Stillstand unter Österreichs Basketballkörben

NBA-Pionier Jakob Pöltl und ein aufstrebender Luka Brajkovic – Österreichs Basketball erlebte zuletzt Glanzlichter. Doch auf den heimischen Verband (ÖBV) warten Baustellen ohne Aussicht auf Besserung.
Nach dem Aufstieg in die nächste Phase der EM-Qualifikation fixierte das rot-weiß-rote Herren-Nationalteam vergangene Woche in Salzburg den Gruppensieg der Gruppe A. Das Team Austria besiegte in zwei Spielen Zypern und Irland, gab sich mit dem Ergebnis sehr zufrieden und hat fürs Erste tatsächlich abgeliefert. Dass sowohl die Iren (Weltranglisten-86.) als auch die Herren aus Zypern (84.) jedoch fern ab von ernst zu nehmender internationaler Qualität sind, führt zum ersten anhaltenden und nicht zu ignorierenden Problempunkt.

Utopisches Denken
Bereits seit Jahren gibt der ÖBV immer wieder das gleiche Ziel aus. Die Teilnahme an einer Europameisterschaft wurde bereits beim Trainerwechsel 2019, als auch in den Jahren zuvor stets angepriesen. Fakt ist: Die letzte Teilnahme an einer EM-Endrunde ist mittlerweile stolze 45 Jahre her, und auch in der vergangenen Dekade war eine erfolgreiche Qualifikation nicht einmal ansatzweise ein Thema. Viel verwirrender jedoch ist, aus welchen Strukturen sich die Zielsetzung der Funktionäre Jahr für Jahr zusammensetzt, denn obwohl man mit der aktiven Verstärkung von NBA-Spieler Pöltl nun erstklassige Rückendeckung erhält, fehlt es dem Kader an internationaler Qualität. Auch wenn einige in Österreich spielende Talente wie Renato Poljak und Guylain Mbemba durchaus internationales Potenzial haben, gilt die heimische Bundesliga im europaweiten Vergleich als eine der sportlich schwächsten Ligen. Leider lässt sich das doch etwas ernüchternde Bild der Herren auch auf die Nachwuchs-Kategorien übertragen. Bis auf einige wenige Ausnahmen taumeln die Jugend-Nationalteams seit Jahrzehnten in den Division-B-Europameisterschaften umher, erfolglos und ohne Aussicht auf Besserung.

Trainerwechsel
Ruder als neuer Trainer beim ÖBV übernahm, war die Freude zunächst groß. Der 48-jährige Wiener galt und gilt immer noch als einer der erfolgreichsten Basketball-Philosophen der Nation. Für den Verband damals ein großer Erfolg, denn bis dato waren es hauptsächlich ehemalige Bundesliga-Akteure und Trainerpersönlichkeiten mit kaum bis wenig internationaler Coaching-Erfahrung, die das Traineramt des Nationalteams innehatten. Im Sommer dieses Jahres dann die Hiobsbotschaft: Korner unterschreibt bei den Hamburg Towers (Deutsche Basketball Bundesliga) einen Zweijahresvertrag, mit Auswirkungen auf seinen Posten als Teamchef der österreichischen Nationalmannschaft, denn die Hamburger, die auch im EuroCup – dem zweithöchsten europäischen Basketball-Bewerb – spielen, stellen Korner vorerst nicht für zukünftige Länderspiel-Fenster frei. Ein Rückschlag für den Verband, für die Spieler, aber auch vermutlich für Korner selbst. Auch wenn nun zwar Assistenz-Trainer Chris O’Shea zum Teamchef aufsteigt und auch Raoul Korner Teil des Sportrats bleibt, ändert sich im Großen und Ganzen doch wieder eine Philosophie, die abermals viel zu wenig Zeit hatte, um sich nachhaltig und effektiv entwickeln zu können.
„3×3“ Basketball
Wo Licht, da auch Schatten. Denn die neue „3-gegen-3“-Basketball-Disziplin, die bei den Sommerspielen 2020 in Tokio erstmals ins olympische Programm aufgenommen wurde, etabliert sich weltweit immer mehr und sorgt nicht nur für ein immer jünger werdendes Publikum, sondern offenbart neue österreichische Potenziale. Denn sowohl die Damen als auch die Herren entwickeln sich unter großem Jubel der Nation zur wettkampffähigen 3×3-Nation und lieferten auch bei der kürzlich bei der Weltmeisterschaft in Antwerpen (Belgien) ordentlich ab. Die neue Art des Basketballs bietet also einen neuen Ausweg, für den der ÖBV sichtlich dankbar ist. Dass sich der österreichische Basketball jedoch auch im standardmäßigen Teambasketball etwas überlegen sollte, ist kein Geheimnis. Klar ist, Österreich ist keine Basketball-Nation und wird das auch so schnell nicht werden. Und auch wenn die positive Entwicklung von Aushängeschild und NBA-Spieler Jakob Pöltl gerne medial als erfolgreiches Konstrukt des ÖBV herhalten muss, verdankt Pöltl seinen Erfolg vermutlich primär sich selbst, denn sein Talent, seine Bodenständigkeit und sein unglaubliches Durchsetzungsvermögen in seiner College-Zeit haben den gebürtigen Wiener dort hingebracht, wo er heute ist. Will sich der Verband wirklich mit der Realität beschäftigen, gilt es, alte Strukturen aufzureißen, neue Ziele festzulegen und die Fehler im System zu suchen. Sollte das aber auch weiterhin nicht geschehen, dann dürfen auch in den kommenden Jahren und Jahrzehnten Siege über Irland und Zypern gefeiert werden, als wären sie Teil der europäischen Elite.
Luka Kevric