Österreich

Neos-Meinl-Reisinger zur Spitzenkandidatin gekürt

20.04.2024 • 14:09 Uhr
Neos-Meinl-Reisinger zur Spitzenkandidatin gekürt
Irmgrad Griss und Beate Meinl-Reisinger in Graz. Richard Grossschaedl

Nationalratswahl: Pinke Bundesmitglieder küren am Samstag in Graz Meinl-Reisinger mit 93,4 % zur Spitzenkandidatin.

Neos-Parteichefin Beate Meinl-Reisinger wurde am Samstag in Graz mit 93,4 Prozent zur Spitzenkandidatin für die Nationalratswahl im Herbst gekürt. Sie erhielt 506 von 542 Stimmen. Im Vorfeld der Nationalratswahl 2019 hatte Meinl-Reisinger für die Kür zur Spitzenkandidatin noch 96,1 Prozent erhalten. Parteigründer Matthias Strolz hatte 2017 mehr als 98 Prozent erreicht. Neben der Spitzenkandidatur erstellten die Pinken in der Grazer Messe auch die Bundes- und die Landeslisten für den Urnengang (voraussichtlich am 29. September): Platz 2 ging an Stephanie Krisper, die damit noch Sepp Schellhorn überholte.

„Jetzt zeigen wir es ihnen.“

Rund 300 Pinke sind aus ganz Österreich nach Graz gekommen. Solche aus Salzburg nach einer Wahlschlappe („Wie es uns geht? Sind nun klein, aber fein“) und solche, die erst im Wahlkampf sind, wie Helmut Brandstätter: „Jetzt zeigen wir es ihnen.“ Niko Swatek, steirischer Landessprecher hat die Landtagswahl vor sich: Er beginnt auf der Bühne aber mit Bundespolitik. „Wie kann es sein, dass russische Spione leichter an Daten kommen als Bürger bei ihren Gemeinden?“ Dass „Steuergeld zum Hausbau verwendet worden sein soll? Liebe Grüße an die FPÖ, es gilt wie immer die Unschuldsvermutung“, kommt ein Seitenhieb in Richtung steirische FP.

Neos-Meinl-Reisinger zur Spitzenkandidatin gekürt
Niko Swatek: „Liebe Grüße an die FPÖ, es gilt wie immer die Unschuldsvermutung“. Richard Grossschaedl

Kritische Töne und Seitenhiebe

Irmgard Griss ist nach ihm am Wort und spricht den Voves-Sager in der Kleinen Zeitung („Wir haben die schwierigsten Zeiten und die schwächsten Politiker“) an. Dem stimmten viele zu. Auch Griss fehle das konstruktive Miteinander. Man beschimpfe sich im Parlament, mache sich gegenseitig herunter. Ihre Fraktion sei da anders. „Aber das, was Neos machen, kommt zu wenig bei den Menschen an“, rügt sie die Ihren. Und Griss mahnt weiter: In der Politik brauche es Anstand. „Für Politiker darf das Strafrecht nicht die einzige Grenze sein.“ Und Achtsamkeit, um sich in die Menschen hineinzuversetzen. Darüber hinaus Verantwortung: „Das Amt ist größer als der Mensch.“ Übrigens: Dass sie bei der Landtagswahl antrete, sei nicht richtig, stellt Griss ein Gerücht richtig.

ABD0025_20240420 – GRAZ – …STERREICH: Irmgard Griss wŠhrend der Bundesmitgliederversammlung der NEOS am Samstag, 20. April 2024, im Messe Congress Graz. – FOTO: APA/ERWIN SCHERIAU
Irmgard Griss APA/ERWIN SCHERIAU

Dann wird „gevotet“ – abgestimmt wird online übers Handy, was nicht bei allen klappt. Aber „wir haben einen Helpdesk“, den unter anderen die Parteichefin aufsucht. Begleitet von Kameras. Nach ihrer Wahl zur Spitzenkandidatin schwor Meinl-Reisinger die Mitglieder auf die Urnengänge ein: „Selbstgenügsamkeit ist nicht gut, Du musst hungrig und neugierig bleiben. Und diese Bereitschaft haben wir, daher bin ich zuversichtlich, dass wir erfolgreich sein werden wie nie zuvor bei der Nationalratswahl.“ Die Neos seien „Bereit wie nie zuvor. Wir werden die Neos in die Regierung führen.“ Mit der Rolle der „kleinen Oppositionspartei“ wolle sie sich nicht mehr zufrieden geben, betonte Meinl-Reisinger.

