195 Millionen Euro Steuerbetrug: Verhaftung in Vorarlberger Hotel

Europaweite Ermittlungen der Steuerfahndung führten ins Ländle: 49-jähriger Deutscher hatte ein Hotel für eine Geburtstagsparty auserkoren, „feierte“ dann aber in Auslieferungshaft.
Die Zahlen sprechen Bände: 680 Ermittlern aus ganz Europa gelang laut dem österreichischen Finanzminister ein außergewöhnlicher Fahndungserfolg. Eine mutmaßlich kriminelle Vereinigung, soll durch den Verkauf von Smartphones, kleinen elektronischen Geräten und Schutzmasken einen massiven Mehrwertsteuerbetrug in Höhe von 195 Millionen Euro begangen haben.
Bei einer Schwerpunktaktion Anfang April mit 130 Durchsuchungen in 17 europäischen Ländern wurden 14 Personen festgenommen, darunter zwei Österreicher. Und ein 49-jähriger deutscher Staatsbürger, dem die „Finanz“ die Planung für die anstehende Party zu seinem „Runden“ sprichwörtlich „über den Haufen geworfen hat.“


Ländle-Urlaubshotel
In Österreich führte die Steuerfahndung mit rund 55 Einsatzkräften an insgesamt sieben Adressen Durchsuchungs- und Sicherstellungsanordnungen durch.
Aufgrund eines weiteren europäischen Haftbefehls gegen einen deutschen Staatsbürger, der in diesem Verfahren im Nachbarland als Beschuldigter geführt wird, sich aber in Vorarlberg auf Skiurlaub befand, erfolgte im nationenübergreifenden Rechtshilfeweg die Festnahme
Grenzgebiet
Auf NEUE-Anfrage beim Bundesministerium für Finanzen bestätigte ein Sprecher von Minister Brunner die Festnahme auf Vorarlberger Boden: „Der 49-jährige Deutsche befand sich in Vorarlberg, nahe der Grenze zu Tirol auf Skiurlaub. Der Beschuldigte plante gerade die anstehenden Feierlichkeiten für seinen 50. Geburtstag und besichtigte eine geeignete Lokalität für sein Jubiläum. Der Mann wurde in einer grenzüberschreitenden Aktion der Ermittler aus Deutschland und Österreich dann dingfest gemacht und festgenommen.“
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Die Feier seines Freudentags dürfte somit wohl weniger ausschweifend als geplant ausgefallen sein. Zu jenem Zeitpunkt war der mutmaßliche Steuerbetrüger nämlich in Auslieferungshaft auf Vorarlberger Boden. Auf eine weitere Anfrage bei der EPPO, der europaweit ermittelnden Staatsanwaltschaft, erhielt die NEUE aus dem Münchner Büro keine weiterführenden Informationen, die Erhebungen seien noch nicht abgeschlossen und man befinde sich in der Vorbereitung der Anklage.
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STERREICH: ++ HANDOUT ++ ZU APA0087 VOM 28.2.2024 – Finanzminister Magnus Brunner (
VP) am Mittwoch, 28. Februar 2024, whrend einer PK anl. einer Sitzung des Ministerrats im Parlament in Wien. – FOTO: APA/BKA/ANDY WENZEL – ++ WIR WEISEN AUSDRCKLICH DARAUF HIN, DASS EINE VERWENDUNG DES BILDES AUS MEDIEN- UND/ODER URHEBERRECHTLICHEN GRNDEN […]](/2024/05/ABD0016-20240228-1-768x854.jpg)
Grenzüberschreitend
„Die Bekämpfung des grenzüberschreitenden Abgaben- und Steuerbetrugs funktioniert nur durch gut koordinierte internationale Zusammenarbeit. Dank der akribischen Vorbereitung und des entschlossenen Vorgehens aller beteiligten Einheiten konnten ein massiver Betrugsfall aufgedeckt und die kriminellen Machenschaften beendet werden. Ich bedanke mich bei allen eingesetzten Kolleginnen und Kollegen“, so Finanzminister Magnus Brunner.
Bei den sieben Hausdurchsuchungen in Österreich wurden insgesamt knapp 200.000 Euro in bar, zahlreiche Wertgegenstände, 166 originalverpackte iPhones im Wert von circa 200.000 Euro und 45 weitere Smartphones beschlagnahmt. Zudem wurde umfangreiches Beweismaterial wie Papierunterlagen und Datenträger sichergestellt.

Karusselbetrug
Hintergrund ist ein mutmaßlicher Mehrwertsteuer-Karussellbetrug durch ein deutsches Conduit-Unternehmen. Dabei handelt es sich um ein komplexes kriminelles System, das die EU-Vorschriften für grenzüberschreitende Umsätze zwischen den Mitgliedstaaten ausnutzt, da diese von der Mehrwertsteuer befreit sind.
Das beschuldigte Unternehmen hat vermutlich seit 2017 verschiedene Mehrwertsteuerbetrügereien im Zusammenhang mit dem Handel von kleinen elektronischen Gütern, einschließlich Smartphones, durchgeführt. Es wird davon ausgegangen, dass die Verdächtigen betrügerische Ketten von Händlern nutzten, die verschwanden, ohne ihren Steuerpflichten nachzukommen.
Ab 2020 sind die gleichen Personen in den Markt für Schutzmasken eingestiegen und wollten damit von der Coronapandemie illegal profitieren. Die europäische Staatsanwaltschaft nimmt an, dass die mutmaßliche kriminelle Organisation, die hinter den festgestellten Delikten steckt, eine Reihe von Briefkastenfirmen, Strohmännern, fiktiven Identitäten und geheimen Kommunikationswegen geschaffen hat, um ihre kriminellen Aktivitäten zu verschleiern. Die nun durchgeführte Schwerpunktaktion soll nach Auswertung aller gesicherten Beweise als Grundlage für eine Anklage dienen.
Operation Midas
Grenzübergreifende Ermittlungen der Europäischen Staatsanwaltschaft (Eppo): Bei der Operation Midas waren 680 Beamte aus ganz Europa im Einsatz und deckten einen massiven Steuerbetrug in Höhe von 195 Millionen auf. 130 Hausdurchsuchungen führten zur Festnahme von 14 Personen in 17 Staaten.
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