Österreich

Warum die Asylzahlen im Vorjahr zurückgingen

20.01.2024 • 07:44 Uhr
Warum die Asylzahlen im Vorjahr zurückgingen
58.686 Asylanträge wurden 2023 in Österreich gestellt. (Symbolbild)shutterstock

2023 sank die Zahl der im Land gestellten Asylanträge um 48 Prozent, in anderen EU-Ländern steigt sie.

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sieht sich mit Blick auf die vorläufige Asylstatistik für 2023 in seiner Politik bestätigt. „Die Kontrollen – national und international – wurden intensiviert und dadurch die Schlepperrouten gestört“, lässt er wissen. „Schlepper meiden derzeit Österreich.“ 58.686 Ansuchen wurden 2023 gestellt, im Vergleich zum Vorjahr ein Rückgang von 48 Prozent. Die Antragsteller kommen vorrangig aus Syrien, auch Afghanistan und die Türkei sind stark vertretene Herkunftsländer.

Transitland

Die von Karner gern bemühte „Asylbremse“ allein sei aber nicht der Grund für die sinkenden Zahlen, erklärt Migrationsforscherin Judith Kohlenberger. „Der Rückgang liegt auch daran, dass wir 2022 durch einen Corona-bedingten Rückstau mehr als 112.000 Anträge und damit ein Rekordjahr verzeichnet haben. Nachdem dieser Rückstau nun abgebaut wurde, gehen die Zahlen wieder runter.“ Zudem habe sich Österreich vom reinen Zielland auch in ein Transitland gewandelt.

Gut 30.000 Antragsteller haben das Land vorzeitig verlassen, Communitys vor Ort machten vor allem Italien (plus 64 Prozent), Deutschland (plus 47) und Spanien (plus 38) zu attraktiveren Zielländern. Österreichs Zahlen befinden sich dennoch weiter auf hohem Niveau. 2019 wurden lediglich 13.000 Anträge verzeichnet, vor zwei Jahren waren es knapp 40.000. Und auch in der Statistik, die die Asylanträge auf die jeweilige Bevölkerung der EU-Länder ummünzt, belegt Österreich nach Zypern den zweiten Platz.

Geopolitische Lage

Dass die Zahlen sinken, erklärt sich Kohlenberger auch mit der geopolitischen Lage. „Die Fluchtrouten haben sich vom Landweg, nämlich von der nur mehr schwer zu passierenden Balkanroute, auf den Seeweg von der türkischen Küste nach Italien verlegt“, erklärt die Forscherin. Auch das habe zu einer Reduktion geführt. „Zudem hat Serbien im Vorfeld der Wahl Ende Dezember die Grenze zu Ungarn mit einem massiven Sicherheitsaufgebot geschützt. Diese ressourcenintensive Kontrolle wird man dort nicht ewig aufrecht halten – und dann könnten die Menschen wieder über Ungarn Richtung Österreich kommen.“

Für Wirbel sorgten im Vorjahr auch explodierende Antragszahlen von Indern und Tunesiern. Serbien hatte die Einreise aus den Ländern ermöglicht, um dem Arbeitskräftemangel zu begegnen, doch die Menschen zogen weiter Richtung Westen. In Österreich blieb nur ein Bruchteil, Visa-Verschärfungen nach Druck aus der EU ließen die Zahlen rapide sinken.

Bestimmendes Thema

„Migration wird uns 2024 stark beschäftigen, weil sie bestimmendes Thema bei den Wahlen sein wird, die in vielen Ländern anstehen“, sagt Kohlenberger. Die dynamische Lage in Nahen Osten könne zu weiterer Vertreibung führen. Und auch in Sachen Ukraine-Krieg sei weiterhin keine große Rückkehrbewegung in Sicht.