Umstritten: Darf Jurist wieder Anwalt sein?

OGH hob Bescheid der Rechtsanwaltskammer auf, mit dem Wiederzulassung als Anwalt untersagt wurde. Höchstgericht ordnete genauere Prüfung der Vertrauenswürdigkeit an.
Der Jurist verzichtete 2017 auch wegen strafrechtlicher Ermittlungen zu seinem Umgang mit Treuhandgeldern von Kunden bei Bauprojekten auf die Ausübung des Anwaltsberufs im Burgenland.
RAK stufte ihn als vertrauensunwürdig ein
Er stellte im April 2021 bei der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer (RAK) den Antrag, in die Liste der Anwälte wieder eingetragen zu werden, mit gewünschtem neuem Kanzleisitz in Vorarlberg. Der RAK-Ausschuss gab dem Antrag aber per Bescheid im Jänner 2023 nicht statt. Weil der 53-Jährige als Rechtsanwalt vertrauensunwürdig wäre.
Der Oberste Gerichtshof (OGH) gab im Oktober 2023 der Berufung des Antragstellers Folge, hob den negativen Bescheid auf und ordnete eine Verfahrensergänzung und eine neue Entscheidung durch den Vorarlberger RAK-Aussschuss an.
Prüfung beauftragt
Aufgehoben wurde der Bescheid, weil dem OGH zufolge die disziplinäre Vorstrafe mit der Geldbuße von 1000 Euro aus dem Jahr 2010 schon getilgt sein könnte. Deshalb dürfe dem Ex-Anwalt eventuell nicht vorgeworfen werden, die disziplinäre Verurteilung vor dem RAK-Ausschuss verschwiegen zu haben. Zudem seien im Burgenland, im Gegensatz zur RAK-Ansicht, Barbehebungen von Konten mit Treuhandgeldern von Mandanten erlaubt gewesen.
Der Wiener OGH-Senat trug dem Vorarlberger RAK-Ausschuss auf, die Frage der Vertrauenswürdigkeit genauer zu prüfen. Demnach ist etwa zu erheben, welche Schadenersatzbeträge der Ex-Anwalt von ihm vertretenen Bauherren bei gütlichen Einigungen bezahlt hat. Dabei sei, so der OGH, vor allem zu klären, inwieweit das Verhalten des damaligen Rechtsanwalts für finanzielle Schäden ursächlich gewesen sei. Und das Modell der Finanzierungsabwicklung der Bauprojekte sei zu hinterfragen. Der Anwalt habe abhängig vom Baufortschritt mehrmals treuhändisch verwaltete Bauherrengelder bar behoben und Bauunternehmen übergeben. Von ihm eingerichtete Treuhandkonten habe er der burgenländischen Rechtsanwaltskammer darüber hinaus nicht oder erst verspätet gemeldet.
Ermittlungsverfahren eingestellt
Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt in Niederösterreich stellte das wegen des Verdachts des schweren Betrugs und der Untreue geführte Ermittlungsverfahren gegen den beschuldigten Ex-Anwalt ein. Angeklagt wurden ein Baugutachter, der aber kein eingetragener Sachverständiger gewesen sein soll, und ein Geschäftsführer eines Bauunternehmens. Die Angeklagten wurden jedoch 2019 in Wiener Neustadt rechtskräftig freigesprochen.