bewältigt werden, erklärte Gesundheitsberater Johannes Hohenauer. Besonders bei Katarakt-Operationen – den häufigsten chirurgischen Eingriffen im Land – und bei IVOM-Behandlungen bestehe hoher Bedarf. IVOM steht für Intravitreale operative Medikamenteneingabe: Dabei wird ein Medikament mit einer sehr feinen Nadel direkt in den Glaskörperraum des Auges injiziert, um Netzhauterkrankungen wie die altersbedingte Netzhautablösung oder Gefäßverschlüsse gezielt zu behandeln. Feldkirch bleibt dennoch der zentrale Standort im Fach Augen.
Kinder- und Jugendpsychosomatik in Rankweil
In Rankweil wird der laufende Neubau fortgeführt. Eine Neuerung sei die geplante Kinder- und Jugendpsychosomatik: „Ein Angebot, das es derzeit nicht gibt, das soll neu entwickelt werden”, so Hohenauer. Abgezogen werden hingegen die Onkologie und die Akutneurologie, die „nach Feldkirch verlagert“ werden.
Die zentralen Änderungen im Überblick
Bregenz: Mutter-Kind-Schwerpunkt (Geburtshilfe, Gynäkologie, Pädiatrie, Kinderonkologie) für das gesamte Unterland.
Dornbirn: Orthopädie und Traumatologie des Unterlands zusammengeführt; neue Akut-Geriatrie-Remobilisation.
Hohenems: Psychosomatik bleibt; neue onkologische Dermatologie; ambulante Chirurgie und Radiologie bleiben.
Rankweil: Neubau fortgeführt; neue Kinder- und Jugendpsychosomatik; Onkologie und Akutneurologie verlagert nach Feldkirch.
Feldkirch: Zentrales Schwerpunktspital; Onkologie, Neurologie, Urologie gebündelt; Kooperation mit Tirol in der Neurochirurgie; geplanter Masterplan für Erneuerung.
Bludenz: Schließung der Geburtshilfe Ende 2025; Schwerpunkt ambulante Operationen und neue Akutgeriatrie; Maria Rast dauerhaft integriert.
Maria Ebene: Suchtversorgung bleibt, organisatorische Neuaufstellung mit dem Land in Vorbereitung.

Nur ein Schwerpunktkrankenhaus
Feldkirch bleibt das zentrale Schwerpunktkrankenhaus des Landes. Die Idee, zwei Schwerpunktspitäler zu betreiben, „geht sich einfach nicht aus“. Ein Schwerpunktspital brauche „ein Einzugsgebiet von 350.000 bis 600.000 Einwohnern. Vorarlberg hat 400.000.“ Feldkirch übernimmt die Urologie-, Onkologie- und Neurologie-Schwerpunkte und soll auch in der Zusammenarbeit mit dem Mutter-Kind-Zentrum im Unterland den perinatalen Schwerpunkt weiterentwickeln
Im Fach Neurochirurgie soll es eine Kooperation mit den Tirol-Kliniken geben. „Vorarlberg ist zu klein, dass es eine Vollabteilung mit 24-Stunden-Neurochirurgie trägt“, sagte Hohenauer. Zudem kündigte er einen Masterplan für die Erneuerung des Spitals Feldkirch an.
Bludenz Schwerpunkt für ambulante Operationen
Für Bludenz bestätigte Hohenauer die bereits bekannte Schließung der Geburtshilfe mit Jahresende. „Die Geburtshilfe wird Ende des Jahres dort nicht mehr angeboten und hier nach Feldkirch kommen.“ Bludenz solle künftig einen „ganz klaren Schwerpunkt ambulante Operationen“ erhalten. Außerdem entstehe dort eine Akutgeriatrie, „das zweite neue Fach in Vorarlberg“. Zusätzlich werde die Maria Rast langfristig in Bludenz verortet, nachdem das Gebäude in Maria Rast „nicht zu sanieren“ sei.
Organisatorische Neuordnung der Maria Ebene
Für die Stiftung Maria Ebene, die in Vorarlberg für die Suchtversorgung zuständig ist, sind laut Johannes Hohenauer keine strukturellen Veränderungen geplant. „Dort ist die Suchtversorgung, dort bleibt die Suchtversorgung“, betonte er. Derzeit befinde man sich jedoch „im Austausch mit dem Kuratorium, wie wir das neu aufstellen“. Dabei gehe es weniger um Fragen des Regionalen Strukturplans, sondern um eine organisatorische Neuordnung zwischen dem Land als Finanzier und dem Kuratorium der Stiftung. Ziel sei es, die „wichtige Rolle der Suchtversorgung in Vorarlberg langfristig abzusichern“.