Mercosur – Österreich dürfte bei Veto bleiben

HEUTE • 11:39 Uhr

Kurz vor der entscheidenden Abstimmung über den Mercosur-Pakt in Brüssel zeichnet sich in Bezug auf die österreichische Position kein Schwenk mehr ab. Für Zustimmung auf EU-Ebene bräuchte es rasch einen Beschluss im EU-Ausschuss, aus den großen Regierungsparteien ÖVP und SPÖ drangen zuletzt aber keine Signale, dass am bis dato bindenden Veto noch gerüttelt wird. Dezidiert pro Mercosur positionierten sich von den Parlamentsparteien in der Vergangenheit nur die NEOS.

Im Büro von Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) verwies man dazu auf APA-Anfrage schlicht auf “bisherige Aussagen” des Kanzlers zur Thematik. Stocker hatte sich mit Blick auf den Handelspakt unlängst zwar abwartend optimistisch geäußert, stets aber an den aufrechten Parlamentsbeschluss aus dem Jahr 2019 erinnert, der die Alpenrepublik zu einem “Nein” zu Mercosur in der EU verpflichtet. Und auch in der SPÖ, die großteils stets gegen Mercosur war, winkte man gegenüber der APA zuletzt ab. Aus dem roten Parlamentsklub hieß es etwa, dass man keine Veranlassung sehe, die geltende Position in Frage zu stellen.

Folgt man einem Bericht des “Standard” (online) vom Donnerstag, dürfte es innerhalb der ÖVP allerdings Bestrebungen gegeben haben, es doch noch zu einer parlamentarischen Abstimmung zu bringen. Demnach berief ÖVP-Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer den Unterausschuss für EU-Angelegenheiten ein, zog dieses Verlangen dann aber wieder zurück. Vom Ministerium wurde der Vorgang gegenüber der APA zwar bestätigt, aber nicht in Verbindung mit Mercosur gebracht.

Parteienlandschaft gespalten

Innerhalb der Volkspartei ist der Wirtschaftsflügel in Form des Wirtschaftsbunds für das Abkommen, der mächtige Bauernflügel (Bauernbund) dagegen, was Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP), der selbst aus dem Bauernbund kommt, am Donnerstag einmal mehr bekräftigte: Er wolle bei einer allfälligen Abstimmung in den nächsten Tagen mit “Nein” stimmen, sagte er am Rande des Treffens der EU-Agrarminister.

Von den weiteren Parlamentsparteien lehnen FPÖ und Grüne das Handelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay seit jeher ab, die SPÖ ist kritisch, die liberalen NEOS dafür. Bei den Sozialpartnern ist die Wirtschaftskammer dafür, alle anderen sind bisher gegen einen Abschluss. Die Industriellenvereinigung (IV) spricht sich für den Pakt aus, Bedenken äußerten stets Umweltschützer von diversen NGOs.

Österreich könnte “Zünglein an der Waage” werden

Bis zuletzt war nicht sicher, ob das Handelsabkommen, das noch vor dem 20. Dezember vom Rat beschlossen werden soll, tatsächlich die notwendige Zustimmung finden wird. In Europa sind unter den großen Ländern Frankreich und Polen kritisch bis ablehnend. Fragezeichen gibt es auch hinter Belgien, den Niederlanden, Rumänien und Ungarn. Aufgrund der nach wie vor unklaren Verhältnisse – im Rat der EU braucht es eine qualifizierte Mehrheit – hätte eine Zustimmung Österreichs den Unterschied machen können. Unter Beobachtern gilt ein solches Szenario zwar als unwahrscheinlich, jedoch nicht als ausgeschlossen. Zuletzt waren hierzulande wieder Stimmen laut geworden, die ein “Ja” zum Mercosur-Handelsabkommen forderten – etwa im Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo).