„Gemeindevermögen zur Selbstbedienung”

14.05.2024 • 12:31 Uhr
Zwei Männer, Jahrgang 1958 und 1957, sind angeklagt zwischen 2013 und 2020 als Organe in der Gemeinde Fußach überhöhte Dienstzulagen genehmigt und unberechtigte Spesen sowie Überstunden verrechnet zu haben Bitte Fotos von Angeklagten, Richterin Verena Wackerle
Der Ex-Finanzleiter und der Ex-Bürgermeister (Foto oben) von Fußach müssen sich vor Gericht verantworten.Klaus Hartinger

Schöffenprozess um Amtsmissbrauch und Untreue gegen Fußacher Ex-Bürgermeister und Ex-Finanzleiter begann. Die Angeklagten sollen sich unrechtmäßig bereichert haben.

Mit hoher krimineller Energie hätten der damalige Fußacher Bürgermeister und der seinerzeitige Leiter der Finanzabteilung der Gemeinde das Vermögen der Gemeinde zwischen 2013 und 2020 als Selbstbedienungskasse betrachtet. Das sagte Staatsanwältin Julia Müller am Dienstag am ersten Tag des Schöffenprozesses um Amtsmissbrauch und Untreue am Landesgericht Feldkirch in ihrem Anklagevortrag.

Der angeklagte Ex-Finanzchef habe über Jahre hinweg in Abstimmung mit dem Bürgermeister und ohne Zustimmung der zuständigen Gemeindegremien unrechtmäßig Zulagen, Überstundenpauschalen und Überstundenentgelte bezogen und damit einen Schaden von insgesamt mehr als 250.000 Euro angerichtet, so die öffentliche Anklägerin. Der angeklagte Ex-Bürgermeister habe die rechtswidrigen Zusatzbezüge des Finanzleiters der Gemeinde gewährt oder nicht unterbunden.

Vorwurf des Amtsmissbrauchs

Dazu wird den beiden unbescholtenen Angeklagten das Verbrechen des Amtsmissbrauchs vorgeworfen, mit einer Strafdrohung von ein bis zehn Jahren Gefängnis für den Fall von Schuldsprüchen.

Zudem wird den Angeklagten Untreue zur Last gelegt. Denn der Finanzleiter soll angeordnet haben, dass der Bürgermeister eine ihm nicht zustehende Funktionsentschädigung von rund 4000 Euro zusätzlich zum Gehalt bezog.

Zwei Männer, Jahrgang 1958 und 1957, sind angeklagt zwischen 2013 und 2020 als Organe in der Gemeinde Fußach überhöhte Dienstzulagen genehmigt und unberechtigte Spesen sowie Überstunden verrechnet zu haben Bitte Fotos von Angeklagten, Richterin Verena Wackerle
Richterin Verena Wackerle. Klaus Hartinger

Angeklagte am Wort

Der auf mehrere Verhandlungstage angesetzte Schöffenprozess unter dem Vorsitz der neuen Feldkircher Strafrichterin Verena Wackerle wird heute mit den Einvernahmen der Angeklagten fortgesetzt werden.

Die Verteidigerinnen Christina Lindner und Astrid Nagel beantragten am Dienstag Freisprüche für ihre pensionierten Mandanten.

Lindner sagte, der Finanzleiter habe den im Gemeindeamt herrschenden Personalmangel mit hohem persönlichen Einsatz ausgeglichen. Der heute 65-jährige Pensionist habe sich damals im jahrzehntelangen Dienst der Gemeinde keineswegs unrechtmäßig bereichert. Für einen Schuldspruch fehle es schon an der erforderlichen Wissentlichkeit.

Nagel sagte, dem nunmehr 67-jährigen Ex-Bürgermeister sei höchstens vorzuwerfen, dass er fahrlässig den Finanzleiter nicht kontrolliert habe. Die Funktionsentschädigung sei dem Bürgermeister zugestanden.

Staatsanwältin Müller meinte, die Angeklagten seien die Hauptakteure in der vom Landesrechnungshof 2021 angeprangerten Misswirtschaft im Fußacher Gemeindeamt gewesen: „Leider hat es sich dabei nicht nur um das Drehbuch für einen schlechten Film gehandelt.“