Aus eigener Kraft etwas aufbauen

Sie wiederholte bekannte Forderungen wie die Senkung der Steuern- und Abgabenquote. Damit die Menschen „wieder das Gefühl haben, dass sie sich etwas schaffen können.“ Es brauche eine „Trendumkehr“ und das könnten die Neos mit ihrer Politik bewirken. Unter anderem brachte sie abermals das von ihr geforderte „Chancenkonto für junge Menschen“ aufs Tapet. Sie habe dazu eine Reformgruppe eingesetzt. „In Bälde“ soll ein Vorschlag präsentiert werden.

Die Partei wisse, wie „wir die Mitte entlasten und wieder für Wettbewerb sorgen“. Sowohl brauche es dafür langfristige Visionen als auch ganz konkrete Punkte. Sie glaube „an jeden einzelnen Menschen, an seine Tat- und Schaffenskraft“, so Meinl-Reisinger. Es brauche wieder den Glauben, „dass man sich aus eigener Kraft etwas aufbauen kann“. „Wir wollen jedem Kind die Flügel heben. Wir wollen das machen und wir werden das machen.“

ABD0057_20240420 – GRAZ – …STERREICH: NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger wŠhrend der Bundesmitgliederversammlung der NEOS am Samstag, 20. April 2024, im Messe Congress Graz. – FOTO: APA/ERWIN SCHERIAU
Beate Meinl-Reisinger APA/ERWIN SCHERIAU

Listenerste

Insgesamt bewarben sich 135 Kandidatinnen und Kandidaten um einen Listenplatz. Veit Dengler, ein Mitbegründer, ist unter ihnen. Der Entscheid der Mitglieder bildet die dritte und letzte Stufe des pinken Vorwahlprozesses: Platz 2 ging an Stephanie Krisper noch vor Sepp Schellhorn.

Auf der Bundesliste folgen Abgeordneter Yannick Shetty, Junos-Chefin Sophie Wotschke, Mandatar Douglas Hoyos, Vorstandsmitglied Christoph Pramhofer und die Abgeordnete Henrike Brandstötter auf Platz 8, die damit wieder bessere Aussichten hat, neuerlich ein Mandat zu ergattern. Das hängt freilich von den Landesergebnissen ab: In Wien kandidiert Spitzenkandidatin Meinl-Reisinger als Listenerste vor Krisper und Shetty. Die über die Bundesliste nicht abgesicherten Abgeordneten Nikolaus Scherak und Karin Doppelbauer können als Listenerste auf Mandate in Nieder- und Oberösterreich hoffen, ebenso wie die Listenzweiten in diesen Ländern, Martina Künsberg Sarre (NÖ) und der Ex-Finanzvorstand des Autozulieferers Miba, Markus Hofer (OÖ). Spitzenkandidat in Vorarlberg ist Johannes Gasser, in Tirol Dominik Oberhofer, in Salzburg Schellhorn und in der Steiermark Veit Dengler. In Kärnten führt Janos Juvan die pinke Liste an, im Burgenland Christoph Johann Schneider.

Spannung und Zuversicht

Nach außen hin dominiert in der Messe Zuversicht, intern sind nach den Wahlschlappen in Salzburg und Tirol die Nerven aber angespannt. Ein Mutmacher ist gefragt, um motiviert in die nächsten Wahlen zu steuern, oder? „Dazu möchte ich nichts sagen“, winkt Stephanie Krisper bei einer Frage dazu ab. Anders Yannik Shetty: „Ich bin seit 2013 dabei. Wenn mir einer damals gesagt hätte, ihr steht in Umfragen stabil bei 10 Prozent, hätte ich gesagt: Passt, nehmen wir.“

Kritische Zwischentöne äußert Sepp Schellhorn. „Umfragen sind wie Parfum. Wenn wir die richtigen Personen aufstellen, kann man von der VP mehr Wähler abziehen.“ Programmatisch könnten die Neos bestehen. Angesprochen auf die Niederlagen in Salzburg oder Innsbruck, sagt er: „In Gemeinden, in der Breite tun sich die Neos schwer. Aber Vergleiche von Gemeinderat und Nationalrat sind schwierig. Wenn man im Bund kräftig zulegt, sich als Alternative, auch für Unternehmer, zeigen kann, gelingt auch in den Gemeinden mehr.“